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Montag, 5. November 2012, 19:39

Radtour 2007 Ahlbeck-Gdańsk-Ventspills

Radtour Ahlbeck-Gdansk-Ventspills

I. Teil Ahlbeck-Władysławowo

Da es sich um meine private Tagebuchaufzeichnung/E-Mail-Aufzeichnung handelt, sind natürlich Fehler und
subjektive Empfindungen nicht ausgeschlossen. Also, entschuldigt es bitte jetzt schon
mal!!! Auch, dass ich so wenig über Kultur berichte. Für mich stand das Radfahren im Vordergrund. Also los geht's!!!



Samstag, 02.06.2007 Borna - Ahlbeck - Dziwnow 52 km

Pünktlich um 04.00 Uhr sind wir (Simone, Stefan, Matthias, Mario und ich/Frank) mit den Autos von Leipzig u. Umgebung nach Ahlbeck/Ostsee gefahren. Nach wochenlanger Vorbereitung hieß es endlich wieder Abenteuer Radtour und dann noch durch Polen, Russland/Kaliningrad, Litauen bis nach Lettland. Im Vorfeld warnten uns Freunde, Bekannte und Verwandte vor dem "wilden Osten". Angeblich würde man uns die Räder unter den Hintern wegklauen. Von denen war zwar noch niemand da, aber ..... Egal, wir ließen uns nicht beirren.
Gegen 10:30 Uhr sind wir in Ahlbeck/Grenze angekommen. Die Autos durften wir auf dem Parkplatz der Bundespolizei abstellen. Wo sie jetzt noch stehen müssten...hoffentlich.

Um 11:30 sind wir gestartet und mussten uns erst mal bei all den deutschen Zigarettenkäufern durchschlängeln. In Swinoujscie haben wir uns bis zur Fähre durchgefragt. Dort half uns ein polnischer Radfahrer den richtigen Weg zu finden. Die Fähren sind andauernd gefahren und haben uns nichts gekostet. Da es Samstag war, konnten wir auch recht problemlos auf der E 65 fahren (wenig Verkehr). Irgendwann haben wir dann die Ostsee gesehen. Wie die kleinen Kinder haben wir gestaunt und wir haben dort eine kleine Pause gemacht. Das Wetter war aber nicht zum Baden geeignet. Weiter ging es dann auf der Straße bis Dziwnow. Nach kurzer Sucherei haben wir um 15:45 Uhr eine geeignete Pension gefunden. Auf dem Tacho standen 52 km. Wir haben 3 hübsche Zimmer bekommen. Nach dem wir geduscht waren, sind wir durch den Ort gelaufen - auf der Suche nach Essen. Man merkte aber noch, dass dort viele deutsche Grenzgänger unterwegs waren...viel Schnickschnack und so. In einem Fischrestaurant haben wir königlich gegessen und getrunken. Irgendwann hatten auch wir die nötige Bettschwere.

Sonntag, 03.06.2007 Dziwnow - Ustronie Morskie 86 km

Die Nacht haben wir alle gut geschlafen ... zumindest haben es alle gesagt. Das Frühstüksbuffet ab 08:30 Uhr war ein Traum. Gut gestärkt und mit vielen warmen Worten, haben wir uns bei den Wirtsleuten (sprachen deutsch) verabschiedet. Das Wetter war zum Radfahren o.k., aber es fehlte die Sonne. Wie ich der Simone vor der Radtour versprochen hatte, gab es Westwind...na ja, der Wind wehte nach Westen, genau uns entgegen. Wir haben aber dafür gesorgt, dass Simone im Windschatten fahren durfte. Matthias bekam das grüne Trikot. Er durfte als letzter fahren und mit der grünen Warnweste den Verkehr vor uns warnen. Jetzt erst mal ein paar Worte zu den Menschen hier. Vorurteile gegenüber den polnischen Landsleuten gibt es ja reichlich, doch was ist dran? Angst um unsere sieben Sachen hatten wir nicht, im Gegenteil. Die Straßen, Wege und Pensionen sind sehr sauber. Müll in den Wäldern findet man nicht. Die Menschen sind nicht gerade sehr gesprächig, nur wenn es zum Business gehört, sind sie echt freundlich. Aber vielleicht liegt es an uns, dass wir einfach zu wenig polnisch sprechen und so keinen Draht zu Ihnen finden konnten. Wenn man aber erst mal das "Eis gebrochen" hat, sind die Menschen hier sehr freundlich.
Auf der zweiten Etappe haben wir einen Abstecher nach Treptow a. der Rega gemacht. Dort haben wir uns die Kirche angeschaut und unsere große Pause am Fluss Rega gemacht. Die Landschaft, ca. 10 km vom Meer entfernt, war flach, ursprünglich und von der Landwirtschaft geprägt.
In Kolberg habe wir uns Kaffee und Eis genehmigt. Eine Kirche haben wir auch besichtigt. Dann kam der erste Regen und wir haben die letzten Kilometer in Regenkleidung zurückgelegt. Nach 86 Kilometer haben wir in Ustronie Morskie ein wunderschönes Hotel gefunden. Das war noch mal eine Steigerung zum Vortag. Simone hat uns versprochen, dass wir uns jeden Tag steigern. Heute stand auch mal Wäsche auf dem Programm. Nach ausgiebigen Mahl und einigen Bier ging es dann ins Bett.

