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Darek

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1

Sonntag, 4. Oktober 2009, 11:04

3. Oktober - Die Riesen kommen

Es war einmal vor langer Zeit, da war Berlin noch ein Sumpfgebiet und Riesen lebten dort.
Sie pflanzten große Wurzeln ins Wasser, aus denen nach und nach Bäume emporwuchsen, deren Stämme ihnen später als Pfähle für ihre Behausungen dienten.
In einer dieser Hütten wohnte eine Kleine Riesin zusammen mit ihrem Onkel, dem Großen Riesen. Er hatte ihr ein wundersames Boot geschenkt, mit dem sie über das Festland reisen konnte.

Aber eines Tages rissen die Land- und Meereseungeheure die Stadt entzwei. Einer der beiden Teile wurde von einer Mauer umschlossen.

Auf diese Weise wurde der Große Riese von der Kleinen Riesin getrennt. Sein Zorn darüber war so groß, dass er sich in den Fluss stürzte und von dort aus die Tiefen der Ozeane durchwanderte, um den schlafenden Geysir am Meeresgrund zu suchen.
Lange Jahre vergingen, bis er ihn endlich fand.

Er schleppte ihn unter die Mauern der Stadt und weckte ihn unsanft auf. Die Erde bebte, das Mauerwerk wurde unterspült und zerbröckelte, ein Sturmwind setzte das Boot der Kleinen Riesin in Bewegung und hob die Wurzeln der Bäume in die Lüfte.

Als alles vorbei ist, entsteigt der Große Riese dem Fluss und macht sich auf die Suche.

Die Kleine Riesin erwacht neben ihrem Boot und entdeckt einen Postsack mit Briefen, die nie zugestellt wurden. Sie beschließt, die Post zu verteilen und findet auf ihrem Weg durch die Stadt ihren Onkel, den Großen Riesen wieder.

(Jean Luc Courcoult, Autor und Regisseur)

Diese Geschichte zur deutschen Wiedervereinigung von Courcoult und die Umsetzung des Märchens durch ihn, habe ich mir gestern zufällig auf Arte angesehen und muss sagen - einfach irre! Wie er die beiden Riesen mit einer Höhe von 9 und 11 Metern und einem Gewicht von bis zu 2 Tonnen so lebensnah (allein die Bewegungen der Augen hatten es in sich) durch Berlin hat laufen lassen, war extrem beeindruckend.
Und dass nicht wenigen Passanten, die den Marsch der Riesen begleitet haben, teilweise die Tränen in den Augen standen, war bestimmt kein Zufall.

Ich habe mir gestern auch noch so einige Gedanken gemacht über die Wiedervereinigung.
Leute - so etwas hat es noch nie gegeben: 20 Jahre Frieden, 20 Jahre Frieden mit allen unseren Nachbarn (also ausgehend vom Jahr der Wiedervereinigung).
Es ist einfach unglaublich, was in den Jahren der DDR in diesem Land alles passiert ist und wie die Menschen auf das Unwürdigste unterdrückt wurden und welchen Gefahren sich einige ausgesetzt haben, um dieser Diktatur zu entkommen. Und all das ist noch gar nicht so lange her. Ich bewundere den Mut dieser Menschen, die für eine Flucht alles haben stehen und liegen lassen, immer der Gefahr ausgesetzt, dass Spitzel in der direkten Nachbarschaft etwas mitbekommen.

All das sollten wir alle nicht vergessen, wie ich finde.
Und ich finde, es sollte mehr über die ehemaligen Zustände im Osten der Republik berichtet werden. Darüber, wie die Menschen in den 40 Jahren gelitten haben, wie die Angst (der "Feind" hört mit) vielfach ihr Leben bestimmt hat.

Kohl versprach den Menschen damals blühenden Landschaften. Sicherlich - vieles ist immer noch nicht perfekt. Dennoch - wenn man sich mal einzelne Fotos aus der Zeit vor der Wende ansieht und diese dann mit der heutigen Realitäte vergleicht - ich finde schon, dass da so einiges passiert ist.....

Mich bewegt bei diesem Thema im Moment so manches, möchte hier aber jetzt nicht weiter darauf eingehen.

