Du bist nicht angemeldet.

Lieber Besucher, herzlich willkommen bei: Deutsch Polnisches Forum. Falls dies dein erster Besuch auf dieser Seite ist, lies bitte die Hilfe durch. Dort wird dir die Bedienung dieser Seite näher erläutert. Darüber hinaus solltest du dich registrieren, um alle Funktionen dieser Seite nutzen zu können. Benutze das Registrierungsformular, um dich zu registrieren oder informiere dich ausführlich über den Registrierungsvorgang. Falls du dich bereits zu einem früheren Zeitpunkt registriert hast, kannst du dich hier anmelden.

1

Montag, 19. Januar 2009, 10:43

Polnische Rückwanderer

Laut meiner Frau lesen sich in den polnischen Foren der vergangenen Tage mehr und mehr Vorbehalte gegen die Polen, die nach Polen zurückkehren wollen. Häufiger O-Ton ist dabei, dass diejenigen, die Polen in schlechten Zeiten verlassen haben, jetzt in guten Zeiten nicht wieder nach Polen kommen sollen.
Dabei haben doch Städte wie Breslau vor wenigen Jahren aufgrund des Fachkräftemangels noch für eine Rückwanderung geworben. Und sind es jetzt wirklich so gute Zeiten in Polen, und können wir von einer Insel der Glückseligkeit ausgehen?
Zugleich liest sie vermehrt Geschichten von polnischen Auswanderern, die jahrelang ihre Familie mit Geld aus dem Ausland unterstützt haben und nun erfahren, dass während ihrer Abwesenheit das Erbe in der Familie ohne sie verhandelt wurde. Nach dem Motto: Der hat es ja, den brauchen wir nicht mehr versorgen! Familienkonflikte in diesem Bereich häufen sich wohl immer mehr. Welche Stimmung macht ihr in bezug auf dieses Thema in Polen aus?

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Mulder« (19. Januar 2009, 10:46)


dibawob

unregistriert

2

Montag, 19. Januar 2009, 11:48

RE: Polnische Rückwanderer

Zitat

Original von Mulder
Welche Stimmung macht ihr in bezug auf dieses Thema in Polen aus?


Mir ist als Einzelfall bekannt, dass eine junge arbeitslose Polin von UK nach Polen zurück ging, und nach einer Woche dort wieder die Koffer schnappte und zurück nach England fuhr. Die Gründe kenne ich nicht.

Choma

Babcia

  • »Choma« ist weiblich

Beiträge: 5 437

Wohnort: Dolny Śląsk / Niederschlesien

  • Private Nachricht senden

3

Montag, 19. Januar 2009, 12:08

RE: Polnische Rückwanderer

ich kenn auch "solche" Situation. Die Gründe kenne ich auch...

Das Mädchen hat in PL im kleinen Dorf gewohnt.. Sie war auch ruhig... ("szara myszka").
Dann ist sie nach London gefahren... und dort.. 3 (?) Jahre gearbeitet... Ihr hat das Leben in der großen Stadt "geschmeckt" und sie kann nicht mehr im Dorf leben... Und als "niedrigqalifizierte" kann sie zB in Wrocław keinen gutbezahlten Job finden.
Sie ist wieder in UK.
Signatur von »Choma« Jeśli potrafisz śmiać się z siebie, będziesz miał ubaw do końca życia :D

dibawob

unregistriert

4

Montag, 19. Januar 2009, 12:27

RE: Polnische Rückwanderer

Zitat

Original von Choma
ich kenn auch "solche" Situation. Die Gründe kenne ich auch...

Das Mädchen hat in PL im kleinen Dorf gewohnt.. Sie war auch ruhig... ("szara myszka").
Dann ist sie nach London gefahren... und dort.. 3 (?) Jahre gearbeitet... Ihr hat das Leben in der großen Stadt "geschmeckt" und sie kann nicht mehr im Dorf leben... Und als "niedrigqalifizierte" kann sie zB in Wrocław keinen gutbezahlten Job finden.
Sie ist wieder in UK.


Vielleicht ist es der gleiche Fall den wir meinen Choma.
Annas Bruder hat mit der jungen Frau in London in einer Wohngemeinschaft gelebt.
Die Schwester der jungen Frau lebte auch in der WG in diesem Haus.

5

Montag, 19. Januar 2009, 12:48

Zitat

Die Gründe kenne ich nicht.