Montag, 04.06.2007 Ustronie Morskie - Ustka 111 km

Das Frühstücksbuffet war Spitze. Gut gestärkt ging es dann auch auf Tour. Heute wollten wir fernab von großen Straßen fahren. Ist uns auch gelungen, Der Radweg R 16 hatte auch viele Überraschungen parat, Waldwege, Sand und einige Löcher. Aber wir haben Kilometer gespart und die Stimmung war sehr gut. Dann, man glaubt es kaum, kam die Sonne zum Vorschein und Stefan konnte endlich baden gehen. Fühlbare Temperatur waren es 15° C. Dann mussten wir einen größeren Umweg in Kauf nehmen, weil die Wege für Radfahrer nicht geeignet waren.
In Rügenwalde haben wir einen Abstecher zur Herzogenburg gemacht. Simone durfte dort 10 Minuten schlafen. Unterwegs haben wir oft eine Pause gemacht und uns gestärkt. Bisher hatten wir nur 70 Kilometer auf dem Tacho. So haben wir uns dafür entschieden, weiter zu fahren und bis Ustka eine Unterkunft zu suchen. Aber in den Dörfern wollte uns keiner verstehen. So sind wir eben bis Ustka gefahren. Kurz vor dem Regenguss, kamen wir in ein wunderschönes Hotel. Da es hier so stark regnete und es im Hotel kein Essen gab, hat uns der Hotelchef Pizza bestellt. Die hat echt gut geschmeckt, wie auch das Bier. Der Inhaber des Hotels sprach deutsch und war super nett. Vom Frühjahr bis zum Herbst führt er das Hotel und vom Herbst bis Frühjahr ist er als Kapitän auf einem Schiff unterwegs. So ist auch das Hotel von Innen dekoriert. Seekarten, Kompass, Fischernetze - einfach toll.


Dienstag 05.06.2007 Ustka -Poraj 105 km

Nach einem reichlichen Frühstück (Radler haben immer einen Bärenhunger), ging es auf Tour. Dieser Tag sollte ein Regenerationstag werden. Die Sonne meinte es anfangs richtig gut mit uns, diese verzog sich aber wieder, als wir einen Stopp im Ostseebadeort Rowy mache wollten. Da es zu kühl für ein Bad war, sind wir nach einem Kaffee/Tee auf den viel gepriesenen Europaradweg R 10 durch einen Nationalpark gefahren. Leider waren die Wege derartig versandet, dass wir nur langsam vorankamen. Die Mücken (sehr hungrig) haben uns ordentlich zugesetzt. Die Worte, die wir alle paar Minuten riefen, war "Vorsicht - Sand!!!". Viel von der Landschaft bekamen wir nicht mit, selbst einen Elch oder einen Bären hätten wir nicht bemerkt. Die Räder gut bepackt, dünne Reifen und dann die Sandwege, verlangten all unsere Konzentration. Wir haben uns dann entschieden, einen längeren Umweg über eine Landstraße zu fahren. Leider mussten wir unseren Plan, nach Łeba zu fahren, begraben. De Sandwege nördlich des Sees waren nicht passierbar. Ab Kluki gab es auch keine Fähre nach Łeba. Schade!!!
Gegen 18:30 Uhr kamen wir in einem Dorf namens Poraj an, wo wir in einem alten Gutsherrenhaus unterkamen, welches sich als ein tolles Hotel entpuppte. Der Service übertraf mal wieder unsere Erwartungen. Eine junge polnische Frau (sprach gut Englisch) hat sogar unsere Wäsche gewaschen und draußen aufgehängt. Ich durfte ihren privaten Laptop für das Internet nutzen. Das kaschubische Essen war delikat. Was will man mehr. Lange Zeit hielten wir uns aber nicht wach und so ging es nach zwei Bier ins Bett. Ach so, die Zimmer waren mit herrlichen Stilmöbeln eingerichtet und sehr groß.

