Nun ist Demographie aus rein wissenschaftlicher Sicht eigentlich nur
die Frage, wie viele Menschen geboren werden und wie alt sie im Schnitt
werden. Das aber gilt nicht für die gesellschaftliche Debatte, denn dort
wird die Demographie als reine Kosten-Nutzen-Analyse missbraucht. Das
ist auch der Grund, warum dieses erste Alter der Menschen in der
demographischen Debatte sich ausschließlich auf die Geburtenzahl
beschränkt, den Kostenfaktor dabei aber völlig ausblendet. Dabei wäre
das immens wichtig, denn es sind gerade die späteren "Eliten", die der
gesamten Gesellschaft weit überdurchschnittliche Kosten verursachen,
weil sie durch Studium, evtl. Stipendien usw. erst wesentlich später in
den Produktionsprozess eintreten und damit der Gesellschaft auch nach
Erreichung des Durchschnittsalters vor dem Produktionseintritt noch,
oft auf lange Zeit, erhebliche Kosten verursachen.
Das zweite Lebensalter ist die produktive Zeit, also die Zeit, in
welcher der Mensch einen Beruf ausübt oder auch ohne Beruf in
Arbeitsprozesse eingebunden ist. Politiker z. B. ist kein Beruf, denn es
gibt dafür keine Lehre. Früher nannte man Menschen, die ein
Betätigungsfeld hatten, für das sie nicht ausgebildet waren, einfach
Hilfsarbeiter. Was sind Politiker eigentlich anderes? Doch zurück zum
zweiten Lebensalter. Hier findet eine Trennung statt. Da sind einerseits
Berufsfelder in Unternehmen, die eine sozialversicherungspflichte
Tätigkeit sind, womit sie in der GRV, in der Kranken-, Pflege- und
Arbeitslosenversicherung zwangsverpflichtet werden. Andere Berufsfelder
sind teils selbständige Tätigkeiten wie Anwalt, Mediziner, Architekt,
Steuerberater, Apotheker, Politiker, Beamter usw., die dieser
Versicherungspflicht gar nicht oder nur teilweise, und dann oft
unvollständig unterliegen. Anders gesagt, nur ein Teil dieser
Lebensaltergruppe, nämlich die abhängig Beschäftigten und auch davon
wiederum ein Teil gar nicht (Beamte), wird von der Versicherungspflicht
erfasst.
Der dritte Lebensabschnitt ist dann das Alter, wobei der Begriff
Alter natürlich relativ ist, denn manche Menschen werden schon alt
geboren, andere bleiben bis ins hohe Alter jung (geistig gesehen). In
der Demographie ist es die Zeit des Ausscheidens aus dem
Produktionsprozess, in der gesellschaftlichen Demographie-Debatte die
Zeit des Rentenalters. Und hier scheiden sich die Geister, denn in der
aktuellen Debatte spielen nur die Rentner der GRV eine Rolle. Obwohl
sie, bedingt durch die Versicherungspflicht, das zweite Lebensalter lang
Beiträge in die GRV eingezahlt haben, vorausgesetzt, sie hatten
überhaupt eine Arbeit, erfahren sie nun eine völlig andere Betrachtung
und Behandlung, als all die übrigen. Plötzlich sind sei eine
gesellschaftliche Bedrohung und zwar deshalb, weil sie so unverschämt
sind, nun eine entsprechend ihrer geleisteten Beitragszahlungen adäquate
Rente zu verlangen. Und begründet wird das natürlich einmal mehr mit
der Demographie.
Damit kommen wir zur Statistik. Dafür ist das statistische Bundesamt
zuständig und weil man ja nicht sagen kann, Hänschen Müller stirbt mit
77 Jahren, weil es ja sein könnte, dass er schon früher, oder aber auch
später stirbt, werden statistische Modellrechnungen verwendet. Und da
beginnt die nachweisliche Trickserei.
Das stat. Bundesamt veröffentlicht einmal die
aktuellen Sterbetafeln für Deutschland (das ist eine EXCEL-Datei) und eine weitere als
Generationensterbetafeln mit Tabellen seit 1896 mit dem Zusatz:
"Modellrechnungen".
Das ist der erste Schwindel, denn auch die aktuelle Sterbetafel ist
eine Modellrechnung, denn man kann das Lebensende der Menschen, auch die
Durchschnittswerte, erst dann konkret bestimmen, wenn ein Jahrgang
komplett ausgestorben ist. In der Debatte heißt es immer, dass die
Menschen ja immer älter werden, was der gestiegene Altersdurchschnitt
beweist.