Hier noch ein Link für einen "riesigen" Eindruck : http://www.berlinerfestspiele.de/de/aktu…e_09_riesen.php (Hierbei dann den kleinen Film rechts anklicken)
Signatur von »Darek« Wer schweigt, trägt Schuld an den Zuständen, die er beklagt!
Und wer vergisst ist verurteilt, dasselbe noch einmal zu erleben!

2

Sonntag, 4. Oktober 2009, 13:14

RE: 3. Oktober - Die Riesen kommen

Zitat

od Darek
Es ist einfach unglaublich, was in den Jahren der DDR in diesem Land alles passiert ist und wie die Menschen auf das Unwürdigste unterdrückt wurden und welchen Gefahren sich einige ausgesetzt haben, um dieser Diktatur zu entkommen. Und all das ist noch gar nicht so lange her. Ich bewundere den Mut dieser Menschen, die für eine Flucht alles haben stehen und liegen lassen, immer der Gefahr ausgesetzt, dass Spitzel in der direkten Nachbarschaft etwas mitbekommen.



Hi Darek,
hast Du in der DDR gelebt? Dieser Satz erscheint mir ein wenig..hmm..wirklichkeitsfern..

Gruß
Oda

3

Sonntag, 4. Oktober 2009, 14:28

Das Thema DDR interessiert mich gerade sehr, auch, weil ich darüber wirklich nicht viel weiß und dort nicht gelebt habe. Welcher der drei zitierten Sätze von Darek ist jetzt wirklichkeitsfremd, Oda? Und warum? Welche Erfahrungen hast du in der DDR gemacht?

Darek

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4

Sonntag, 4. Oktober 2009, 15:12

RE: 3. Oktober - Die Riesen kommen

Zitat

Original von Oda
Dieser Satz erscheint mir ein wenig..hmm..wirklichkeitsfern..

Um mich der Frage von Mulder anzuschließen - welchen Satz meinst Du?
Signatur von »Darek« Wer schweigt, trägt Schuld an den Zuständen, die er beklagt!
Und wer vergisst ist verurteilt, dasselbe noch einmal zu erleben!

5

Montag, 5. Oktober 2009, 09:09

Zitat

od Mulder
Das Thema DDR interessiert mich gerade sehr, auch, weil ich darüber wirklich nicht viel weiß und dort nicht gelebt habe. Welcher der drei zitierten Sätze von Darek ist jetzt wirklichkeitsfremd, Oda? Und warum? Welche Erfahrungen hast du in der DDR gemacht?


Alle drei.
Die Menschen wurden nicht auf das Unwürdigste unterdrückt. Sie wurden so unterdrückt, dass 16 Millionen gut 40 Jahre nicht einen Aufstand geprobt haben. (Mal abgesehen von 1953. Aber danach war Ruhe). Die DDR war eine Diktatur, aber keine lateinamerikanische :oczko
Was einen Menschen dazu bewogen hat zu fliehen hat nicht immer mit Mut zu tun. Man kann hier nicht einmal eindeutig ausmachen, weshalb sie geflohen waren. Die wenigsten von ihnen sind vorher durch _Systemkritik_ oder Opposition aufgefallen.
Mutig sind für mich Menschen wie Rainer Eppelmann oder Friedrich Schorlemmer. Die sind allerdings auch nicht vor der unwürdigsten Diktatur geflohen, sondern waren bis zum Ende in der DDR.

6

Montag, 5. Oktober 2009, 09:29

Entspricht das auch deinen persönlichen Erfahrungen? Ich meine, dass jede Diktatur eben auch mit Angst spielt, weil sie frühzeitig hier Apparate des Schreckens (Gewaltmonopolsicherung) aufbaut. Unterdrückung fängt ja in der Regel hier bereits an, oder? Und wenn in lateinamerikanischen Diktaturen die Leute sich aktiv vielleicht stärker gewehrt haben, für Unruhen gesorgt haben und das Militär wie unter Pinochet in Chile stärker eingreifen musste, heißt das ja nicht unbedingt, dass die Leute sich durch ihr anderes und stilleres Verhalten in der DDR wohler gefühlt haben und die Menschenrechte hier nur so aufblühten unter dem Deckmantel der Diktatur. Ich weiß nicht, ob man den Grad einer Diktatur noch differenzieren kann oder die Zahl von Unruhen in einer Diktatur als Gradmesser einer unwürdigen Unterdrückung nehmen kann. Und mich würde interessieren, ob es auch eine würdige Unterdrückung gibt? Außer die, wenn meine Frau auf meinen westfälischen Dickkopf einwirkt und mich sanft zum Shopping überredet! :ostr