Dürfte doch relativ einfach zu erklären sein, Menschen gewöhnen sich sehr schnell an einen höheren Lebensstandart als das umgekehrt der Fall sein dürfte und auch wenn Polen in UK oder Deutschland nicht das selbe verdienen wie einheimische da sie evtl. Hilfsjobs annehmen dürfte das Einkommen höher sein als in Polen selber, die Kosten noch niedrig gehalten durch leben in einer WG und dann passt das. Nun kommen sie zurück und müssen zurückschrauben, haben keine Arbeit usw. also gehts wieder zurück wo man vermeintlich besser lebt oder zumindest die Aussichten besser sind.

6

Montag, 19. Januar 2009, 13:10

RE: Polnische Rückwanderer

Es sind so viele Personen weggegangen, dass man nur schwer allgemeingültige Aussagen treffen kann. Ich kenne sowohl positive als auch negative Extremfälle. Ins Auge fallen natürlich die negativen Randerscheinungen wie kaputte Beziehungen (weil der Partner im Ausland nicht klar kommt und in Polen bleiben will), sog. Eurowaisen (d.h. Kinder, die bei Oma oder Tante wohnen, während die Eltern in England malochen), enttäuschte Erwartungen (Lohn in England im Zusammenspiel mit miesem Wechselkurs reicht nicht, um erträumte Ersparnisse für Wohnungskauf etc. zu bilden) und allgemeine Unzufriedenheit mit dem Dasein als Ausländer (nach einer anfänglichen Euphorie tritt Heimweh ein und Zukunftsängste nehmen zu, weil das private soziale Netz fehlt, das man aus Polen kennt).

Die Reaktionen der Angehörigen in Polen bei Krisensituationen sind ebenfalls vielschichtig. Leider steckt in den Köpfen vieler Polen noch ein Bild vom goldenen Westeuropa, wo man für wenig tun viel Geld bekommt (gut, die Sozialleistungen in GB, die Auswanderer dort in Anspruch nehmen können, tragen auch dazu bei, dass dieser Eindruck entsteht), so dass viele gescheiterte Auswanderer sicherlich nur schwer der Familie und Bekannten gegenüber vermitteln können, dass sie es im Ausland vielleicht doch nicht packen und lieber zurückmöchten. Darum verschieben sie die Rückkehr immer wieder oder gehen nach einem längeren "Urlaub" wieder zurück ins Ausland, um sich nach einem neuen Job umzusehen.

7

Montag, 19. Januar 2009, 13:13

Prognosen Arbeitslosigkeit Polen 2009 Steigerung auf 10,5-13% (Mittelwert 11,76)
zum Vergleich Juni 2008 8,8%
minimum 400 000 neue Arbeitslose

und das alles ohne Berücksichtigung der Heimkehrer aus dem Goldenen Westen.

Warm anziehen, ist also auch in Polen angesagt.

http://www.money.pl/gospodarka/raporty/a…0,0,413856.html

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Diabel« (19. Januar 2009, 13:14)


8

Montag, 19. Januar 2009, 13:31

Mich macht das nachdenklich, weil ich ein relatives Wachstum beinahe aller Polen in den letzten Jahren sehe. Wir waren nach einer anstrengenden Reise letztes Jahr im Sommer im Mac Donalds bei Bielsko-Biala (schäm, unvernünftige Ernährung :paluszkiem) - der Laden war echt voll. Vor wenigen Jahren noch, als ich in Polen lebte, gab es in einer mittelgroßen Stadt wie Ciechanów nur drei oder vier Läden, wo man hingehen konnte. Für mich und meine englischen Kollegen war das sehr ungewöhnlich - das Defizit an Angeboten hier. Es hieß - in Polen isst man in der Familie und man geht nicht essen.

9

Montag, 19. Januar 2009, 14:06

Essen nicht, trinken schon:-)

Bei uns im Städtchen ist das gastronomische Angebot in den letzten Jahren ganz ordentlich gewachsen. Gut besucht ist z.B. eine Bowlinganlage mit angeschlossener Pizzeria.

10

Montag, 19. Januar 2009, 14:10

Ja, eben - ich habe in den Jahren 2002/2003 in Polen gelebt. Da hat sich doch wirklich etwas seitdem getan. Daher dürfte doch noch genug Platz für die Rückwanderer sein, die dem Land ja auch einen Input geben. Ich denke, es ist doch positiv, wenn man Erfahrungen im Ausland machen durfte.