Mittwoch 06.6.2007 Poraj - Władysławowo 69 km

Heute ging es auch erst um 09:30 Uhr los. Die Straßen waren nicht stark befahren und führten, ca. 15 km vom Meer entfernt, durch die schöne Pommernlandschaft hindurch. Die Wiesen sind saftig, es roch nach Heu und die kleinen Dörfer waren natürlich und einfach. Unterwegs besichtigten wir ein Kloster. Davor war ein Friedhof, wo man noch sehr viele deutsche Namen lesen konnte. Die Strecke war sehr hügelig und dadurch auch etwas anstrengend. Wir waren gegen 15:3o Uhr in Wladyslawowo und sind im Hotel Peking (3 Sterne) untergekommen. In dieser Stadt Wladyslawowo beginnt die Zufahrt zur Halbinsel Hel. Uns allen geht es gut. Es gab noch keine Pannen und wir können noch aufrecht im Sattel sitzen. Nachdem ich aus dem Internetcafé kam, musste ich erst mal die 4 suchen. Es war nicht allzu schwer ... in einem Biergarten. Viel hatte die kleine Stadt nicht zu bieten. Da uns der Magen knurrte, wie eigentlich jeden Tag nach einer Tour, beschlossen wir, in unserem China-Hotel auf polnische Art, chinesisch zu essen. Übrigens soll es das beste Chinarestaurant von ganz Polen sein. Welch ein Glück wir da hatten. Geschmeckt hat es echt prima. Simone und Stefan (unser Ehepaar) waren müde. Mario, Matthias und meine Wenigkeit sind dann noch durch die Stadt gezogen. Auf der Suche nach einem hübschen Platz, kamen wir in eine Art polnischen Jugendclub. War ganz lustig dort. Nach ein paar Bier überkam uns die Lust, Billard zu spielen.
Der einzige Billardtisch wurde für uns frei gemacht. Auf der Toilette musste Matthias noch einen Streit zwischen einem Pärchen schlichten. Das Mädel kam später noch vorbei und entschuldigte sich ganz herzlich, mit vielen polnischen Worten. Wir verstanden natürlich gar nichts. Aber der Kellner übersetzte alles ins Englische. Der Raum wurde dann auch leerer .... ich weiß aber nicht, ob es an der späten Zeit lag, an unserem Knoblauchgestank (dank Matthias, der uns jeden Morgen mit solchen Zehen verwöhnte) oder ob wir einfach zu gut spielten. Nach einigen Spielen sind wir dann auch schlafen gegangen.

So, dass war der erste Teil.....

Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von »benki« (5. November 2012, 20:03)


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Mittwoch, 7. November 2012, 16:58

RE: Radtour 2007 Ahlbeck-Gdańsk-Ventspills

Radtour Ahlbeck-Gdansk-Ventspills

II. Teil Władysławowo - Braniewo


Donnerstag, 07.06.07 Władysławowo - Gdansk 37 km

Heute befuhren wir die 34 km lange Halbinsel Hel bis zum Ende. Das war einer der schönsten Abschnitte auf der Reise. Die Sonne schien, es roch Kiefern, rechts war die Pucker Bucht zu sehen und gleich hinter dem Kiefernwald war die Ostsee, in nur wenigen Metern zu hören und zu sehen. Die Halbinsel hat sich zu einer traumhaften Urlaubsregion entwickelt. Gegen 12:30 Uhr kamen wir in dem Touristenort Hel an. Die nächste Fähre fuhr aber erst um 15:30 Uhr. So haben wir die Zeit in der Sonne genossen. Simone und Stefan haben sich eine Kirchenzeremonie angeschaut und waren dann noch baden. Wir drei Kulturbanausen haben es uns an der gut besuchten Promenade, in einem sehr schönen Biergarten bequem gemacht. Dort gab es lecker Bier, Essen (Matthias hat irgendwie mehr Magenkapazität als ich, die Bestellung von ihm nahm gar keine Ende) und viel zu sehen. An dieser Stelle kann ich nur sagen, dass die polnischen Frauen sehr Modebewusst sind und auch wunderschön. Nachdem wir uns die Augen verblitzt haben, ging es zur Fähre, die auch reichlich gefüllt war. Die Fährfahrt dauerte 1 /2 Stunden und führte direkt in die Altstadt von Gdansk. Was wir in der kurzen Zeit schon sahen, war sehr schön. Da wir keine Unterkunft vorgebucht hatten, mussten wir nun einen bezahlbaren Schlafplatz suchen. Das war nicht so einfach. Billigpensionen und Billighotel scheint es dort nicht zu geben. In einem Hotel hätten wir für 200 € ein Doppelzimmer bekommen, aber das war uns doch zu teuer. Letztendlich kamen wir in einem Hostel unter. Danke noch mal an die netten Polizisten, die uns den Weg mit ihrem Streifenwagen zeigten. Wir durften mit den mit Rädern folgen. In dem Hostel kamen wir in einem nicht abschließbaren Raum, für ca. 12 € unter. Darin standen drei Doppelstockbetten. Essen konnte man sich selber aus dem Kühlschrank nehmen. Das Hostel war in einem alten Wohnblock, direkt neben den Bahnschienen und einer Hochstraße gelegen. Dir Räder durften wir im Hostel abstellen. Das Bad war ein Gemeinschaftsbad und über die Toiletten möchte ich hier nicht schreiben. Simone hatte uns für jeden Tag eine Steigerung der Unterkünfte versprochen - wie sie doch recht hatte. Aber wir waren doch zufrieden, endlich was gefunden zu haben. Es war auch nicht zu weit von der
wunderschönen Altstadt entfernt war. Für die Stadterkundung haben wir uns getrennt. Simone und Stefan haben ihre Runde gemacht und wir 3 Alleinstehenden (auf der Tour) machten unsere Runde. Mittels SMS wollten wir uns irgendwo treffen. Gut dass wir vorher darüber geredet haben, geklappt hat es nicht. So kann ich nur von dem Herrenausflug berichten. Die Altstadt ist eine Perle, so viele schmucke, rekonstruierte, alte Häuser. Am späten Abend traten wir den Rückweg zum Hostel an und trafen dann auf Simone und Stefan. Bi einem Bier erzählten wir von unseren Erlebnissen. Irgendwann kamen wir im Hostel an. Zum Glück kann ich mit Ohropax schlafen, so blieb mir die Geräuschkulisse von außerhalb erspart und ich schlief sehr gut. Simone hatte uns mehr oder weniger bewacht, weil sie nicht schlafen konnte.

