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Falk

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21

Dienstag, 4. November 2008, 09:32

na klar.

die probleme der tuerken sind da noch ein stueck groesser, wenn du von zwischen-zwei-kulturen-haengen sprichst.
kann ich komplett nachvollziehen. das fuer tuerken alles uebersetzt und entsprechend sprachgewandte aerzte, schwestern etc gesucht werden liegt schlicht daran, dass sie die groesste auslaendische volksgruppe darstellen, was ja auch okay ist.

die moscheen geschichte ist bei oberflaechlicher betrachtung relativ schwierig nachzuvollziehen. du wirst in muslimischen laendern kaum ein christliches gotteshaus finden, waehrend es andersrum scheinbar funktioniert.
man muss dazu sehen, dass der islam im tagtaeglichen bewusstsein seiner anhaenger viel staerker verwurzelt ist, als das christentum bei seinen anhaengern.
ich hab mich an andere stelle mal darueber geaeussert, dass islam die staerkere religion sei. das ist aber eine andere geschichte, zu der wir gerne einen extra thread aufmachen koennen.
das christliche gotteshaus ist dem islamisten ein groeberer schlag ins gesicht (gelinde gesagt), als die moschee dem christen...

zurueck zum thema...
ich verstehe halt nicht, wie der dank und respekt dafuer sehr oft aussieht, in einem land zu leben, dass einem eine menge moeglichkeiten eroeffnet. und das meine ich jetzt prinzipiell fuer jede volksgruppe, die wo auch immer hingeht.
am anfang steht die entscheidung das eigene land zu verlassen, dann waehlt man eines fuer die persoenlichen zwecke geeignetes aus und wenn man dort ist, dann soll man doch bitte versuchen mit den gepflogenheiten zurecht zu kommen.

wir denken gerade darueber nach, nach dubai oder abu dhabi zu gehen. das waere eine massive umstellung! und nach anfaenglicher euphorie ueber die wirtschaftlichen moeglichkeiten, haben wir uns jetzt etwas genauer hinterfragt, ob wir diese umstellung wirklich wollen. denn das letzte, wie das ablaufen sollte waere, dass wir nur mit anderen westlichen gastarbeitern zusammenhaengen...
aber die kultur ist natuerlich schon extrem anders. das faengt mit speziellen alkohollizenzen an und hoert bei ausweisung von nichtverheirateten paaren, die zusammen unter einem dach leben noch lange nicht auf...

@ReniA:
ja natuerlich kennen wir hier auch einige polen, welche sich hier sehr wohl fuehlen. sie sind allerdings in der minderheit.
selbst Magda musste ich quasi umerziehen, da sie am anfang als wir miteinander ausgingen auch immer anti-uk eingestellt war. ich hab ihr relativ schnell klar gemacht, dass ich solch verhalten unangemessen finde... naja. die tatsache, dass wir immer noch ein paar sind, scheint meinen standpunkt zu untermauern... :oczko
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22

Dienstag, 4. November 2008, 11:12

@Falk

Vor dem Schritt in die Vereingten Arabischen Emirate oder Katar etc. kann ich nur warnen, Falk. Nicht nur die kulturellen Differenzen sind schwierig, auch die klimatischen Bedingungen sind in bestimmten Monaten so extrem, dass es häufig gesundheitliche Probleme gibt. Die Perspektiven scheinen nur auf den ersten Blick rosig. Eine Freiheit in dem Sinne, dass du dort langfristig Perspektiven aufbaust, gibt es quasi nicht. In den VAE musst du bei Anmeldung eines eigenen Geschäfts beispielsweise immer einen rein arabischen Geschäftspartner involvieren. Die anderen Regeln, die du zitiert hast, werden mitunter streng überwacht. Viele Pakistanis und Inder als Gastarbeiter werden tagein und tagsaus in Kolonnen zur Baustelle gefahren und fristen ihr Dasein abends in kleinen Communities. Kulturaustausch gleich null. Das Ganze nennt sich Klientelsystem. Wenn du keine ibn-Verbindung hast, die über zweihundert Jahre reicht, hast du keine history, wie man anglifiziert sagen kann.

