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Darek

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Mittwoch, 18. Juli 2012, 15:47

Verfall der guten Sitten?

Ist Euch in der letzten Zeit eigentlich auch einmal aufgefallen, um wieviel häufiger mittlerweile Informationen über Korruption, Vorteilsnahme, Veruntreuung und Schwarzegldaffären usw. veröffentlicht werden?

Ex-Kanzler Helmut Kohl mit seinem "Ehrenwort", die Dienstwagen-Affäre von Ex-Gesundheitsministerin Ullallalla Schmidt, die Affäre Zumwinkel, getürkte Doktorarbeiten bei zu Guttenberg, Koch-Mehrin, Schavan und Chatzimarkakis, die Verfahren gegen Mappus, weiter Verdacht der Steuerhinterziehung bei einigen EnBW-Managern im Zusammenhang mit unduchsichtigen Russlandgeschäften und jetzt aktuell das Ermittlungsverfahren gegen Anton Schlecker und weitere 13 Beschuldigte wegen Insolvenzverschleppung und Bankrott.

Was ist hier eigentlich los? Gehört das mittlerweile zum guten Ton in diesen Kreisen, oder haben wir es hier eher mit einem grassierenden Verfall der guten Sitten zu tun?

Geld regiert die Welt und Gier ist mein größter Freund?

"Bei der Korruption hat sich eindeutig etwas zum Negativen geändert", so der Hamburger Generalstaatsanwalt Arno Weinert bereits 1997 bei einem Interview mit "Die Zeit".

Es geht wohl tatsächlich um eine immer stärker um sich greifende Selbstbereicherungsmentalität der deutschen Eliten: Parteispenden und Diäten, Seilschaften, Postenhuberei, Filz und Politikerpensionen.

Und auch in den Chefetagen gibt es keine Grenzen mehr. Etwa bei Daimler-Benz, wo vor einigen Jahren der Vorstand innerhalb eines Jahres Rekordverluste einfuhr und sich dann noch im selben Jahr einen satten Bonus in Form von Aktienoptionen genehmigte. Oder ein gewisser Kajo Neukirchen, der damals dafür sorgte, dass Hoesch vom Konkurrenzunternehmen Krupp aufgekauft wurde und sich daraufhin noch ein Salär von über 6 Millionen einsackte und zudem noch sein lebenslanges Wohnrecht in einer Dienstvilla mit über 4 Millionen versilbern ließ.

Selbst im Sport gibt es schon lange kein Halten mehr, wie die jüngsten Beispiele auch hier zeigen: WM-Bestechungen und jetzt wieder ein Fall von Doping bei der Tour de France.

Aber - wenn es keine Vorbilder mehr gibt - muss man sich dann wundern, dass es auch keinerlei Gewissensbisse mehr gibt, die Hausratversicherung zu betrügen?
Ist es dann nicht verständlich, wenn sich unter Jugendlichen immer mehr eine Gewinner-Verlierer-Kultur breitmacht und diese Jugendlichen anscheinend das Gefühl verloren haben, ihres Glückes Schmied zu sein, gleichzeitig Trash-Sendungen wie DSDS, Topmodel und anderer Müll immer höhere Einschaltquoten haben?

Allem Anschein nach lohnt sich Leistung wirklich nicht mehr :bezradny
Signatur von »Darek« Wer schweigt, trägt Schuld an den Zuständen, die er beklagt!
Und wer vergisst ist verurteilt, dasselbe noch einmal zu erleben!

2

Donnerstag, 19. Juli 2012, 07:30

Verfall der guten Sitten ?

ich meine, dass Deine Frage sehr schwer zu beantworten ist - falls man es sich mit einer Antwort nicht zu leicht macht. Sicherlich kann man angesichts der vielen Nachrichten über Lug und Trug, Korruption und Bestechung den Eindruck bekommen kann, die "guten Sitten" würden immer mehr verfallen. Das Problem einer Antwort besteht wohl darin, dass kaum jemand den nötigen Abstand und Überblick hat, um etwas verlässliches über die Entwicklung von Sitten sagen zu können. Unser Eindruck vom "Verfall der guten Sitten" kann ja auch darin begründet liegen, dass man sich kritischer mit dem Bisherigen auseinandersetzt und mehr öffentlich anspricht. Es kann auch darin begründet sein, dass die Medien sich diesem Verhalten kritischer annehmen.
Das richtig zu beurteilen halte ich für sehr schwierig. Dabei sollte man auch immer daran denken, dass die Redewendung vom Wasser predigen und Wein saufen doch schon recht alt ist. Wer da glaubt, früher wären die "Sitten" besser gewesen, der dürfte vermutlich irren. Ich denke da oft an meine Oma, die uns als Kindern häufig erzählte, dass sie wirklich Ärger bekommen hatte, wenn der Lehrer oder der Pfarrer sie noch nach acht Uhr abends auf der Straße getroffen hatte. Das ist sicherlich so gewesen. Wenn man jedoch alles dazu nimmt, was meine Oma auch sonst noch so erzählt hat, dann kommt man kaum zu dem Schluss, die Frauen wären früher alle nur "sittsame" Mädchen gewesen.
Ich glaube mit einem solchen Urteil über den "Verfall der guten Sitten" ist es so wie mit dem Urteil darüber, dass die Jugend nichts mehr taugt, dass sie unzuverlässig und faul wäre. Bekanntlich stammt das erste schriftlich überlieferte Urteil dieser Art bereits von den Römern.
Nach meinem Verständnis darf man sich nicht mit Korruption und Postenschieberei abfinden. Aber aus den Nachrichten darüber auf einen "Verfall der guten Sitten" zu schließen, das ist wohl nicht ganz so einfach.

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