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Mulder« (5. Oktober 2009, 09:45)


7

Montag, 5. Oktober 2009, 10:08

Zitat

Ich weiß nicht, ob man den Grad einer Diktatur noch differenzieren kann oder die Zahl von Unruhen in einer Diktatur als Gradmesser einer unwürdigen Unterdrückung nehmen kann.


Na dann ziehen wir doch mal das Pferd von hinten auf: Was bedeutet denn 'auf das Unwürdigste unterdrückt'?
Was ist denn der Gradmesser einer solchen Aussage? Hat die nationalsozialistische Diktatur weniger, genauso oder mehr unterdrückt? Gab es da Unterschiede oder Gemeinsamkeiten?

Zitat

Und wenn in lateinamerikanischen Diktaturen die Leute sich aktiv vielleicht stärker gewehrt haben, für Unruhen gesorgt haben und das Militär wie unter Pinochet in Chile stärker eingreifen musste, heißt das ja nicht unbedingt, dass die Leute sich durch ihr anderes und stilleres Verhalten in der DDR wohler gefühlt haben und die Menschenrechte hier nur so aufblühten unter dem Deckmantel der Diktatur.


Musste das Militär in Chile wegen den Unruhen stärker eingreifen als in der DDR?

8

Montag, 5. Oktober 2009, 10:31

Stimmt, Oda. Die NS-Diktatur ist unvergleichlich mit allen anderen Diktaturen. Jedes totalitäre System bedient sich zwar ähnlicher Mittel, aber die rassenideologische geführte Konsequenz im Genozid der NS-Zeit sowie die wissenschaftliche Begleitung und Verquickung bis hin zur Lehre des Ariers und des Untermenschen ist in dieser erschreckenden Systematik einzigartig und unvergleichbar.

Ich meinte mit der Frage nach Graddifferenzierung hier eher, dass es für die Opfer von Unrecht in einer Diktatur erlebtes Unrecht ist und die subjektiven Erfahrungen selbst von Unrecht eben auch eine Rolle spielen. In der subjektiven Erfahrung von Unrecht kann ich ja nicht wirklich vergleichen, daher ist die Erfahrung von Unrecht immer zunächst subjektiv. Daher zielte meine Frage auch auf deine Erfahrungen - wie du die DDR erlebt hast. Ich wollte hier weniger ein Geschichtsseminar rausmachen. :ostr Ich hoffe, da kommt noch etwas, denn das interessiert mich.

Was den Konformismus in Diktaturen angeht, so hast du ja in bezug auf die DDR bereits ein Phänomen angesprochen. Große Widerstände gab es hier nicht in der DDR, und zumindest die Zahl der Aufstände und Unruhen in anderen Diktaturen (Chile etc.) war höher. Kann man hier mit einer platten These ankommen, dass dieser Konformismus der DDR-ler in der Diktatur ein Stück weit der Mentalität im Dritten Reich entsprach? Oder ist diese These absurd? Ich maße mir hier nicht an, die jeweiligen Erfahrungen der Ostdeutschen zu interpretieren, aber ich würde gern mehr darüber lesen oder hören.