Freitag, 08.06.07 Gdansk - Braniewo ca. 70 km


Heute lag unsere letzte Tagesetappe in Polen vor uns. So gegen 06:45 Uhr waren alle wach. Mit dem Packen waren wir schon gut geübt und so verließen wir Ratzfatz die Herberge. Frühstück gab es um 08:00 Uhr in einer Konditorei.
Nach dem Frühstück mussten wir die große Stadt durchqueren. Es war hier nicht so einfach zu fahren, denn unsere Route führte auf einer mehrspurigen Schnellstraße quer durch die Stadt. Nach anfänglicher Diskussion, wie wir am besten fahren (Gehwege oder Schnellstraße), habe ich erklärt, wie man in Formation fährt und eine Spur für sich einnimmt. Das klappte sehr gut. Mein besonderes Lob geht an dieser Stelle an Mario, der uns von hinten, den Rücken frei hielt. Von dem Tag an, war er der Träger des grünen Trikots - unser Regulierer.
Simone überwand auch schnell ihre Angst ... nein ich soll es Vorsicht nennen. Aber Vorsichtig waren wir alle bis zum Schluss. Die deutschen Autofahrer hätten wohl nicht so viel Verständnis aufgebracht, wie die polnischen. Es gab keine Situation, wo wir beschimpft, ausgebremst oder mit Huporgien belästigt wurden, nicht einmal quietschende Reifen waren zu hören. Nach dem wir die Stadt verlassen und drei dicke Kreuze gemacht haben, fuhren wir wieder auf wenig befahrenen Straßen, in Richtung"Frische Nehrung". Unterwegs mussten wir mit einer Fähre die Weichsel queren (kostenlos). Der Fährmann, war der einzige der wusste, dass es eine Fähre über das frische Haff gibt, aber die Fährzeit wusste selbst er nicht. Informationen über Abfahrtszeiten von Fähren oder ob überhaupt eine Fähre fährt, sind auf der Straße, selbst von Polizisten nicht zu bekommen.
Nun hatten wir Gewissheit, dass wir getrost bis Krysnica Morska fahren können, um von dort mit einer Fähre nach Fromborg überzusetzen. Unterwegs machten wir Halt an der Gedenkstätte"Konzentrationslager Stutthof". Dort wurden in der Nazi-Zeit viele tausend Juden, die polnische Intelligenz und russische Kriegsgefangene eingesperrt, zur Arbeit gezwungen und getötet. In Krysnica Morska kamen wir um 13:30 Uhr an. Um 14:00 Uhr ging die Fähre in Richtung Fromborg ab. Nach einer halben Stunde Fahrt waren wir in Fromborg. Noch schnell ein Kaffee, Dom besichtigen und weiter gin es ins 10 km entfernte Braniewo (ehemals Braunsberg). Das Hotel Warwa war eine gute Wahl. Nach dem Duschen suchte ich wiederum vergeblich ein Internetcafé. Da kommt man auch in Straßenzüge, wo man genauestens beobachtet wird. Ich beschloss den Rückmarsch. Später saßen wir noch im Biergarten unseres Hotels. Dort war auch eine deutsche Familie. Eine ältere Frau erzählte, dass sie hier in Braunsberg geboren wurde und die große Flucht über das frische Haff miterlebt hat. Es war eine traurige Geschichte. Bei der auch viele Tränen flossen. Sie war nun mit ihrem Mann, Kindern und Enkeln dort, um ihre persönlichen Erlebnisse aufzuarbeiten. Es war für sie bestimmt kein leichter Gang. Diese Geschichte berührt mich heute noch.

