Europäische Union
Barroso greift Berlin an
Jose Manuel Barroso: Deutschland leistet Widerstand
06. Oktober 2007
EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso und deutsche Europapolitiker sind uneins über die deutsche Europapolitik. Der CDU-Europa-Abgeordnete Elmar Brok sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (F.A.S.), die Bundesregierung sei durchaus bereit, Geld für Projekte wie das europäische Satellitennavigationssystem Galileo zur Verfügung zu stellen. Sie kämpfe allerdings darum, "dass der Anteil der deutschen Wirtschaft an dieser Zukunftstechnologie in angemessener Weise berücksichtigt wird," sagte Brok der F.A.S.
Er erinnerte daran, dass Deutschland "Europa beim Reformvertrag aus der Krise geholt und darum keinen Nachholbedarf" habe. Der CDU-Europapolitiker Michael Stübgen betonte gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", das Subsidiaritätsprinzip nehme den Bürgern die Angst, dass Brüssel die Gesetzgebung völlig an sich ziehe.
Streit um Galileo
Barroso hatte Deutschland zuvor in der belgischen Zeitung "De Standaard" ungewöhnlich scharf kritisiert. Nach seinen Worten weigert sich die Bundesregierung, EU-Gelder für das europäische Satellitennavigationssystem Galileo zur Verfügung zu stellen. Sie leiste zudem Widerstand gegen die Brüsseler Pläne zur Öffnung der Energiemärkte. Kritisch äußerte sich Barroso auch zum deutschen Verständnis des Subsidiaritätsprinzips. "Ihr Plädoyer, die Macht dort zu belassen, wo sie möglichst bürgernah ausgeübt werden kann, wogegen ich nicht bin, ist in Wirklichkeit gegen die europäischen Institutionen gerichtet", sagte Barroso.
Der grüne Außenpolitiker Jürgen Trittin verteidigte Barroso. Dieser kritisiere zurecht, dass die Bundesregierung die Monopolmacht der Energiekonzerne gegen Wettbewerb schützen wolle. "Diese Blockade von Deutschland und Frankreich muss überwunden werden - im Interesse des Klimas und im Interesse der Verbraucher", sagte Trittin der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung";. Falsch hingegen ist nach seinen Worten Barrosos Vorwurf bei Galileo. "Nachdem private Unternehmen sich wegen seiner Unwirtschaftlichkeit aus dem Projekt zurück gezogen haben, will die EU-Kommission dies nun zu hundert Prozent aus Steuermitteln finanzieren. Hier droht ein Milliarden-Subventionen-Grab", sagte Trittin der F.A.S.
Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende, Werner Hoyer, sprach von einem "alarmierenden Statement" des EU-Kommissionspräsidenten. "Die Bundesregierung ist gefordert, in den zuständigen Bundestagsausschüssen zu erklären, wie sie diese deutliche Kritik bewertet. Die Befürchtungen Barrosos, Deutschland beabsichtige eine Renationalisierung der europäischen Gemeinschaftspolitik, müssen ausgeräumt werden", sagte Hoyer der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".
Quelle: FAZ