Wenn Darek hier die Unterdrückung der DDR beschreibt und den Begriff "auf das Unwürdigste" gebraucht, kann man ja auch einmal ein Auge zudrücken, ohne dass man sofort mit dem erhobenen Finger auf den wunden Punkt zeigt. Wir gebrauchen heute alle zu schnell zu viele Superlative, oder? :okok

Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von »Mulder« (5. Oktober 2009, 10:36)


9

Montag, 5. Oktober 2009, 11:54

Ich finde auch die Frage spannend, warum sich offenbar so viele Ostdeutsche in Nostalgie üben? Ist das der gleiche Muff, den die 68-er schon im Westen auflösen wollten? Auch im Westen Deutschlands galten in der Zeit nach der Diktatur noch lange gesellschaftliche Umgangsformen, die man getrost als hierarchisch geprägt bezeichnen darf. Vielleicht darf man aber auch nicht alles parallelisieren...subjektive Erfahrungsberichte sind da wohl wirklichkeitsnäher....mich würde eben nur interessieren, welche Mentalitäten dahinter stecken....?

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Mulder« (5. Oktober 2009, 11:55)


10

Montag, 5. Oktober 2009, 12:03

Zitat

od Mulder
Stimmt, Oda. Die NS-Diktatur ist unvergleichlich mit allen anderen Diktaturen.


Einzigartig und unvergleichbar, aber jedoch ein Ausdruck dafür, dass man differenzieren kann.

Zitat

Ich meinte mit der Frage nach Graddifferenzierung hier eher, dass es für die Opfer von Unrecht in einer Diktatur erlebtes Unrecht ist und die subjektiven Erfahrungen selbst von Unrecht eben auch eine Rolle spielen.


Auch, aber nicht unbedingt entscheidend für Differenzierungen. Genauso, wie Du für die Differenzierung zur NS-Zeit keine Opfererfahrung brauchst. Vergleiche einfach mal Chile und die DDR. Wie viele Massenerschießungen gab es in Chile, wie viele in der DDR? Wie sa es mit Folter aus, mit Menschenraub, mit Ausgangssperren?

Zitat

Kann man hier mit einer platten These ankommen, dass dieser Konformismus der DDR-ler in der Diktatur ein Stück weit der Mentalität im Dritten Reich entsprach?


Jain :ostr Ich glaube das ist ein Aspekt, aber nicht ausreichend. Ich denke, die DDR hat sich von den anderen Ostblockstaaten sowohl in der Ausgangsposition als auch von der Entwicklung unterschieden. Die DDR war nur zum Teil ein von Stalin 'überholfenes' System.

Zitat

Wenn Darek hier die Unterdrückung der DDR beschreibt und den Begriff "auf das Unwürdigste" gebraucht, kann man ja auch einmal ein Auge zudrücken, ohne dass man sofort mit dem erhobenen Finger auf den wunden Punkt zeigt. Wir gebrauchen heute alle zu schnell zu viele Superlative, oder? :okok


Mag sein. Aber wir sind ja hier in einem Forum, oder? :okok Deswegen frage ich einfach mal nach. Besonders wenn man aus diesem Superlativ ev. Mut für eine Flucht ableitet. Wieviel höher muß dann der Mut der 'dagebliebenen' Oppositionellen und Konformisten gewesen sein.

11

Montag, 5. Oktober 2009, 12:10

Zitat

od Mulder
Ich finde auch die Frage spannend, warum sich offenbar so viele Ostdeutsche in Nostalgie üben?


Finde ich auch sehr spannend. Und es nervt mich ungemein, wenn man sich nach diversen sogenannten Errungenschaften sehnt.
Aber spannend ist auch die Frage, warum die Namen von ein paar ostdeutschen Oppositionellen zu keiner Diskussion über Mut unter einer Diktatur anregen...
Es gibt übrigens auch eine westdeutsche Nostalgie. So sehnt man sich z.B. zur Zeit vor dem Soli-Beitrag und der 'Osthilfe' zurück. Jetzt, zur Krise, ist auch die Zeit vergessen, als man von Ostdeutschen mehr Flexibilität einforderte. Man muß doch verstehen, dass marode, unrentable Betriebe geschlossen werden müssen..Diese Argumente kommen heute gut an ... bei den 'Wessis'. So gesehen sind sich die Deutschen in Ost und West wahrscheinlich sehr ähnlich :ostr

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Oda« (5. Oktober 2009, 12:11)


12

Montag, 5. Oktober 2009, 12:58

Vielleicht regt ja unsere Diskussion hier den einen oder anderen Menschen an, der über die DDR persönliche Erfahrungsberichte geben kann. Von uns beiden strahlt die Diskussion dann hier doch vielleicht zu viel Theorie aus...