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Mittwoch, 7. November 2012, 23:24

RE: Radtour 2007 Ahlbeck-Gdańsk-Ventspills

Radtour Ahlbeck-Gdansk-Ventspills

III. Teil Braniewo/Polen - Kaliningrad/Russland - Nida/Litauen

...ist zwar die Rubrik "Urlaub in Polen", doch ich hoffe, dass ich den Bericht Länderübergreifend beenden darf... :prosi

Samstag, 09.06.07 Braniewo - Kaliningrad 69 km


Hurra, heute fahren wir nach Russland! Der Tag war wieder mal sehr sonnig. Um 09:15 Uhr ging es los. Unsere letzten Złoty gaben wir im Supermarkt aus. Nach 8 km erreichten wir den Grenzübergang. Wir fuhren an der Fahrzeugschlange vorbei bis zum ersten Schlagbaum. Nun waren wir ganz aufgeregt, ob man uns mit Rädern einreisen lässt, da dieser Grenzübergang offiziell nicht mit Rädern passiert werden darf. Eine russische Frau fragte uns auch gleich, ob wir ein Visum für Russland hätten und dass sie nicht glaubt, dass wir mit den Rädern einreisen dürfen. Das nennt man"Mut machen". Aber für den Fall der Fälle, bot sie uns an, dass wir im Bus über die Grenze mitfahren könnten. Für uns öffnete sich der Schlagbaum wenig später, Pass vorzeigen, alles o.k. und schon verließen wir Polen.Polen hat uns positiv überrascht. Alle bösen Vorurteile von Freunden und Bekannten sind nicht eingetreten. Wir wurden nicht schief angeschaut, mit anderen Worten, wir fühlten uns sehr wohl in Polen.

Auf der russischen Seite war man uns gegenüber freundlich, aber sehr bestimmt. Wir mussten 2 Zettel ausfüllen. Diese Zettel nahmen wir mit zur Passkontrolle. Nach kurzer Überprüfung unseres Passes und dem russischen Visum, bekamen wir einen Einreisestempel. Weiterhin wurde uns ein Zettel mit Stempel in den Pass getackert, den wir bei der Ausreise abgeben sollten. Jetzt waren wir in Russland. Was würde uns hier wohl erwarten?
Die erste Amtshandlung war, dass wir die Uhr um eine Stunde vorstellen mussten.
In der ersten Stadt - Marmonovo- machten wir Pause. Dort sahen wir eine Hochzeitsgesellschaft. Am liebsten hätten wir gratuliert, aber die Gastfreundschaft hätte uns bestimmt einen Tag Kater-Beschwerden beschert. Also konzentrierten wir uns auf unser Ziel - Kaliningrad.
Weiter ging es auf der noch wenig befahrenen und gut asphaltierten A 194 in Richtung Kaliningrad. Ich versuchte mehrmals Sergej (von unserer gebuchten Pension) anzurufen, aber leider ohne Verbindung oder besetzt.
In Ladushkin machten wir ebenfalls Pause und wollten am Automaten Rubel ziehen. In einem "Magasin" fragte ich: "Giedje bankomat?"; Mit vielen russischen Worten, gaben sie mir zu verstehen, dass sie mich nicht verstehen: "Niej Panimaju!". Ich gab jedoch nicht so schnell auf. So zeigte ich den freundlichen Verkäuferinnen auf das Bild eines Bankautomaten (aus dem Buch: Langenscheidt "Ohne Wörter-Buch") - sieht international aus. Gleich sagten beide: "Ahh , bankomat!!"
Auf Papier beschrieben sie mir den Weg zum Bankautomaten. Dort angekommen sagte man uns: "Bankomat nijet rabotajet". Toll, nun hatten wir immer noch keine Rubel. Neben dem "Magasin" befand sich auch eine Bar / Café, wo Bauarbeiter ihre wohlverdiente Mittagspause, bei Wodka und Fisch machten. Im Café gab ich der Frau zu verstehen, dass wir keine Rubel hätten, sondern nur Euro und fragte, ob wir Kaffee bekommen könnten. Sie gab mir zu verstehen, dass sie keine Rubel annehmen kann, uns aber ohne Bezahlung Kaffee geben würde. Uns reichte aber schon heißes Wasser , da wir Kaffeepulver dabei hatten und so zeigte ich auf den Wasserkocher und unseren Kaffeepulver. Die Frau sagte"Dawei, Dawei!!". Ich schenkte ihr noch einen Kugelschreiber und wir waren alle glücklich. Nach der Pause sind wir weiter in Richtung Kaliningrad geradelt. Der Verkehr wurde lebhafter und kurz vor der Stadt badeten wir noch in einer Kiesgrube .... welch eine Wohltat bei der Wärme. Bei dem dichten Verkehrsaufkommen, hieß es wieder dicht zusammenbleiben und Konzentration. Auf der Straße war ein riesiges Loch und ich rief: "Loch". Dreimal hörte ich die Wiederholung der Warnung von Stefan, Simone und Matthias, der letzte im Bunde...Mario fuhr durch das Loch, dass es nur so krachte. Zum Glück ist Mario und seinem Rad (Marke "Mifa" aus dem Baumarkt) nichts passiert. Nur seine Radtasche fiel auf die Straße. Ein Bus bremste scharf und hielt vor der Tasche. Es ensatnd gleich ein kleiner Stau. Mario konnte seine Radtasche retten. Stefan, unser Mechaniker, hatte genug Kabelbinder dabei, um die Tasche wieder am Rad zu fixieren.
In Kaliningrad angekommen, mussten wir nur noch die Pawlover Uliza finden. Wir entschieden uns, einen Taxifahrer zu fragen. Am Straßenrand fanden wir auch gleich einen Taxifahrer. Er zeigte uns nach längerem Suchen auf seiner Straßenkarte, die Pawlover Uliza, welche im Norden der Stadt sein sollte und wir waren gerade mal im Süden. Ich fragte ihn, ob er uns dorthin führen könnte. Für 250 Rubel (sind etwa 8 Euro) wollte er es machen. Er gab uns zu verstehen, dass er nicht ständig langsam vor uns herfahren kann, sondern er würde uns immer kurze Abschnitte zeigen, die wir befahren und dort wartet er oder kommt hinzu, wenn wir schon da sind. Auf den Taxifahrer war Verlass. Ich denke mal, er staunte nicht schlecht über unsere Fahrkünste auf, zum Teil abenteuerlichen Straßenabschnitten (Kopfsteinpflaster, Gully Deckel ohne Metallring, also tiefer liegend und richtig tiefe Löcher), und über unsere Disziplin. Auch hier verhielten wir uns, wie in Gdańsk und kamen gut voran.Auch eine Vierspurige Straße meisterten wir routiniert. Eine rote Ampel zeigte am Display an, dass es noch 17 Sekunden dauert, bis es grün wird. Just in diesem Moment sprang Simone die Kette runter. Wir hielten Simone ihr Rad hinten hoch und Stefan fädelte die Kette wieder ein. Etwas chaotischer ging es über die Kreuzung, ein Bus kam mir gefährlich nahe, aber ich fand Schutz neben einen Kleinlaster. Später wäre beinahe ein Besoffener in Simones Rad gestürzt und ein kleiner Hunde, so groß wie eine Ratte, rannte Stefan kläffend hinterher. Das sah lustig aus und der Hund hatte richtig Ausdauer.
Aber irgendwann blieb der Hund, ich nenne ihn mal Hasso, entmutigt stehen und musste sich übergeben. Nach langem Suchen und durstigen Kehlen kamen wir endlich in der Pawlover Uliza, bei der Pension "Klaudia" an. Dort wurden wir herzlich von der Familie Tschunosow empfangen. Wir erfuhren auch, dass es hier zwei "Pawlover Uliza" gab. Alexander, der Inhaber, spricht gut Deutsch und seine Frau Klaudia konnte auch einige Brocken deutsch. Die Verständigung klappte also gut. Hinter dem Haus war ein schöner Garten und im Schatten tranken wir unser erstes russisches Bier ... ahh, das war ein Genuss. Unsere Wäsche konnten wir dort auch waschen. Klaudia hat uns ein richtig tolles Abendmenü gekocht. Das schmeckte wirklich lecker. Sergej, der Sohn, fuhr mich durch die schöne Stadt, erzählte viele interessante Dinge (er kann auch gut deutsch) und zeigte mir einen funktionierenden Bankautomaten. Endlich Rubel!!!
Am Abend fuhr uns noch Alexander in die Stadt, wo wir planlos herumliefen und noch was tranken. Um 23:00 Uhr holte uns Alexander wieder pünktlich ab. Geschafft fielen wir in die Betten. Mücken gab es dort leider reichlich.