Was die polnische Integration angeht, so ist das ein schwieriges Thema. Das kann man durchaus konträr diskutieren, wenngleich ich deinen Standpunkt, Falk, gut nachempfinden kann. Aber Alanya-Germania oder Oberbayern auf der spanischen
Insel zeigen, dass auch wir als Deutsche in schönen Gegenden Vertrautes wollen.
Ich weiß nicht, aber mir scheint das immer auch ein Thema zu sein, das zeigt, welche Signale ein aufnehmendes Land sendet. Großbritannien ist doch ein gutes Beispiel dafür, oder? Erst waren die Billigkräfte aus dem Osten willkommen, jetzt in der Krise hängen sie arbeitslos im Sozialsystem und stören.

Falk

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23

Dienstag, 4. November 2008, 16:32

@mulder

das klima dort taete mir schon gefallen. bin immer mehr der extrem hitzen mensch gewesen (kenn das ja auch aus suedamerika), weshalb ich hier in england gerade ganz schoen leide.
ausserdem habe ich nach 4.5 jahren regen genug feuchtigkeit fuer den rest meines lebens mitbekommen... :oczko

eigenes geschaeft kaeme fuer mich in vae eh nicht in frage. ich wuerde gern befristet gehen und ein paar dirhams auf die seite legen, um dann einen grundstock zur existenzgruendung in d zu haben.
nur waehrend dieser zeit waere ich sehr versucht auch etwas von der kultur des landes und den eigenheiten der locals mitzunehmen.

ueber die kolonnen von billigarbeitern, die zur baustelle gekarrt werden mach ich mir mal weniger sorgen. als architekt vertrau ich einfach mal drauf, dass ich alleine ins buero fahren darf... :oczko

das unverheiratet zusammen leben wird zumindest in dubai geduldet, solange dich keiner anschwaerzt. sollte das passieren kann die justiz nichts anderes tun, als dich zu verurteilen. ein ermessensspielraum ist in der islamischen justiz quasi nicht vorgesehen. low-profile waere also angesagt.

aber wie gesagt. wir hinterfragen mittlerweile sehr kritisch.
versucht bin ich dennoch...


und zum thema reisende europaer...
mallorca ist englisch! nicht deutsch... :ROTFL
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24

Mittwoch, 5. November 2008, 07:05

Wenn du Südamerika überstanden hast, dann habe ich keine Bedenken! :ROTFL
Als Globetrotter wäre es dann ja für dich nur ein logischer, nächster Schritt. Weil ich Islamwissenschaft studiert habe, haben mich diese Länder immer auch interessiert. Vor allem Marokko wäre für mich ein Traum. Aber Heimat ist auch da, wo sich mein Partner wohl fühlen wird. Und Marokko und meine emanzipierte Frau?

Was ich Rückwanderern übrigens nicht absprechen würde, ist der lobenswerte Versuch, es mal in anderen Kulturen versucht zu haben. Und ich würde das auch nie als Scheitern verurteilen, wie das vielleicht manche sehen. In Polen wird das offenbar manchmal hinter der Hand so gesehen, wenn Rückkehrer nicht mit dem ganz großen Geld nach Hause kommen.

Falk

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25

Mittwoch, 5. November 2008, 09:24

ein jeder, der den schritt ins ausland geht verdient einen gewissen respekt. rueckwanderer oder nicht.

aber ich glaube, dass eben das von dir zitierte 'es mal in anderen Kulturen versucht zu haben' findet meines erachtens im grossteil der faelle nicht statt.

wegen der familienbindung gehen die meisten ins ausland mit dem erklaerten willen geld zu machen und dann nach einigen jahren nach hause zu kommen. integration findet da nicht statt, da eben nicht noetig. ist ein bisschen, wie ein laaanger urlaub. im urlaub passen sich die meisten ja auch nicht den oertlichen gepflogenheiten an (was ich auch als nicht richtig sehe).

eben dieser erklaerte wille zur nicht-integration ist es, der es den polen immer schwer machen wird, wo auch immer sie hingehen. ich seh das ja auch hier in england. da ist immer eine gewisse skepsis vorhanden gewesen und mit der jetzigen krise schlaegt das teilweise gar in ablehnung um.

ich will jetzt aber auch nicht falsch verstanden werden, dass ich den polen die alleinige schuld an so einer situation gebe. generell laesst sich das auf andere gruppen uebertragen, wie ja von lars726 auch geschildert.