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Mulder« (5. Oktober 2009, 13:33)


13

Montag, 5. Oktober 2009, 13:38

Zitat

od Mulder
Vielleicht regt ja unsere Diskussion hier den einen oder anderen Menschen an, der über die DDR persönliche Erfahrungsberichte geben kann. Von uns beiden strahlt die Diskussion dann hier doch vielleicht zu viel Theorie aus...


Naja, wenn solche Erfahrungsberichte dann nicht einfach im Thread 'runterrutschen' und das deklarierte Verlangen danach nicht ein Totschlagargument ist, dann meldet sich vielleicht auch noch mal jemand...
Ich von meiner Seite aus kann auch mit der Theorie sehr gut leben. Letztendlich haben wir ja nicht viel theoresiert.

14

Montag, 5. Oktober 2009, 17:47

ich dazu nur soviel beitragen, dass meiner Meinung nach, die Menschen in der DDR, oder auch die im Kommunistischen Polen "sehr gut" gehabt haben! Das "sehr gut" bezieht sich im Vergleich zu solchen Ländern wie schon erwähnt: Chile, oder z.B. Süd Afrika und auch zig anderen afrikanischen, oder Asiatischen Ländern, wo täglich die Menschen wegen ihrer Hautfarbe, Überzeugung oder Stammeszugehörigkeit um ihr Leben kämpfen müssen! Die Hungernot kommt noch dazu.
Nein, es brauchte nicht sehr viel Mut um aus den Ländern zu fliehen (Ostblock)! Ausgenommen ein paar Leute die es über Tunnels, Ostsee, Luftballon, oder den Stacheldraht an der Grenze versuchten, waren die Meisten die in den Westen abgehauen sind, Privilegierte Bürger! Es waren Sportler, Künstler, Wissenschaftler die sich einfach abgesetzt haben und im Westen geblieben sind. Ja, ich weiß, die haben Familien zurückgelassen, oder ihr Hab und Gut, aber es immer noch nicht zu vergleichen mit dem Leiden der oben erwähnten!
Ich glaube, dass die meisten der "normalen" Bürger des Ostblocks sich mit der Situation arrangiert haben und zufrieden mit ihrem Leben waren. Ab und zu haben sie "Die" im Westen beneidet, was für schöne Autos sie fahren, wo sie überall Urlaub machen können, wie viele verschiedene Tafeln Schokoladen sie zu Auswahl haben. Doch dafür hat es sich für sie auf keinen Fall gelohnt auf die Barrikaden zu gehen!

So sehe ich es
Signatur von »elLopo«
w w w . B a i l a M e - F i t . d e
* fit mit Tanzen *

15

Dienstag, 6. Oktober 2009, 02:00

Zitat: Nein, es brauchte nicht sehr viel Mut um aus den Ländern zu fliehen (Ostblock)!

Aus der DDR gab es eigentlich außer den von Dir erwähnten Auserwählten keine großen Möglichkeiten zu entkommen.
Rentner konnten fahren (da der Staat froh war wenn er weniger Rente bezahlen musste) Leistungssportler die nicht durch den Stasi-Rost gefallen sind. einige Künstler und Wissenschaftler die 100% als überzeugte Parteigenossen eingestuft waren ,verheiratet waren und möglichst noch ein Vermögen in der DDR hatten so das eine Republikflucht ausgeschlossen werden konnte.
Probiert haben es Zehntausende über die Grenze zu kommen ,geschafft haben es ein paar Dutzend. In der Berliner Haftanstalt Rummelsburg waren von 4000 Insassen ca. 2500 wegen versuchter Republikflucht in Haft.
Die Chancen es zu schaffen waren gleich Null. 4Milliarden Ostmark wurden offiziell allein für die Grenzsicherung ausgegeben. Grenzsoldat wurden in der Regel auch nur zuverlässige Bürger ohne Westverwandtschaft, verheiratet und von den Jungs der Stasi auf Herz und Nieren untersucht. Bei einer Grenzstreife wurden das System verwendet das der Postenführer niemals öfter mit dem selben Soldaten auf Streife ging um zu verhindern das man sich zu gut kannte und dann nicht einen gemeinsamen Plan ausdachte. Alle Personenzüge in Richtung Westgrenze wurden von der Transportpolizei auf zwielichtige Elemente kontrolliert usw.
Einmal hat in Berlin ein Baggerfahrer der die Kieskähne nach Westberlin beladen hat eine Bockwurst auf den Kahn geworfen. Als die Spürhunde dann bellten wurde der ganze Kahn wieder abgeladen. Es hätte ja ein Fluchtversuch sein können.

