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1

Mittwoch, 13. Mai 2015, 15:11

Inkasso in Polen

Die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Polen haben in den letzten Jahren beachtlich zugenommen. Dies hat einen übermäßigen Anstieg der Rechtsstreitigkeiten zwischen beiden Seiten mit sich geführt, in erster Linie aufgrund von fehlender oder unrichtiger Zahlungen der Waren oder der Dienstleistungen. Mit dem vorligenden Informationsschreiben möchten wir einige Hinweise bezüglich dem polnischen System geben, mit deren Anwendung - aufgrund unserer anwaltlichen Erfahrung - das potenzielle Risiko vermindert wird den Rechtsweg eines Verfahrens zur Schuldeintreibung zu bestreiten, oder im Falle einer unausweichlichen Anrufung des Gerichts alle Voraussetzungen verfügt, damit das Verfahren die größtmögliche Effizienz hat.


1) VORBEREITUNG, ERSTELLUNG UND AUFBEWAHRUNG VON UNTERLAGEN
Ab dem Zeitpunkt, an dem wir eine Schuldforderung beanspruchen wollen, ist es zunächst notwendig die Existenz derselben zu beweisen. Diese Existenz kann mit verschiedenen - geschriebenenen oder ungeschriebenen (im Falle von Zeugenaussagen) – Beweisquellen nachgewiesen werden. Die schriftlichen Beweise sind jedoch immer vorteilhafter: sie sind leichter zu akquirieren, sie müssen weniger ausgelegt werden und sie enthalten die wichtigsten Elemente, um einen Zahlungsanspruch zu begründen.

a) Sprache der Unterlagen
Weiterhin wäre es von Vorteil von Beginn an alle Unterlagen (Bestellungen, Rechnungen, Versandpapiere) in zwei Sprachen aufzusetzen. In der Tat ist polnisch die offizielle Sprache der Verwaltungs- und Gerichtsbehörden in Polen. Wenn die Unterlagen in anderen Sprachen aufgesetzt wurden, ist es notwendig alle Unterlagen beeidigt auf polnisch zu übersetzen, was mit erhöhten Kosten - je nach Quantität und Komplexität der zu übersetzenden Dokumenten - verbunden ist. Die Vorbereitung und die Erstellung der Unterlagen in einer zweisprachigen Version erlaubt Ihnen, diese zusätzlichen Kosten zu sparen und schafft außerdem Klarheit und mehr Verständnis zwischen den Vertragsparteien.

b) Verwaltung der Unterlagen
Die sorgfältige Beachtung der formellen Aspekte in den Unterlagen (Überprüfung der Unterschriften und der Adressen, Richtigkeit und Lesbarkeit der Ziffern und Buchstaben) erweist sich als sehr wichtig, da ein falscher Name, eine irrtümlich falsch wiedergegebene Zahl und ähnliche Fälle Anlass für falsche Interpretationen oder mangelhaften Informationsaustausch geben können.

c) Bestellungen und Korrespondenz
Damit man im Nachhinein mit Genauigkeit den Verlauf der Ereignisse rekonstruieren kann und somit die Wirkungskraft eines künftigen Vollstreckungsverfahrens zu erhöhen (man bedenke die Beweiskraft vor Gericht, um einen Mahnbescheid zu erhalten) ist es besser die Bestellungen mit original Unterschrift der anderen Partei aufzubewahren. Des Weiteren ist für den gleichen Zweck eine systematische Korrespondenz (inklusive Email und Fax), aus der man die Handelsbeziehungen zwischen den Parteien entnehmen kann, sehr nützlich.

d) Rechnungen
Man sollte unbedingt eine unterschriebene Kopie der Originalrechnung für die Annahme (PRZYJMUJĘ auf Polnisch) fordern. Diese Anfrage erscheint übertrieben, jedoch gilt im polnischen System: wenn wir diese Art von Dokumenten besitzen erhöhen wir um ein Vielfaches die Möglichkeiten einen “starken” gerichtlichen Mahnbescheid (später dazu mehr) zu erhalten; mit erheblicher Zeit- und Kostenersparnis und einer effizienteren Vollstreckung. Als Alternative kann man ein Dokument vorbereiten - eigenhändig unterschrieben und im Original versandt – indem der Schuldner alle genannten Rechnungen für angenommen erklärt.