ich denke halt, dass wir mehr lernen koennen, wenn wir reisen und vielleicht einige zeit woanders leben, als wo wir aufgewachsen sind. als mensch waechst du an solchen herausforderungen und es foerdert die allseitige toleranz...
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26

Mittwoch, 5. November 2008, 10:59

Das Szenario eines überall beheimateten Weltenbürgers, das du beschreibst, Falk, kann natürlich auch irgendwo konturlose Seiten haben. Ich habe ein paar Monate in London verbracht, habe wunderbare Kneipen erlebt mit wunderbaren Menschen, Engländer genannt, die ab einer bestimmten Promillestufe unerträglich wurden. Hier muss ich mich dann nicht mehr integrieren.
Die Frage "Wer bin ich woanders?" beschäftigt einen doch automatisch mehr im Ausland als in der vertrauten Umgebung, und ich halte es zunächst auch für einen selbstverständlichen Reflex, darauf mit vertrauten Verhaltensweisen und gelernter Kultur zu reagieren. Ohne bestimmte Traditionen kann der Mensch schließlich auch nicht überleben, denn man nicht jede Situation immer wieder neu denken. Ich denke, einen Kern braucht jeder Mensch und hat auch jeder Mensch, sonst wären wir ja alle doch recht beliebig wandelbar.
Entscheidend ist aber dann mit der Zeit, wie weit ich mich noch öffne kann. Und da ist die Bildung einer gleichsprachigen Community im Ausland immer irgendwann Gift für die Integration. Sie ist der Ausgangspunkt von Parallelwelten. Im übrigen ganz nebenbei: Wer denkt, dass die Vereinigten Staaten das Musterland für eine erfolgreiche Immigration ist, der übersieht, dass bis heute Großstädte wie Detroit oder Washington zu 80% von Schwarzen bewohnt werden, die an den Weißen gesellschaftlich genauso vorbei leben wie umgekehrt. Häufig ohne berufliche Chancen zum Aufstieg, weil das Analphabetentum in diesen Schichten noch immer enorm ist. Ohne "networking", also das Pflegen bestimmter Beziehungen läuft heute leider immer noch nicht viel, und das bestätigt, das unter dem Etikett der offenen Gesellschaften noch immer ganz simple Beziehungsstrukturen herrschen, die die Römer schon kannten und die Maffia noch heute so erfolgreich macht. Ich kann den Polen keinen Vorwurf daraus machen, Bigosgeschäfte im Ausland zu eröffnen und ihresgleichen zunächst zu suchen.

Falk

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27

Mittwoch, 5. November 2008, 12:08

natuerlich muss man sich seiner selbst immer bewusst sein, egal wo man sich aufhaelt.
die konturlosigkeit waere ja furchtbar.

du musst aber auch nicht die eigene identitaet aufgeben, wenn du ins ausland gehst.
eher im gegenteil.

in chile habe ich in jeder stadt einen 'deutschen verein' gesehen, wo sich die nachfahren der ersten auswanderungswelle mitte des 19. jahrhunderts ihre traditionen bewahren. ich habe das seinerzeit mit einem gewissen unverstaendnis wahrgenommen. heute, wo ich einige jahre von deutschland weg lebe, sehe ich das deutlich differenzierter.

mein aufenthalt in england (auch mit den von dir genannten pub-bewohnern) hat mir geholfen mein eigenes 'deutsch sein', ueber die unterschiedlichkeit mit den locals zu definieren.

hier erst konnte ich im wortsinn flagge zeigen, etwas, dass ich in deutschland nie gewagt haette, da ich nicht in eine gewisse politische ecke gedraengt werden wollte. mehr noch hatte ich in deutschland nie das beduerfnis die flagge zu hissen (fussball wm oder em oder wann auch immer).