Sonntag, 10.06.07 Kaliningrad - Nida (Litauen) 92 km

Heute hieß es schon wieder Abschied nehmen. Leider haben wir nicht viel von Kaliningrad gesehen. Wir hatten uns keinen Zeitpuffer zum längeren Verweilen eingebaut. Das mache ich auf den zukünftigen Radtouren anders. Alexander zeigte uns eine Abkürzung zur Schnellstraße nach Zelenogradsk. Auf der Straße fuhren viele Autos in Richtung Meer zum Erholen. Für uns waren die 25 km keine Erholung, weil wir ständig aufpassen mussten. In Russland fährt man doch etwas aggressiver, als in Polen und man ließ uns sehr oft spüren, dass wir armselige kleine Radfahrer waren. In Zelenogradsk kauften wir in einem Supermarkt Lebensmittel. Dort gab es ein reichhaltiges Angebot und wir deckten uns für die kommenden Kilometer ein. Auf der Zufahrt zur insgesamt 100 km langen Kurischen Nehrung war Stau. Dochls Radfahrer kann man bequem an den Blechkisten vorebi fahren. Maut mußten wir nicht bezahlen. Das soll so eineArt Umweltmaut sein. Endlich waren wir auf der Nehrung. Man sieht aber nur Wald und eine kerzengerade Straße. Von der Ostsee oder vom Haff war nichts zu sehen. Nach einigen öden Kilometern, fanden wir einen Zugang zur Ostsee und legten dort für eine Stunde Bade-Stopp ein. Bis auf einige wenige Russen, gehörte der Strand uns. Hier war es sehr wunderschön. Blauer Himmel und Meer, weißer Strand und der Kiefernwald ergaben einen schönen Kontrast.
Weiter ging es auf der Nehrung. In Rybací machten wir noch eine Pause und vertranken unseren letzten Rubel.
Nach weiteren 15 km erreichten wir die russisch- litauische Grenze. Ganz stolz konnten wir nun behaupten, dass wir Russland mit dem Rad, an nur einem Tag durchfahren haben. Mir hat es in Russland gut gefallen und ich werde bestimmt noch mal dorthin fahren und mir mehr Zeit nehmen. Die Abfertigung an der Grenze war problemlos. Nida ist Touristenort.Man merkt es an den vielen Hotels,en schicken Häusern und den feinen Restaurants d auch an den Preisen. Aber es ist hier traumhaft schön. Direkt am Haff gelegen und südlich die riesige Sanddüne. Nach einem Spaziergang am Haff fanden wir ein schönes Restaurant mit Freisitz, Blick auf das Haff und der Höchsten Sanddüne Europas. . Im Restaurant unterhielten wir uns noch mit einem deutschen Ehepaar, die mit dem Wohnmobil aus Richtung Riga kamen und uns vieleTipps geben konnten. Am späten Abend ging es zurück ins Hotel.