2) VERTRÄGE
Ein Vertrag, der nicht richtig strukturiert ist oder in dem Wesentliches fehlt, wird nicht regelungsfähig sein wie er es sein sollte. Aus diesem Grund empfehlen wir alle Verträge von Fachleuten aufsetzen zu lassen und falls ein solcher finanzieller Aufwand nicht möglich sein sollte, kann für die jeweilige Erstellung von Verträgen zumindest ein Entwurf von Standardverträgen von Anwälten oder Rechtsberatern weiter helfen. Es ist immer ratsam in einem grenzüberschreitenden Vertrag folgendes zu regeln:
- Anwendbares Recht;
- Wahl der Gerichtsbarkeit.
Damit vereinbart man von vornherein welches Recht der Vertrag inne hat und wer der zuständige Richter im Falle einer zukünftigen Rechtsstreitigkeit ist.
Als Alternative können allgemeine Bestimmungen vorbereitet werden, damit alle Beziehungen zwischen den Parteien einheitlich und ausführlich geregelt werden. Die allgemeinen Bestimmungen können jeder Art von Vertrag beigefügt werden und bei ihrer Festsetzung ist der Rat eines Fachmannes empfehlenswert.

3) GARANTIE DER FORDERUNG
Die Vorbereitung von bestimmten Garantien der Forderungen neben den Garantien, die auch in Deutschland bekannt sind (Bankgarantie, Kreditversicherungen, Wechsel), gibt es im polnischen System die Möglichekeit einen Notariatsakt gemäß Art. 777 der polnischen Zivilprozessordnung vorzubereiten. Diese Garantie (bekannt als “777”) besteht aus einer notariellen Urkunde, in der der Schuldner sich im Falle einer Nichterfüllung einer Vollstreckung verpflichtet. In diesem Akt ist außerdem die Gesamtsumme der Schuld notiert.
Dieser Notariatsakt muss beinhalten:
die Erklärung des Schuldners sich der Vollstreckung zu verpflichten
die genaue Bestimmung des Verpflichtungsobjekts (Geldsummen, Güter nach Gattung und Art bestimmt)
Falls es sich um Geldsummen handelt, müssen zusätzliche Inhalte vorliegen:
der Schuldforderungsbetrag, damit man den Gesamtbetrag bestimmt (ggf. auch mit einer Wertsicherungsklausel)
die Bedingungen, die den Gläubiger zur Vollstreckung berechtigen
die Frist nach dessen Ablauf der Gläubiger die Anbringung der Vollstreckungsklausel an den Notariatsakt beantragen kann
Es ist notwendig zu unterstreichen, dass der Schuldner nur eine Schuldforderung innerhalb der Bestimmungen des Notariataktes gelten machen kann.

4) GERICHTLICHE MAHNBESCHEIDE IN POLEN
Es ist grundlegend zu wissen, dass es in Polen zwei verschieden Arten von gerichtlichen Mahnbescheide gibt. Um es zu vereinfachen können wir einen als “schwachen” Mahnbescheid und den anderen als “starken” Mahnbescheid bezeichnen. Alles was in diesem Informationsschreiben verdeutlicht wird zielt darauf ab einen “starken” Mahnbescheid zu erhalten, der wie es der Name schon andeutet die Ansprüche des Gläubigers mehr schützt.

a) Der “starke” gerichtliche Mahnbescheid
Die Voraussetzungen für diese Art von Mahnbescheid:
ein Wechsel;
eine vom Schuldner unterschriebene Rechnung;
eine Aufforderung zur Erfüllung versehen mit einem Schuldanerkenntnis des Schuldners;
ein Vertrag versehen mit den nachweisenden Unterlagen der Warenaushändigung und der Rechnung.
Der “starke” Mahnbescheid wird durch die Hinterlegung der Klageschrift bei Gericht und ohne die Abhaltung einer Anhörung erlassen. Über der Bezahlung der Gerichtsgebühren von 1,25% des Streitwertes (statt 5%) hinaus gibt er außerdem die Möglichkeit sofortige Sicherungsmaßnahmen gegenüber dem Schuldenervermögen durchzuführen. Im Gegensatz dazu hat der Schuldner 14 Tage seit Bekanntmachung Zeit Einspruch zu erheben.

b) Der “schwache” gerichtliche Mahnbescheid
Für den Erhalt eines “schwachen” Mahnbescheids ist es zunächst notwendig 5% des Streitwertes (bis maximal 100.000 PLN – ca. 25.000 Euro) als Gerichtsgebühren zu zahlen. Im Gegensatz zum starken Mahnbescheid ist der schwache Mahnbescheid nicht sofort vollstreckbar und ein Widerspruch des Schuldners kann innerhalb von 14 Tagen seit Bekanntmachung erhoben werden.

c) Der telematische Prozess
Ab dem 1.1.2010 gibt es in der polnischen Rechtsordnung die Möglichkeit einen telematischen Prozess, mit zuständigem Richter in Lublin, zu führen. Diese Art von Prozess führt einen besonderen Vorteil mit sich: es ist nicht notwendig die Unterlagen dem Antrag beizufügen (und somit fällt auch im Falle von anderssprachigen Unterlagen eine eventuelle beeidete Übersetzung weg). Außerdem betragen die Gerichtsgebühren nur 1,25% des Streitwertes. Dieses Verfahren zielt nur auf die Erlangung eines “schwachen” gerichtlichen Mahnbescheides ab und im Falle eines Widerspruchs wird es dem tatsächlich zuständigen Richter weitergeleitet.
Unsere Anwaltskanzlei ist eine der wenigen Kanzleien in Polen, die den dazu benötigten Zertifikat besitzen, um einen telematischen Prozess durchzuführen.