AAABER!
ich zeige hier auch genausogern die britische oder englische flagge bei gegebenem anlass. da gibt es hier um die ecke einmal jaehrlich die spitfire proms (eine art klassisches konzert mit ueberflug einer original spitfire aus dem ww2), bei dem alle im park eines alten herrenhauses zusammenkommen und kraeftig flaggen schwenken und sich sehr britisch fuehlen...
und ich muss gestehen, dass die emotionen beim ueberflug der spitfire (quasi das flugzeug, dass die wende im deutsch-englischen krieg brachte) so stark sind, dass selbst ich als deutscher begeistert das union jack schwenke und dabei einen kloss im hals habe...

das hat nix mit identitaetsverlust oder uebertriebener integration zu tun, sondern vielmehr mit toleranz, open mind und vllt ein klein wenig opportunismus zu tun.

hier im buero im alltag hingegen schaetzt man mich wegen meines 'deutsch seins'. puenktlich, ehrlich und immer sagen, was man denkt. letzteres faellt dem englaender ja sehr schwer...

gerne werde ich hier auch auf das fussball wm finale 1966 angesprochen und angewitzelt. ein kurzer hinweis auf die anzahl sterne auf der brust genuegt meist, um wieder fuer geordnete verhaelltnisse zu sorgen...

und zum thema bigos-shop...
ich habe hier gerade neulich einen schoenen strassenmarkt in Sheffield besucht und mich sehr gefreut, dass ich dort thueringer rostbratwurst auf deutsch bestellen konnte waehrend um die ecke polnisches bigos aus der riesenpfanne angeboten wurde.

der pole, der ein bigos-geschaeft in england (oder sonstwo) aufmacht ist besser beraten, wenn er seine zielgruppe ausweitet und nicht nur landsleute als target hat.
das bedeutet aber arbeit und eben auch einen gewissen integrationswillen.
einen vorwurf wuerde ich da auch auf gar keinen fall machen wollen (dafuer schmeckt bigos eh zu gut), aber der schwerpunkt deines schlusssatzes waere in dem kleinen woertchen 'zunaechst' zu setzen, denke ich.

der sprung ins kalte wasser ist meiner erfahrung nach jedoch erfolgversprechender...
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28

Mittwoch, 5. November 2008, 12:50

Genau, Falk. Auf dieses Wort "zunächst" lag der Schwerpunkt, hätte es auch fett machen können. Im übrigen möchte ich hier nicht den Eindruck entstehen lassen, dass alle Engländer bierbäuchige und alkoholschwangere Pubkameraden waren oder sind. Engländer sind weniger formell und offen, wenn du Manchester United hasst oder jetzt Lewis Hamilton vergötterst. Sie sind nüchtern sehr nett. Nur der Geräuschpegel im Alkoholrausch sowie bestimmte Gestiken ufern dann irgendwann aus, habe das im übrigen auch bei Deutschen in Portugal gesehen.

Eintauchen in andere Kulturen setzt aber auch voraus, dass eine andere Kultur erst einmal ersichtlich sein muss und man eine andere Kultur erkennt, bevor man sie überhaupt anerkennen kann. Genau deswegen ist Tradition bei aller Offenheit für mich so wichtig. Und Rückwanderer spielen hier eine wichtige Rolle, weil sie Bilder vom Ausland in die Heimat transportieren. Keine Kultur kommt ohne Stereotypen aus, die durch Negativerfahrungen von Auswanderern leider dann verstärkt werden als überwunden werden. Das kann bittere Langzeitwirkungen haben, und das sollte sich jedes Land in seiner Integrationspolitik überlegen.

olaf

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29

Mittwoch, 5. November 2008, 12:59

Zitat

Original von Falk
...und immer sagen, was man denkt. letzteres faellt dem englaender ja sehr schwer...


gerade im Geschaeftleben nicht leicht; daher auch der Spruch "perfides England" :plotki
Und auch diese Selbstverstaendlichkeit, englisch als die einzige Sprache zu betrachten.."rule Britannia"

Als D in UK bin ich fast immer herzlich aufgenommen worden, auch weil ich englisch spreche und auch deren Historie/Selbstverstaendnis kenne. Ohne Interesse/Teilhabe an einer fremden Kultur kann man nicht erwarten, integriert zu werden. Dies gilt auch fuer PL. Allerdings darf man sich auch zu seinen Wurzeln bekennen (TR in D, Moscheen-Debatte); daher auch kein Einwand gg Auslaendersozialclubs, diese erleichtern die Eingewoehnung und vermitteln Heimat. Bei Polen in UK habe ich festgestellt, dass nahezu zero Interesse an engl Kultur besteht, just money counts.. :szok

@Falk: daher ueberleg Dir gut, nach Arabien zu gehen des Geldes wegen..kann auch schnell ein Pulverfass werden..

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