...ein paar Teile werden noch folgen...

Choma

Babcia

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Donnerstag, 8. November 2012, 00:12

RE: Radtour 2007 Ahlbeck-Gdańsk-Ventspills

Zitat

od benki
...ist zwar die Rubrik "Urlaub in Polen", doch ich hoffe, dass ich den Bericht Länderübergreifend beenden darf... :prosi

NATUERLICH!!!

Zitat

...ein paar Teile werden noch folgen...


:okok
Signatur von »Choma« Jeśli potrafisz śmiać się z siebie, będziesz miał ubaw do końca życia :D

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Donnerstag, 8. November 2012, 15:02

RE: Radtour 2007 Ahlbeck-Gdańsk-Ventspills

Radtour Ahlbeck-Gdansk-Ventspills

IV. Teil Nida/Litauen - Jürkalne/Lettland

Montag, 11.06.07 Nida - Klaipeda 53 km

Heute wollen wir uns Zeit nehmen und wandern vor dem Frühstück auf der Sanddüne herum. Der Aufstieg auf die ca. 60 m Höhe Sanddüne bereitet uns keine Schwierigkeit, wir sind doch durchtrainiert. Die Aussicht von oben ist herrlich. Unten ist Nida, direkt am Haff. In Richtung Süden, Sand soweit das Auge reicht und Russland ist auch schon in Sichtweite. Im Westen ist die Ostsee zu sehen. Bei dem schönen Wetter wären wir am liebsten ewig herumgewandert, aber wir haben schon Sehnsucht nach den Rädern. Nach dem Packen nehmen wir unser Frühstück ein. Gegen 10:45 Uhr fahren wir los. Heute bleiben wir auf den Europaradweg R 10, immer nahe am Meer. Es ist ein herrlicher Radweg. Wir legen noch einen Badestopp bei Juodgrante ein und erreichen gegen 15:40 Uhr die Fähre nach Klaipda. In der Hafenstadt suchen wir ein Hotel und werden schnell fündig. Duschen, Wäsche in die Reinigung ... ja, den Luxus gönnen wir uns... und dann rein in die Stadt. Wir schlendern durch die verwinkelten Straßen, genießen die Atmosphäre und landen bald in einem Restaurant, da wir wieder Hunger haben. Eine Hauptspezialität in Litauen scheinen geräucherte Schweinsohren zu sein. Ich dachte bisher nur, dass es ein Leckerli für Hunde ist. Stefan war unser Vorkoster. Er verzieht keine Miene, also kosten wir auch.
O.K. ich werde zukünftig nicht meinem Hund die Schweinsohren wegnaschen...brrr. Unterwegs kaufen wir im Supermarkt Proviant für den nächsten Tag ein und kehren spät ins Hotel zurück. Die Wäsche ist gewaschen und trocken - toll.
Hier mal ein Exkurs wie Radfahrer ihre Wäsche sonst auf Radtouren reinigen. Nicht das noch jemand denkt, wir fahren mit den verschwitzten Sachen 2 Wochen durch die Gegend.
Also, wir steigen nach der Tour in kompletter Kleidung unter die Dusche, seifen die Sachen am Körper, mit einem milden Waschmittel ein, verreiben alles schön. Dann alles in der Dusche ausziehen und auf dem Boden ausbreiten. Jetzt kand man sich selbst duschen und trampelt auf den Sachen herum. Nach der Dusche alles ausspülen und dann alles in einem Handtuch einwickeln und auswringen. Im Zimmer wird eine Schnur gespannt und die Wäsche kann da bis zum nächsten Tag trocknen. Falls nicht, muß man die nasse Wäsche einpacken, am Rad trocknen oder gegebenenfalls in der nächsten Unterkunft. Alles ganz einfach und es geht schnell :ROTFL