Ich zeige nun mal auf, dass diese Aussage zwar richtig, aber ganz
woanders seine Ursache hat. Ich verwende dazu die statistischen Daten
der Generationensterbetafeln des Stat. Bundesamtes der Sterbetafeln ab
1896 und dort den Trend V1/Männer (ausgenommen das Endalter). Danach
betrug die durchschnittliche Lebenserwartung eines Neugeborenen 1900 nur
46,36 Jahre. Dem 20-Jährigen wurde aber noch eine Lebenserwartung von
47,41 Jahren zugestanden. Bedeutet das, dass der Altersdurchschnitt von
1880 um 45,4% höher war, als 1900? Mitnichten, denn von 100.000 lebend
Gegorenen erreichten 1900 nur 77.875 überhaupt ihren ersten Geburtstag
und das 20. Lebensjahr nur noch 67.388 und das Renteneintrittsalter von
65 Jahren nur 43.107. Der 20-Jährige hatte nur die damals äußerst
gefährliche Zeit des ersten Lebensjahres und die nicht viel weniger
gefährlichen übrigen 19 Jahre lebend überstanden, also vor allem die
Gefahr der Säuglingssterblichkeit, aber auch die Zeit der oft tödlich
verlaufenden Kinderkrankheiten. Nun aber schloss sich die Frage an,
welchen Beruf er gewählt hatte. Es gab damals etliche Berufe, die es
zweifelhaft erscheinen ließ, ob er den in seinem Alter ermittelten
Altersdurchschnitt auch erreichen würde, denn den erreichten damals nur
knapp 49%.
1950 hatte sich das schon zum Besseren gekehrt, denn die Säuglings-
und Kindersterblichkeit war stark zurückgegangen (93.823 erreichten den
ersten Geburtstag und 91.742 sogar das 20. Lebensjahr). 86.023
erreichten sogar das Alter von 50 Jahren und 75.651 sogar das
Renteneintrittsalter von 65 Jahren. Tja, bis zum Jahr 2010 hat sich das
noch weiter entwickelt, denn die 1950 noch bestehenden gesundheitlichen
Risiken unb die Unfallgefahren am Arbeitsplatz wurden geringer, dafür
nahm die Unfallgefahr auf der Straße zunächst drastisch zu, weil der
Boom im Verkehrswesen seinen Zoll forderte, reduzierte sich dann aber
dank der stetig verbesserten Sicherheitstechnik der Kraftfahrzeuge
wieder.2009 erreichen nach der Hochrechnung von 100.000 lebend Geborenen
(Männern) immerhin 90.604 das bis zum letzten Jahr gültige
Renteneintrittsalter von 65 Jahren.
Kein Wunder, dass der Altersdurchschnitt so angewachsen ist, wenn
man den Vergleich mit den unter Zwanzigjährigen anstellt, stehen dem
doch entschieden mehr Menschen aller darauf folgenden Jahrgänge entgegen
und das Stat. Bundesamt prognostiziert ihnen ja eine Lebenserwartung
von immerhin 83,07 Jahren. Doch halt!! Hier stimmt was nicht, denn
gleichzeitig veröffentlicht das Amt ja die
aktuelle Sterbetafel für Deutschland,
gültig für 2008 bis 2010, denn nur alle zwei Jahre werden diese Daten
erhoben. Dort steht bei Neugeborenen (Männer) eine durchschnittliche
Lebenserwartung von 77,51 Jahren, was einen Unterschied in der
Rentenbezugsdauer (denn darum geht es doch) gegenüber den
Trendrechnungen von Minus 5,56 Jahren aus. Beide Statistiken sind vom
gleichen Amt erstellt, dabei sollen die Generationensterbetafeln die
Entwicklung darstellen, die in zwei Modelrechnungen (Trend V1 und Trend
V2) dargestellt werden, die Excel-Datei aber die aktuellen Werte, Werte,
die es nicht wirklich gibt, denn auch diese Werte sind nichts als
Hochrechnungen. Aber müssten sie nicht in die Langzeitdarstellung mit
einfließen? Wie also kann es sein, dass die beiden Trenddarstellungen in
den Langzeittabellen derart höhere Werte zeigen, wobei Trend V2 eine
nochmals um 3,31 Jahre über dem Trend V1 angegeben wird.
So aber nun ist Feierabend