Die DDR war ein totalitärer Polizei und Überwachungsstaat in dem Führungskräfte in der Wirtschaft und der politischen Führung nicht nach fachlicher Eignung sondern anhand von Parteimitgliedschaft und nach politischer Einstellung ausgewählt wurden.
Die Wirtschaft wurde dadurch ruiniert da Vollidioten mit Parteibuch die Entscheidungen getroffen haben und keine Experten. Jegliche Privatwirtschaft wurde im Keim erstickt durch progressive Steuern bis zu 97% .

28 Ostmark Miete für 25m2 Altbau in Berlin oder 70m2 Warmmiete in der AWG-Wohnung für 70 Ostmark, haben natürlich nicht viel Spielraum gelassen um da etwas Farbe auf die vom Braunkohlenruß verdreckten Fassaden aufzubringen. Aber so hatte selbst der größte asoziale Penner zumindest ein Dach über dem Kopf.
Das Flaschenbier 0,33 kostet im Laden 0,48M in der Kneipe 0,40M . Also brauchte da keiner im Kalten vor der Kaufhalle stehen. In der Kneipe war es auch nicht teurer. 4,65M im Restaurant für ein Rumpsteak mit Pommes Frittes , da lohnte es sich nicht zu Hause zu kochen. 3-4Wochen mit Vollverpflegung und Vollprogramm für die Kinder ins Ferienlager schon ab 15Mark.
Dafür der Farbfernseher 7100Mark und die ersten Walkmans aus DDR-Produktion 350Mark . In Ostberlin 11Jahre Wartezeit auf den Trabant Limousine und 13Jahre auf Wartburg. In der Rest-DDR noch ein paar Jahre länger.
Das alles bei Löhnen von 600-1400 Mark. Aber das was es nicht im Laden gab, das konnte man auf dem Grau-Schwarzmarkt erstehen. Wer keine 11Jahre auf seinen Asphaltpickel(Trabant601) warten wollte konnte das gute Stück auch in Berlin-Grünau auf dem Automarkt für ein kleines Aufgeld von 7000Mark sofort erstehen. Der Lada 2105 dann statt 32000Mark eben für 65000Mark
Da gab es zum Beispiel solche Annoncen in der Zeitung: Verkaufe blaue Fliesen.

Der Eingeweihte wusste worum es geht. Die Übersetzung: Verkaufe Fliesen nur gegen D-Mark.
Fliesen und anderes Baumaterial waren immer Mangelware.

In jeder Mangelgesellschaft blüht automatisch der Schwarzmarkt und es boten sich traumhafte Renditen für Menschen mit Geschäftsinteresse oder auch Menschen in Schlüsselpositionen wie zum Beispiel den Annahmemeister einer staatlichen Autowerkstatt der sich unter 100Mark Bergrüssungsgeld auf kein Gespräch einließ.

4Wochen Urlaub in Bulgarien, dann noch einen Krankenschein über 3Wochen aus dem Urlaub an den Arbeitgeber und dann nach 2Wochen Maloche gleich noch mal für drei Wochen an das Schwarze Meer . Das waren wieder die angenehmen Seiten des sozialistischen Systems.

Offiziell 800Mark im Monat aber ohne viel Mühe konnte man so nebenbei auch mal auf die Schnelle ein paar Tausender verdienen.