5) DIE VOLLSTRECKUNG
Im polnischen System stellt sich die Figur des Gerichtsvollziehers mit einer völlig anderen Charakteristik dar, als wir es in Deutschland gewohnt sind: Der Gerichtsvollzieher in Polen ist ein Freiberufler und ist im zuständigen Berufsregister je nach Sitz und Tätigkeitsbereich eingeschrieben. Aus diesem Grund ist es notwendig für die Vollstreckung einen Spesenkonto zu begründen, um die Ermittlung, die Vollstreckung und die anschließende Veräußerung der Sachen des Schuldners durchzuführen. Die Angabe von Kontonummern, von beweglichen Sachen und von Immobilien des Schuldners ist eine sehr wichtige Hilfe in dieser Phase der Vollstreckung. Um die Vermögenslage des Schuldner zu erforschen gibt es entsprechende Agenturen, die die Recherchen und die Ermittlungen durchführen, um die Besitzverhältnisse festzustellen.

Dieses Informationsschreiben will einige kurze Hinweise geben, um einen besseren Gläubigerschutz in Polen zu gewährleisten. Für weitere Informazionen oder im Bedarfsfall stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung:

Anwaltskanzlei - Kancelaria Prawna Adw. Alfio Mancani

Tel: (+48) 22 11 93 357
Web: www.md-partners.pl
E-mail: marco.arena@md-partners.pl

2

Montag, 25. Mai 2015, 08:07

Unvollständige Werbung

Na das ist ja mal ein schöner Werbe-Thread!

Leider nicht ganz vollständig: Es fehlt noch der Absatz über die Bezahlung der anwaltlichen Tätigkeit :)
Im Gegensatz zu Deutschland, kann man in Polen die Kosten nicht einfach an die Forderung anhängen.
Der Anwalt entscheidet über den Multiplikationsfaktor seiner Gebühren (1-4x), je nach Schwierighkeitsgrad des Falles (i.d.R. eher den höheren Faktor). Das Gericht entscheidet dann ebenfalls über den Multiplikationsfakter der vom Schuldner zu erstattenden Gebühren (i.d.R. eher ein niedriger Faktor).
So bleibt man auch als Prozessgewinner fast immer auf den Anwaltskosten sitzen.
Wenn man jetzt noch weiß, dass die besseren Kanzleien, insbesondere die mit mehrsprachigen Anwälten, Stundensätze kassieren, die leicht bei 150EUR liegen und nur zu einem Bruchteil erstattet werden, sollte man sich die Inanspruchnahme eines Rechtsberaters sehr gut überlegen.
Merken: der Anwalt ist IMMER der Gewinner :thumbsup:

Viele Grüße

Sven
Signatur von »toxxic« Wo immer die Klügeren nachgeben, da regieren schnell die Dummen
Amat Victoria Curam

Adwokat

unregistriert

3

Mittwoch, 27. Mai 2015, 14:27

Ich muss Ihnen leider widersprechen...sehr oft schaffen wir es auch bereits auβergerichtlich Erfolge einzufahren, aber selbst bei gerichtlichen Tätigkeiten sind unsere Mandanten stets zufrieden gewesen und haben sich im Nachhinein bei uns bedankt!

Also: Ein GUTER Anwalt ist IMMER der Gewinner und sein Mandant profitiert davon ebenfalls ;)


Beste Grüβe!

4

Donnerstag, 28. Mai 2015, 14:21

In Ihrer Antwort sehe ich nicht den geringsten Widerspruch zu meinem Post, da sie keinerlei Bezug zu meinen Kernausssagen hat:

- Anwaltsgebühren werden auch bei gewonnen Zivilprozessen nur selten zu 100% erstattet
- die für polnische Verhältnisse unglaublich hohen Stundensätze werden ebenfalls kaum erstattet

In der Praxis ist es ganz einfach:
Für einen Schuldner, der so harmlos ist, dass er tatsächlich auch meine hohen Anwaltsrechnungen zahlt, benötige ich eigentlich gar keinen Anwalt.
Und hartnäckige Schuldner, für die ich einen teuren Anwalt brauche, zahlen die Rechnungen nicht (auf denen ich dann sitzern bleibe).

Da können Sie schreiben was immer Sie wollen ...
Signatur von »toxxic« Wo immer die Klügeren nachgeben, da regieren schnell die Dummen
Amat Victoria Curam

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