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21

Mittwoch, 16. Juli 2008, 13:59

Zitat

Original von Mulder
In Polen gibt es überhaupt keine beruflichen Ausbildungsgänge in Form einer Lehre


Ich weiß zwar nicht wessen These hier zitiert wird, aber interessant.
Also ich würde die Bezugsquelle wechseln, vermutlich ist es auch die, die Dir schon versuche in Währungsfragen was anzudrehen.


Handwerker u.s.w. gehen zum Betrieb und zur Berufsschule, wird halt nicht so fesch duales System genannt ;)
Zwar gibt es auch solche Berufsausbildungen die ohne externen (privat)Betrieb auskommen, aber dann ist noch lange nicht gesagt dass die Praxis fehlt, dann fehlt nur die betriebliche Praxis, die an der "Werkbank" an sich fehlt nie.
Also der der mir letztens in Polen die Reifen gewechselt hat, war ein junger Mensch der in der folgenden Woche zur Berufsschule musste - wir haben uns unterhalten und die Sache wurde auch gemacht: keine Indizien für eine Fatamorgana ;)
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22

Mittwoch, 16. Juli 2008, 14:12

Stimmt, ich hätte das präzisieren müssen. Trotzdem sind die Ausbildungsgänge in Polen nicht so komplex gestaltet wie hier in Deutschland und wesentlich praxisnäher. Das weiß ich vom Cousin meiner Frau, der Kfz-Mechaniker lernt.

23

Mittwoch, 16. Juli 2008, 14:28

Wobei zumindest in Medien ständig die Diskussion auftaucht dass sie immer noch nicht praxisnah sind. Ob es um Auszubildende oder Studenten geht.

Dann streiten sich immer zwei, der eine meint man bildet für die Unternehmen aus und dann sollten deren Bedürfnisse zentral sein. Der andere meint dann man bildet eher allgemein aus und weil dieser und jener Betrieb was anderes will, sei das nur seine Eigenart... Und beide haben sie sogar recht :oczko
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Darek

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24

Mittwoch, 16. Juli 2008, 14:59

Zitat

Original von Mulder
Trotzdem sind die Ausbildungsgänge in Polen nicht so komplex gestaltet wie hier in Deutschland und wesentlich praxisnäher.

Richtig - dafür gibt es hier in D eine Besonderheit:
In den Abgangsjahrgängen einiger Schulen finden heute Unterrichtsstunden statt, die die jungen Leute auf ein Leben mit HARTZ IV vorbereiten!!!:szok

Als ich das gestern von jemandem erfahren habe, der im Ausbildungswesen tätig ist, bin ich bald vom Stuhl gefallen.

Wo leben wir hier eigentlich?

Kein Wunder, dass sich die Zahl der Schüler (Altersklasse 14-19), die sich regelmässig einer psychotherapeutische Behandlung unterziehen, in den letzten Jahren mehr als verdoppelt hat.:smutny

Na dann: "Gute Nacht, Deutschland" :zmeczony
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25

Mittwoch, 16. Juli 2008, 17:13

Hallo Darek,

endlich mal die Gelegenheit, dich direkt zu grüßen und dir ein Kompliment auszusprechen. Deine Postings gefallen mir sehr gut hier, die haben Biss und Verstand zugleich. Habe vorgestern gleich meine Zahnpasta überprüft :ROTFL
Ja, da ich mich auch beruflich mit diesem Thema beschäftige, kann ich dir nur beipflichten. Es gibt Branchen, die verheizen Ihre Auszubildenden derart, dass es für mich noch ein Wunder ist, dass wir nur eine Abrecherquote von etwa 35,7 % in Deutschland haben. Und was in den Berufsschulen mittlerweile abgeht, ist Wahnsinn. Dort verkommen Schülerinnen/Schüler und gehen im Niveau derart zurück, weil überaltete und demotivierte Lehrer dort ihre Zeit absitzen und zwanzig Jahre alte Ausbildungsinhalte konservieren, um sich nicht noch einmal neue Arbeit machen zu müssen. Natürlich gibt es auch schwierige Auszubildende, aber das System stinkt hier wirklich vom Kopf her.

Capricorn

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26

Mittwoch, 16. Juli 2008, 18:00

Zitat

Original von Mulder
Hallo Darek,

Und was in den Berufsschulen mittlerweile abgeht, ist Wahnsinn. Dort verkommen Schülerinnen/Schüler und gehen im Niveau derart zurück, weil überaltete und demotivierte Lehrer dort ihre Zeit absitzen und zwanzig Jahre alte Ausbildungsinhalte konservieren, um sich nicht noch einmal neue Arbeit machen zu müssen. Natürlich gibt es auch schwierige Auszubildende, aber das System stinkt hier wirklich vom Kopf her.


Hallo Mulder,

das mag in Einzelfällen stimmen, gleichwohl würde ich es nicht pauschalieren.
Ich kenne viele Berufsschullehrer der älteren Generation, die was das Fachliche angeht durchaus auf der Höhe der Zeit sind - was man von manch jüngeren Kollegen nicht unbedingt sagen kann.