Die Stasikameraden waren natürlich lästig und die Arbeitskollegen die sich als Zuträger(Spitzel) betätigten, konnten schon nerven. Aber oft waren diese Typen bekannt und wurden eben einfach gemieden. Die haben sich des öfteren als Aussätzige gefühlt. Das 10er System wurde vom Adolf H. übernommen. Auf 10Bürger eine Spitzel . Da gab es aber eben auch solche die ihren Job ernst nahmen und andere die nur schneller eine Wohnung bekommen wollten.

Ich kenne keine der wegen einem politischen Witz in den Knast gekommen ist. Das gab es schon nicht zu meiner Zeit. Das gab es meines Wissens nach nur in der Stalinzeit und anfangs der Ulbricht-Ära.

Alles in Allem kann man sagen, beide Gesellschaftssysteme haben Plus und Minus.
Jedenfalls waren der Mielke und seine Kameraden Waisenknaben und Heilige , wenn man das heutige Überwachungssystem und die Totalkontrolle der Menschen mit dem damaligen System der DDR vergleicht.

Der Mielke würde sich heute ein 2. Loch in den A..sch freuen wenn er die heutige Realität noch erleben könnte.

16

Dienstag, 6. Oktober 2009, 08:36

Zitat

od Diabel
Jedenfalls waren der Mielke und seine Kameraden Waisenknaben und Heilige , wenn man das heutige Überwachungssystem und die Totalkontrolle der Menschen mit dem damaligen System der DDR vergleicht.


Ich finde, jetzt übertreibst Du. Das Problem an der DDR war nicht die Kontrolle, sondern die fehlende Gewaltenteilung. Der Kontrolle in der DDR war somit der Missbrauch in die Wiege gelegt.

Gruß
Oda

17

Dienstag, 6. Oktober 2009, 10:38

Da sind wir aber vom Regen in die Traufe gekommen. Wenn Morde an Politikern nicht aufgedeckt werden dürfen und das Bundeskriminellenamt ungestraft Bomben im Kosovo legen darf und jetzt sogar Straffreiheit für verdeckte Ermittler gefordert wird, ist es mit der demokratischen Kontrolle auch nicht so toll.

Staatsanwälte und Richter die sich ernsthaft mit bestimmten Straftaten beschäftigen werden von Justizministern gemassregelt und strafversetzt. Die Politik bestimmt über die Justiz.

Die Systeme 3.Reich ,DDR und BRD sind da nicht so weit voneinander entfernt. Die Illusion eines demokratischen Rechtsstaates in Deutschland löst sich bei näherer Betrachtungsweise schnell auf.

18

Dienstag, 6. Oktober 2009, 11:19

Im Strafgesetzbuch der DDR gab es zum Paragraphen Repubilkflucht den Zusatz :
Vorbereitung und Versuch sind strafbar

In der Praxis bedeutete dies das schon der Kauf einer Leiter oder eines Fernglases strafrechtlich geahndet werden konnte und auch wurde. Verdacht der Vorbereitung der Republikflucht.

Bei Adolf gab es die Schutzhaft, da wurden also Leute inhaftiert vorbeugend , damit sie keine Straftaten begehen.
In Vorbereitung des Oktoberfestes 2009 wurden auch wieder vorbeugend einige in Deutschland wohnende Araber in Schutzhaft genommen damit sie keine Bomben legen.



„Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Kommunist.
Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Gewerkschafter.
Als sie die Sozialisten einsperrten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Sozialist.
Als sie die Juden einsperrten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Jude.
Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“
Martin Niemöller

19

Dienstag, 6. Oktober 2009, 13:30

Na, das nenne ich doch mal einen Erfahrungsbericht...! :okok Die Möglichkeiten bei der heutigen Überwachung brauchen aber kaum einen solchen personellen Aufwand, wie die Stasi ihn betrieben hat, oder? Das ist doch heute vielleicht auch einfacher.
Wie hast du als DDR-Bürger die Mangelwirtschaft erlebt? Hast du dich eingerichtet auf den Schwarzmarkt oder gab es irgendwie eine Vorstellung, wie Freihandel aussehen könnte? Und habt ihr mitbekommen, wie die Eliten der SED anderswo nur so rumprassten? Haben die Leute darüber hinter der Hand gesprochen?

