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Donnerstag, 30. August 2007, 08:42

Steil steigende Löhne in Polen

Zitat



Zinserhöhung wegen Inflationsgefahr

Zur Kehrseite von Polens kräftigem Wirtschaftswachstum gehört der nicht minder kräftige Anstieg der Lohnstückkosten. Die Angebotsverknappung am Arbeitsmarkt durch die Abwanderung trägt zum Lohnanstieg bei. Die Zentralbank versucht die inflationäre Wirkung dieser Entwicklung bereits zum dritten Mal in diesem Jahr mit einer Zinserhöhung abzuschwächen.

Zahlreiche Zentralbanken mögen derzeit primär damit beschäftigt sein, über eine Lockerung ihrer Geldpolitik die aufgewühlte Stimmung an den Aktienmärkten zu besänftigen. In Polen aber liegen die Dinge etwas anders: Fragen rund um die jüngsten Börsenturbulenzen und die Verknappung von Liquidität stehen klar im Hintergrund, wenn dieser Tage über den Kurs der polnischen Währungshüter debattiert wird. Für weit mehr Diskussionsstoff sorgen die steil steigenden Lohnzahlungen. Zwar haben sich die Mitglieder des geldpolitischen Rates in den vergangenen Wochen durchaus kontrovers zur Frage geäussert, inwiefern die höheren Löhne eine Gefahr für die Preisstabilität darstellen. Der am Mittwoch bekanntgegebene (und von den Märkten erwartete) Entscheid, den Schlüsselsatz um 25 Basispunkte auf 4,75% anzuheben, ist aber ein unzweideutiges Indiz, dass die Gefahr als durchaus real eingestuft wird. Es handelt sich dabei bereits um die dritte Zinserhöhung im laufenden Jahr, nach entsprechenden Schritten im April und Juni.

Höhere Lohnstückkosten

Polen erfreut sich derzeit – wie der grosse Rest Mittel- und Osteuropas – einer anhaltend kräftigen Konjunktur. Das Bruttoinlandprodukt vermochte im ersten Kalenderquartal mit einem Plus um 7,4% den stärksten Zuwachs seit über einem Jahrzehnt zu verzeichnen. Die Konsequenzen spiegeln sich nicht nur beim Konsum, der im Juli durch einen Sprung der Detailhandelsumsätze um 17,1% beflügelt wurde. Auch die Arbeitnehmer profitieren in zunehmendem Mass vom Aufschwung: Das Beschäftigungswachstum betrug im Juli hohe 4,7%, und die Arbeitslosenquote fiel im gleichen Monat auf den tiefsten Stand seit acht Jahren, nämlich 12,2%. Namentlich in den Städten bekunden die Unternehmen zusehends Mühe, genügend Arbeitskräfte zu rekrutieren, wobei das Problem durch die Migration noch verschärft wird. Entsprechend steil steigen zurzeit die Löhne: Im zweiten Kalenderquartal legten die Durchschnittslöhne im Vorjahresvergleich um rekordhohe 8,9% zu, was laut den Schätzungen der ING Bank mit einem Anstieg der Lohnstückkosten um 7,7% einherging.

Staat und Konsumenten ausgabefreudig

Angesichts dieser Daten verwundert es kaum, dass sich die Währungshüter zusehends um die Preisstabilität sorgen. Zwar oszillierte die Inflation in den vergangenen Monaten um die von der Zentralbank als Zielgrösse definierte Marke von 2,5%. Dass der inflationäre Druck im laufenden Jahr aber grösser werden dürfte, ist angesichts der kauffreudigen Konsumenten und der Angebotsverknappung am Arbeitsmarkt keine besonders wagemutige These. Die meisten Ökonomen zeigen sich denn auch überzeugt, dass die Zentralbank im Laufe dieses Jahres im Rahmen ihrer Politik gradueller Zinserhöhungen ein viertes Mal den Schlüsselsatz nach oben anpassen wird. Ein Anziehen der Zügel scheint auch mit Blick auf das derzeit etwas instabile politische Umfeld vonnöten. So dürften sich die Regierungspolitiker angesichts der anstehenden Neuwahlen bei der Ausarbeitung des Budgets 2008 kaum durch fiskalpolitische Strenge zu profilieren versuchen, was den Trend steigender Preise zusätzlich verstärkt.

Unverhohlene Kritik an der Regierung

Das heikle Thema der allzu lockeren Ausgabenpolitik lässt die Zentralbank in ihrer schriftlichen Begründung für den Zinsschritt nicht ausser acht. Die jüngsten Regierungsentscheide zum Ausbau der Staatsausgaben, so die unverhohlene Kritik, führten zu einer weiteren Verschlechterung der öffentlichen Finanzen und somit mittelfristig zu einem zusätzlichen inflationären Druck. Solches prozyklisches Finanzgebaren erscheint umso problematischer, als die Währungshüter damit rechnen, dass Polens Wirtschaftswachstum in den kommenden Quartalen weiterhin über dem Potenzialwachstum liegen wird. Besorgt zeigt man sich aber vor allem über die zusehends auseinanderdriftende Entwicklung des Lohn- und des Produktivitätswachstums. Ein baldiges Ende des Trends steigender Löhne und der relativen Verteuerung des Produktionsfaktors Arbeit wird von der Zentralbank nicht erwartet.


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