Falk

Egalisator und Co-Admin

  • »Falk« ist männlich

Beiträge: 1 870

Wohnort: Sutton Coldfield

  • Private Nachricht senden

11

Montag, 19. Januar 2009, 14:46

Zitat

Original von Mulder
...
Ich denke, es ist doch positiv, wenn man Erfahrungen im Ausland machen durfte.


das wuerde ich auch so sehen wollen.
das problem, das ich dabei (zumindest hier in UK) sehe ist, dass der grossteil der polen, die hierher kamen um ihr glueck zu suchen eher aus den unteren bis gar-nicht bildungsschichten kamen, wo internationale erfahrung eigentliche eher schnurz ist.
diese arbeiten hier dann auch oft in zwei jobs, um ordentlich geld zu machen, in der hoffnung mit ein wenig ersparten nach polen zurueckkehren zu koennen. momentan geht das nicht, wegen des laschen pfunds.
ausserdem findet kaum integration statt, so dass der erwartete kulturaustausch oder zuwachs an kenntnis eher gering ausfaellt...

wie auch immer. wenn dieses ziel nicht funktioniert, ist die wahrnehmung zuhause natuerlich, dass man seine zeit verplempert haette...

ich kenne einige faelle von universitaetsabsolventen, fuer die der UK-aufenthalt nach der rueckkehr nach polen durchaus positive konsequenzen hatte. man denke nur an sprache...

ich will hier keine prinzipielle zweiklassengesellschaft beschreiben. am ende haengt es von jedem individuell ab, was er aus der situation macht. tendenziell ist das aber wie oben beschrieben hier in england zu erkennen...
Signatur von »Falk«

anything goes...

12

Montag, 19. Januar 2009, 15:34

Bei uns in der Woiwodschaft soll es 5000 Eurowaisen geben, die die Schulbehörde nun mit einer Hochschule genauer unter die Lupe nimmt:

http://www.chelmno-info.com/wissenschaft…jawien-pommern/

13

Montag, 19. Januar 2009, 21:37

Viele Rückwanderer unterschätzen auch, dass sie in der Zeit ihrer Abwesenheit weder Kontakte noch Netzwerke knüpfen konnten. In diesem Fall helfen die internationale Erfahrung und das verbesserte Englisch wenig.

Oft unterschätzt wurden die Lebenshaltungskosten in GB. Da konnten viele kaum etwas bis gar nichts sparen. So sehe ich bei vielen Polen in GB weniger einen höhere Lebensqualität, nach alldem, was ich gehört habe. Es gibt natürlich Ausnahmen, zum Beispiel eine befreundete Apothekerin, die mit ihrem Mann in Schottland war und jetzt ein Haus mit eigener Apotheke in Bielsko-Biała baut. Sie konnten viel sparen, sind aber auch hochqualifiziert.

Allerdings habe ich auch gute Nachrichten gehört. Die Schwester einer Schülerin hat ohne Probleme einen Job bei einer Bank gefunden (Vorkrisenzeit), der Bruder eines Schülers hat bei Philip Morris angefangen. Beide waren vorher in England.

Ganz bitter hat es eine Schülerin von mir getroffen. Sie studiert noch, hatte vor ihrem halbjährigen Irland-Aufenthalt bei mir Unterricht und jetzt wieder. Ihr ging es bei dem Irland-Aufenthalt eigentlich wirklich nur um die Verbesserung ihrer Englischkenntnisse (sie studiert aber Russisch und Ukrainisch mit dem Ziel Dolmetscherin/Übersetzerin) und Lebenserfahrung. Vor ihrer Abfahrt war sie naiv, jetzt ist sie es nicht mehr. Nach dem, was ich verstanden habe, waren es keine positiven Lebenserfahrungen, sondern extrem schlechte, ich tippe auf starke sexuelle Belästigung bis Vergewaltigung. Sie hat mir gegenüber aber nur Andeutungen gemacht, bin da nicht sicher. Sie hat mir übrigens auch erzählt, dass man als Pole in Irland mit jedem Arbeitsplatzwechsel mehr Steuern bezahlen müsse. Und sie meinte, dass die meisten Iren sie als Polin verachtet und schlecht behandelt hätten. Sie sagte wortwörtlich "für sie war ich ein wertloses Stück Dreck". Sie hatte deswegen am meisten Kontakt zu russischen Kollegen, weswegen wenigstens ihre erste Fremdsprache sehr profitiert hat. Insgesamt haben mich ihre Erzählungen sehr, sehr traurig gemacht.

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Janek« (19. Januar 2009, 22:00)


14

Dienstag, 20. Januar 2009, 06:15

Genau solche Erfahrungen werden laut meiner Frau auch geschildert. Kontaktlosigkeit, keine Freunde mehr in der alten Heimat und eine veränderte und desillusionierte Sicht auf den Westen. Mich würde aber auch interessieren, welche Erfahrungen Polen in Deutschland gemacht haben und machen. Ich könnte selbst viel berichten - von selber zu bezahlenden Gesundheitsuntersuchungen bei meiner Frau, über blöde Klischees bis zu Spargelausbeutereien naher Verwandter. Aber auch von jungen Studentinnen hier, die einer älteren Dame helfen und dafür umsonst bei ihr wohnen dürfen.