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Mulder« (6. Oktober 2009, 13:31)


20

Dienstag, 6. Oktober 2009, 14:23

Jeder hat sich irgendwie eingerichtet. Da gab es die Cleveren mit den Beziehungen und den Kontakten , die haben dann denen die Mangelware besorgt , die zwar das Geld hatten aber denen die Kontakte fehlten.
Oftmals auch Tauschhandel. Linke Tür und vorderer rechter Kotflügel von Wartburg gegen eine Autolackierung.
Montags kamen 4 Tiefkühlschränke in einen kleinen Laden am Frankfurter Tor. Davon waren gegen einen Aufpreis von je 100Mark um 13Uhr 3Stück bei mir in der Wohnung. Einer wurde noch am Abend abgeholt für 1400Mark und der Rest war bis zum Wochenende auch unter den Leuten. 900-300Mark Unkosten waren dann eben mal 600Mark auf die Schnelle nebenbei.
Auch der polnisch-deutsche kleine "Aussenhandel" war sehr lukrativ. Die Zylinderkopfdichtung aus Polen für 15Mark im Einkauf brachte am Wochenende immerhin 150Mark auf dem Flohmarkt. Von 1000% Gewinn da träumen heute selbst die Bankster.

Die polnischen als Touristen getarnten Reisegruppen haben natürlich auch erheblich dazu beigetragen die Mangelwirtschaft zu bekämpfen. Da hatte jeder 2 prall gefüllte Reisetaschen dabei mit begehrten Artikeln.

Während in der damaligen BRD die Menschen das ganze Jahr dafür arbeiteten um in Urlaub zu fahren, machten die Polen Urlaub um dann vom Gewinn das ganze Jahr zu leben. Da gab es damals in einer poln. Zeitung einen schönen Artikel, mit Anweisung für eine Urlaubstour mit dem Auto nach Bulgarien/Türkei. Welche Waren zu welchem Preis für welches Land kaufen und was dann dort kaufen. Mit 100Dollar losfahren und nach drei Wochen mit 1000 Dollar zurück kommen.

Die Zeiten möchte ich nicht missen in meinem Leben.

Honnecker fuhr mit einem Citröen BX und die anderen Bonzen kamen mit Volvo 244. Lustig war mal ein BRD-DDR Tauschgeschäft. Da gab es im Austausch 1000 VW Golf 1. Die wurden dann an bewährte Funktionäre verteilt. Nun hatte der Chef unsere Volkspolizeidienststelle auch einen Golf abbekommen. Nun hatte sich aber ein anderer Parteibonze darüber aufgeregt das es nicht sein kann das ein kommunistischer Staatsdiener in voller Uniform in einem Westwagen durch die Gegend kutscht, und schon gab es eine Dienstanweisung mit Verbot in Uniform in den Golfs zu fahren und unserer armer Ostbullenchef fuhr wieder mit seinem Trabant zu Arbeit. Golf nur am Wochenende und in Zivil.

Die sozialistische Parole: Aus unseren Betrieben ist noch viel mehr herauszuholen wurde von vielen Bürgern zu wörtlich genommen. Das am Samstag mal ein Abteilungsleiter in seine VEB Firma gefahren ist um sich von einer Betriebsbaustelle etwas Zement und Sand aufzuladen auf seinen HP500 Anhänger für seinen Privaten Datschenbau, wurde in der Regel als Normalität betrachtet und nicht als Diebstahl. Eben Volkseigentum.

Die Einheitspresse und die Medien waren jeden Tag Kabaret pur. Da konnte man sich die "Distel" in der Friedrichstrasse eigentlich sparen . Die Menschen sahe ja jeden Tag die Realität und die Diskrepanz zu den Scheisshausparolen in den Medien. Deswegen glaube ich das auch heute wieder ältere Ex-Ossis eher in der Lage sind zwischen den Zeilen zu lesen. Damal wie heute gab und gibt es Journalisten die die Fähigkeit entwickeln in ihren Artikeln andere als die offiziell genehmigten Botschaften zu vermitteln.

Wenn ich unsere FDJ-Angie höre werde ich immer an die guten alten Zeiten erinnert.

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