Du bist nicht angemeldet.

Lieber Besucher, herzlich willkommen bei: Deutsch Polnisches Forum. Falls dies dein erster Besuch auf dieser Seite ist, lies bitte die Hilfe durch. Dort wird dir die Bedienung dieser Seite näher erläutert. Darüber hinaus solltest du dich registrieren, um alle Funktionen dieser Seite nutzen zu können. Benutze das Registrierungsformular, um dich zu registrieren oder informiere dich ausführlich über den Registrierungsvorgang. Falls du dich bereits zu einem früheren Zeitpunkt registriert hast, kannst du dich hier anmelden.

Mediator

unregistriert

1

Montag, 16. September 2013, 12:53

Reform der polnischen Rente

Gestern verkündete Premierminister Donald Tusk (Bürgerplattform, PO) auf einer Pressekonferenz einschneidende Änderungen im polnischen Rentensystem. Demnach sollen die Beiträge aus der kapitalgedeckten obligatorischen Säule des Systems (Offene Pensionsfonds, OFE) gänzlich vom Staat zurückgekauft werden und als Rentenanwartschaften im staatlichen System (Sozialversicherungsanstalt, ZUS) verzeichnet werden. Darüber hinaus wird der Beitragszahler ab 2014 wählen können, ob er einen bestimmten Teil des Beitragssatzes in die zweite Säule investieren will, oder ob dieser gänzlich im staatlichen System verbleiben soll. Aktuell beträgt der Beitragssatz im Rentensystem 19,52 Prozent auf den Lohn; davon gehen 16,72 Prozent in das staatliche System und 2,8 Prozent in die Offenen Pensionsfonds. Ab 2014 wird der Versicherte eine dreimonatige Bedenkzeit haben, in der er wählen kann, ob 2,92 Prozent des Beitragssatzes in die OFE gehen sollen. Der Regierungschef begründet die Reform mit dem niedrigem Erfolg des privaten Systems. Berechnungen hätten gezeigt, dass die gleichen Beiträge anstatt im privaten im staatlichen System angelegt in den letzten 13 Jahren seit Einführung des neuen Systems zu höheren Renten geführt hätten. Auch werde dadurch der Staatshaushalt massiv entlastet, denn durch die Abführung eines Teils der Beiträge in das private System fehlten im staatlichen Umlagesystem (die Beiträge kommen rein und werden nahezu sofort an Rentner ausbezahlt) Mittel. – Gegner der Reformen, überwiegend Lobbyisten der Finanzwirtschaft und neoliberale Wirtschaftswissenschaftler, sprechen von einer „Marginalisierung der OFE“. Dieser Trend werde zu unsicheren Renten führen; ferner wird auf angenommene negative Auswirkungen auf die Finanzmärkte hingewiesen. Darüber hinaus agiere der Staat nicht aus Sorge um die Rente der Bürger, sondern aus Eigeninteresse, also in Sorge um den Staatshauhalt.
Quelle: Polen Heute

Anmerkung: Hinzuzufügen wäre, dass in der zweiten Säule der OFE (Otwarte fundusze emerytalne, ) zukünftig keine Staatsanleihen mehr halten darf. – Sicherlich spielt bei den Überlegungen Tusks auch die Staatsverschuldung eine Rolle, sind doch die vom OFE gehaltenen Staatsanleihen der polnischen Staatsschuld zuzurechnen. Mit deren Rückführung in die ZUS wird die Gesamtverschuldung um rund 8% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gesenkt. Da Polen so töricht war, dem Modetrend folgend eine Schuldenbremse in der Verfassung zu verankern, wäre Tusk bei der aktuellen Staatsverschuldung von 53 % des BIP (2012) bald gezwungen (ab 55 Prozent) eine restriktive Politik zu betreiben. Natürlich schreibt die wirtschaftsliberale, Finanzdienstleistern nahe NZZ, dass Tusk die liberale Errungenschaft der zweiten Säule “auf dem Altar eines kurzsichtigen, wahltaktisch begründeten Populismus zu opfern” bereit sei. Vielleicht verständlich, dass aus der Schweiz, ebenfalls mit einer kapitalgedeckten zweiten Säule ausgestattet, diese verteidigt wird. Allerdings räumt die NZZ ein: “Tatsächlich war deren Performance im Umfeld der globalen Krise nicht immer berauschend”.
Tatsächlich ließ der Börsencrash (2002) wie auch die aktuelle Finanzkrise die Anlagevermögen schrumpfen. In der Schweiz kam es 2008 zu Wertkorrekturen von 8 bis 13 Prozent, bei den niederländischen Pensionskassen von 16,9 Prozent und in Großbritannien (mit einem sehr großen Anteil kapitalgedeckter, betrieblicher Altersvorsorge) von 17 bis 26 Prozent. Und die Finanzkrise/Wirtschaftskrise ist nicht vorbei. Unter Umständen müssen wir uns auf ein Lehman-Momentum in China und damit in Südostasien einstellen.
Generell muss bei einer kapitalgedeckten Altersvorsorge über 30 bis 50 Jahre mindestens eine Rendite in Höhe der Inflation erwirtschaftet werden. Bereits um dieses Ziel zu erreichen, sind die die Versicherer und Banken zur Jagd auf immer neue Anlagemöglichkeiten gezwungen – zur Spekulation. Die Pensionsfonds sind im Crash Täter und Opfer zugleich. Bisher ungelöst ist auch die Frage, was passiert, wenn geburtenstarke Jahrgänge fast gleichzeitig ihre kapitalgedeckte Rente in Anspruch nehmen wollen. Usw. Haben dies die “staatstragenden” Parteien, schwarz/gelb/grün/rosa begriffen? – Siehe auch den informativen Artikel von Thomas Hammer: “Die Rückkehr der gesetzlichen Rente: Die kapitalgedeckte Altersvorsorge gleicht einem Glücksspiel. Die Krise hat gezeigt: Der Generationenvertrag muss wiederbelebt werden.”

2

Mittwoch, 18. September 2013, 07:12

Danke für diese interessante Information !

Social Bookmarks