Hallo Detlev,
gratuliere zu Deinem Entschluss, nach Gribow (Grzybowo) zu fahren. Kolberg kannst Du sehr gut am Strand entlang erreichen, wie Choma geraten. Zurück mit Bus oder ggf. per Taxi (ist spottbillig - auch aufgrund des derzeitigen Währungsgefälles).
In Kolberg bitte unbedingt das Museum besuchen; an der Hauptstaße gegenüber vom Dom/Kathedrale, auffällig durch die Eingangstreppe auf dem Bürgersteig. Über dem Eingang auch auf Deutsch "Die Geschichte von Kolberg". Drinnen eine deutsche Abteilung mit Exponaten aus früher Zeit (auch Mittelalter), die beim Wiederaufbau der zu 80%-zerstörten Innenstadt gefunden wurden. Außerdem Stadt-Modelle des mittelalterlichen Kolbergs und des wendischen Kolbergs (lag 2km landeinwärts an der Persante, das spätere Dorf "Altstadt", polnisch Budzistowo, heute nach Kolberg eingemeindet). Lass Dir im Museum auch den deutschsprachigen Kurzfilm von Kolberg zeigen (bestehend aus Ansichtskarten aus der Zeit vor 1945). Das Haus, in dem sich das Museum befindet, wird auch noch heute "Braunschweigsches Haus" genannt (eine Tochter des Erbauers Plüddemann hatte einen Braunschweig geheiratet und das Haus als Mitgift eingebracht). Dieses Haus ist das einzige in der Straße aus der Zeit vor 1945. Alle anderen Gebäude wurden im März 1945 zerstört.
Im Dom (Kathedrale) befindet sich (wenn man das Kirchenschiff betritt, rechts) eine Tafel mit Bildern des letzten deutschen Dom-Pfarrers Paul Hinz, als Dank für die Rettung der alten und wertvollen Domschätze, wie Schlieffenkrone (Decken-Leuchter), großer 7-armiger Leuchter, Taufbecken usw. Entgegen aller Vorurteile in Deutschland: in einer poln. kath. Kirche (dort auch Fotos von Gemälden mit Luther und dem Pommern-Reformator Bugenhagen, die heute in Quedlinburg sind). Zur Info (steht in keinem Reiseführer): Der stark beschädigte Dom sollte nach 1945 abgerissen werden, wurde aber verhindert durch Einspruch des polnischen Militärs, das in den noch überdachten Teilen Panzer und Artilleriegeschütze für Museumszwecke untergestellt hatte. Späterer Wiederaufbau durch Kirchengelder und Spenden.
Die Innenstadt wurde nach dem Entwurf eines polnischen Architekten neu aufgebaut, da vollkommen zerstört und keine Pläne von früher vorhanden. Nur wenige Gebäude stammen aus der Zeit vor 1945 oder wurden wieder aufgebaut, wie Braunschweigsches Haus, Rathaus, Wassertutm, Wolff´sches Mühlenhaus, Lunten/Pulverturm,Landratsamt (heute Hotel Centrum), Post (heute auch Post) Gericht (heute Polizei) usw. Der Architkt hat eine gewachsene Stadt konzipiert, d.h. Fronten und Giebel der Häuser aus unterschiedlichen Zeitepochen - wie eben eine gewachsene Stadt; nicht das ermüdende Einerlei wie in anderen, auch deutschen Neubaugebieten. Seine Kunst war, alles so zu komponieren, daß es trotz der verschiedenen Stilrichtungen zu einander passt. Die Innenstadt ist ein wohl tuender Kontrast gegenüber den Plattenbauten rings umher.
Ansonsten ist Kolberg eine weltoffene, liberale Stadt - sowohl hinsichtlich der Einwohner als auch der Stadt-Verantwortlichen. Im Jahr 2000 hat Kolberg als erste polnische Stadt ein deutsches Lapidarium errichtet, d.h. die noch vorhandenen deutschen Grabsteine an würdiger Stelle aufgestellt - mit einem Gedenkstein mit deutscher und polnischer Inschrift zum Andenken an die früher deutsche Bevölkerung der Stadt. Auch seit 2000 legen der jeweilige polnische Stadtpräsident ( = Bürgermeister) und der Vorsitzende der deutschen Kolberger Heimatvertrieben gemeinsam Blumen an das polnische Soldaten-Ehrenmal und auf ein deutsches Soldatengrab auf dem polnischen Friedhof - am Jahrestag der Beendigung der Kämpfe um Kolberg (18.3.1945).
Kolberg ist also in jeder Hinsicht eine sehens- und liebenswerte Stadt.
Dies auf die Schnelle
Gruß aus dem Allgäu von einem Kolberger, der noch in der letzten Woche in der Stadt seiner Familie war, die schon 1233 dort nachgewiesen ist.
www.kolberg-koerlin.de