Gruß
Christoph
:nie
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Wilhelm Ostwald

27

Mittwoch, 16. Juli 2008, 18:21

Also, die Curricula an Berufsschulen verlangen naturgemäß alle zwei Jahre inhaltliche Anpassungen, schließlich entstehen immer mehr neue Berufsfelder mit unterschiedlichen Anpassungen und Querschnitten. In NRW gibt es bis zum Jahre 2009 aber an den Berufsschulen in vielen Fächern noch nicht einmal Standardisierungen über die Lehrinhalte, das bedeutet, die Inhalte werden autonom von den Fachlehrern festgelegt. Das bedeutet, dass diese frei in der Bestimmung der Inhalte sind. Die meisten Lehrer machen da auch ganz frei von Gebrauch und verlassen sich auf Inhalte, die vor zwanzig Jahren vielleicht einmal aktuell waren, heute aber überholt sind. Gleiches gilt für die Lehrmittelausstattung. Während man hier aber noch sagen könnte, dass den Schulen die Gelder für neue Bücher fehlen, haben mir Lehrerinnen und Lehrer an Berufsschulen ganz offen zugegeben, dass sie darüber auch froh sind, weil sie keine Zeit in die Vorbereitung neuer Inhalte investieren wollen. Ich habe mir mehrmals den Unterricht im Fach Englisch an drei Berufsschulen angetan und habe mit Entsetzen festgestellt, dass es keine Lernprogression gab. Rechnen wir grob mit 41 Schulwochen im Jahr von der 5. bis zur 10. Klasse à 4 Stunden Englisch in der Woche, dann sind das insgesamt 984 Stunden nach sechs Schuljahren. Das Level sollte dann gemäß europäischem Referenzrahmen mindestens bei B1 liegen. Fakt ist, in vielen Berufsschulen werden Unterrichtsinhalte auf das Level A1 zurückgeführt.

Capricorn

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28

Mittwoch, 16. Juli 2008, 19:01

Hallo Mulder,

das mag sicher alles stimmen.
In NRW kenne ich mich allerdings nicht aus, kann mir aber nicht vorstellen, dass ein KFZ-Mechatroniker zum Beispiel - mit Fachliteratur des Jahres 1990 unterrichtet wird.

Gruß Christoph
:mysli
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Wilhelm Ostwald

29

Mittwoch, 16. Juli 2008, 19:34

Nein, das stimmt. Es gibt glücklicherweise Ausbildungsbereiche, die wachsen mit. Aber beispielsweise der Bereich Holztechnik, der derzeit eine Renaissance feiert. Der lag bis weit in die 90er total darnieder, hatte sich nicht weiter entwickelt, wurde kaum mehr gefördert. Ergebnis: Noch heute haben Berufsschulen hier zu kämpfen, diesen Rückstand wieder aufzuholen. Fachlehrer von einst sind es heute nicht mehr.
In Hessen und Bayern beispielsweise gibt es seit mehreren Jahren nun eine Verpflichtung, sich als Lehrer fortzubilden. Man kann Punkte bekommen. Das wird in anderen Bundeslänbdern wiederum ignoriert. Mich ärgert einfach, dass überall lebenslanges Lernen (lifelong learning) propagiert wird, dieses Motto aber offenbar auf die Lehrer vieler Bundesländer nicht bezogen wird. Bildung ist Ländersache, und viele Länder sind pleite. Von daher fehlt es natürlich auch an der Mobilisierung vieler Fachlehrer, die sich eine ruhige Kugel schieben können. Da mehr Druck zu machen, wäre natürlich auch Sache der Landespolitiker. Vielleicht sollte man auch das Beamtentum der Lehrer abschaffen, aber dafür sitzen zu viele Lehrer wohl im Bundestag (ungeprüfte These von mir!) Leider gibt es mitunter eben auch unterschiedliche Konjunkturen von Ausbildungsberufen, die gleich dazu führen, dass bestimmte Ausbildungsbereiche wie die des Kfz-Mechatronikers up to date bleiben, während andere fast in Vergessenheit geraten.
Non scholae, sed vitae discimus!

Capricorn

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30

Mittwoch, 16. Juli 2008, 19:40

Hallo Mulder,

volle Zustimmung.
Deshalb plädiere ich auch, die Bildungspolitik in den Bereich des Bundes zu übertragen. Aber da werden sich sicher die Länder sperren.

Gruß
Christoph
Signatur von »Capricorn« Das Denken ist auch eine Wirklichkeit,
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Wilhelm Ostwald

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31

Mittwoch, 16. Juli 2008, 22:03

Zitat

Original von Mulder
Hallo Darek,

endlich mal die Gelegenheit, dich direkt zu grüßen und dir ein Kompliment auszusprechen. Deine Postings gefallen mir sehr gut hier, die haben Biss und Verstand zugleich.

:zawstydzony.. da bleibt mir nichts anderes übrig, als mich errötend für Dein Kompliment zu bedanken..... :zawstydzony
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olaf

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32

Mittwoch, 16. Juli 2008, 22:46

Zitat

Original von Mulder
.....lebenslanges Lernen (lifelong learning) ....
Non scholae, sed vitae discimus!



Genau, dieser Abschluss fehlt mir (dokumententechnisch gesehen)...

Olaf,....ein Freiberufler....

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »olaf« (16. Juli 2008, 22:47)


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