15

Mittwoch, 21. Januar 2009, 11:34

Zitat

od Janek

Ihr ging es bei dem Irland-Aufenthalt eigentlich wirklich nur um die Verbesserung ihrer Englischkenntnisse (sie studiert aber Russisch und Ukrainisch mit dem Ziel Dolmetscherin/Übersetzerin) und Lebenserfahrung.


Ich würde ihr anraten, auf andere Sprachen umzuschulen. In der Übersetzungsbranche sieht es sowie seit einiger Zeit nicht gut aus und die gerade studierten Sprachen gehören in Polen meines Wissens nach zu den schlecht vergüteten.

16

Mittwoch, 21. Januar 2009, 14:02

Zitat

Ich würde ihr anraten, auf andere Sprachen umzuschulen. In der Übersetzungsbranche sieht es sowie seit einiger Zeit nicht gut aus und die gerade studierten Sprachen gehören in Polen meines Wissens nach zu den schlecht vergüteten.


Das sehe ich vollkommen anders. Ich muss beinahe täglich Übersetzungen ablehnen und sie werden meiner Meinung nach gut bezahlt. Dabei bin ich bestimmt kein guter Übersetzer, mache es nur nebenbei. Hat sich eben so ergeben.

Ich kenne aber Übersetzer, die 10000 PLN mit nach Hause nehmen. Hängt eben auch von Beziehnungen und vom Können ab sowie davon, ob Trados oder ähnliche Programme benutzt werden. Außerdem ist der Übersetzungsmarkt auch ein europäischer oder globaler, sofern man eine eigene Firma besitzt.

Klar werden slawische Sprachen schlechter bezahlt, das ist aber vollkommen normal. Übersetzungen aus dem Englischen werden in Deutschland auch schlechter bezahlt als Übersetzungen aus dem Ungarischen.

Und da sie ja "nebenbei" auch noch Englisch und Deutsch auf einem hohen Niveau lernt, sehe ich da keine Probleme. Polnisch als A-Sprache, Russisch und Ukrainisch als B-Sprachen und Deutsch und Englisch als C-Sprachen. Falls die Ukraine in die EU aufgenommen werden würde, könnte sie morgen in Brüssel anfangen. Aber auch ansonsten sehe ich für sie keine Probleme für ihre berufliche Zukunft.

17

Mittwoch, 21. Januar 2009, 14:28

RE: Polnische Rückwanderer

Hallo Janek,

ich möchte das auch nicht glauben und kann Krisenerscheinungen im Übersetzungsbereich bisher persönlich so auch nicht bestätigen, aber die Klagen werden häufiger und intensiver, und zwar seitens von Leuten, die einen wesentlichen besseren Überblick als ich. Die Sorgen betreffen eher die mittel- und langfristige Entwicklung.

Wäre schön, wenn es so bleibt, wie es in den letzten Jahren war, aber was ist heute schon sicher?

18

Mittwoch, 21. Januar 2009, 14:47

RE: Polnische Rückwanderer

Zitat

ich möchte das auch nicht glauben und kann Krisenerscheinungen im Übersetzungsbereich bisher persönlich so auch nicht bestätigen, aber die Klagen werden häufiger und intensiver, und zwar seitens von Leuten, die einen wesentlichen besseren Überblick als ich.


Denken wir positiv! :ROTFL

Und zeigen wir der Krise den :spadaj

Aber im Ernst: ich merke es wirklich kaum. Allerdings habe ich etwas Interessantes bei einer Spanischlehrerin festgestellt. Sie redet schon seit November nur noch von der Krise. Und jetzt hat es sie erwischt. Ein Kurs von 2 Stunden pro Woche wurde gecancelt. Mir schien fast, als sei sie froh. Sie konnte richtig jammern, wie schlimm die Krise wäre, wie sehr sie betroffen wäre. Ich habe sie dann gefragt, wieviel sie noch unterrichten würde. Es bleiben ihr 35 Stunden (genau erinnere ich mich nicht), zwei Privatschüler würde sie sicher schnell finden. Manchmal glaube ich, die Leute wollen Teil der Krise sein und sich bedroht fühlen. Und die Polen sind ja gerne mal fatalistisch.

Vielleicht ist es in Deutschland genauso, das kann ich von Polen aus schlecht beurteilen. Als ich aber zwischen dem 20. und 25.12. in Deutschland war, kam mir alles recht normal und ruhig vor. Nach den erschreckenden Internet-Artikeln und den Berichten meiner Freunde hatte ich das nicht erwartet.

Social Bookmarks