Dienstag, 12.06.07 Klaipeda - Liepja (Lettland) 109 km

Endlich gab es mal um 07:00 Uhr Frühstück und so konnten wir früher starten. Die heutige Fahrt sollte über 100 km gehen. Eigentlich kein Problem, aber Simone war nicht so fit und ihr tat der Hintern weh. Ich machte mir so meine Gedanken, wann wir wohl ankommen werden. Nach dem routinierten Befahren der Schnellstraße, kamen wir bald wieder auf den Radweg R 10, ein schmaler asphaltierter Radweg parallel zur Ostsee. Für einen Badestopp hatten wir keine Zeit, obwohl es in Palanga reichlich Gelegenheit gegeben hätte. Mario hatte in Palanga einen Kettenklemmer. Nach einigen Minuten war auch dieses Problem behoben. Kurz vor der Grenze sahen wir noch einen Obsthändler. Mario stellte sein Rad ab und ging zum Händler, dann rumste es und sein Rad hatte sich wohl wegen Erschöpfung hingelegt. Da er seine Lenkertasche geöffnet hatte, kullerte sein halber Hausstand auf den Gehweg. An diese "Erschöpfungszustände"seines Rades hatten wir uns mittlerweile gewöhnt. Die Grenze passierten wir wieder ohne Probleme, wir sind ja EU-Bürger. Nun sind wir im letzten Land unserer Tour, in Lettland.
Litauen hatte mit auch sehr gut gefallen, ist zwar teuer, bietet dafür aber viel und kann getrost als Eldorado für Radfahrer empfohlen werden. In Lettland merkten wir bald, dass die Straßen auch schlechter werden können. Zum Positiven, wir hatten starken Rückenwind und kamen schnell voran. Nachteilig waren die langweiligen, geraden Straßenabschnitten, wo es auf vielen Kilometern keine Dörfer gab, nur Wald. Wir machten einige Pausen in den Dörfern. Die Häuser waren sehr einfach, die Menschen nett, auch hier in Lettland fühlten wir uns wohl. Die Stadt Liepja sah zunächst aus, wie ein Dorf. Überall alte Holzhäuser und die Nebenstraßen waren eigentlich nur Sand- oder Schotterpisten. Von solchen Nebenstraßen gibt es reichlich in Lettland. Entsprechend sahen auch die Autos aus. Wir waren froh, dass uns solch ein Weg erspart blieb. Wir fuhren bis ins Stadtzentrum, wo es sehr modern aussah. Dort fanden wir die gut ausgeschilderte Information. Diese gibt es selbst in kleineren Ortschaften und dort wird einem bei der Suche nach Übernachtungen geholfen. Die Dame hat uns ein schickes Hotel, unweit vom Stadtzentrum gebucht. Die Zimmer waren groß und hell, im Hinterhof war ein gepflegter Rasen, ein Steingarten, Parkplatz und Sitzgruppe. Unsere Fahrräder ließen wir draußen stehen. Bisher hatten wir auf der gesamten Tour keine Angst um unsere sieben Sachen gehabt. Nach der Stadtbesichtigung war der Hunger wieder übermächtig und wir zogen in ein schönes Restaurant mit Freisitz. Also die kulinarischen Angebote waren auf unserer gesamten Reise so toll, dass man darüber schon wieder einen extra Bericht hätte schreiben können. Ich wundere mich heute noch, wie ich auf dieser Reise abnehmen konnte. Nach einigen Stunden traten wir den Heimweg an. Im Innenhof unseres Hotels tranken wir Bier aus Plastikflaschen. Wir machten uns darüber gar keine Gedanken, immerhin sind Plastikflaschen leichter auf dem Rad zu transportieren. Es dauerte nicht lange, da gesellten sich 2 Letten (Irina und Wladimir, Verständigung in russisch, mit Händen und Füßen) zu uns und erklärten, dass wir Billigbier trinken. So was trinken nur die armen Menschen, erklärten sie uns. Was sollten wir nun tun, das Bier wegschütten??? :bezradny Dann kam noch Svetlana hinzu, sie konnte perfekt Deutsch und es entspann sich eine lustige Unterhaltung. Weil wir wohl arme Menschen waren, luden sie uns zu Schaumwein und Gewürzwein ein. Unser Bierangebot lehnten sie angewiedert ab. Es war 23:30 Uhr und immer noch Taghell ist. Die Tage nennt man wohl die Weißen Nächte. Wir entschlossen uns zu gehen und verabschiedeten uns.

Mittwoch, 13.06.07, Lipaja -Jürkalne 75 km

Heute haben wir gleich wieder für 07:00 Uhr Frühstück bestellt. So gefällt es mir schon eher - "Der frühe Vogel fängt den Wurm." Nachdem wir Liepja verlassen haben, erwartete uns zunächst ein mieser Straßenabschnitt. Es waren immer so 3 km gute Straße und dann kamen wieder 3 km Lochpiste. Da man sich vorne den Mund fusselig redet, wenn man jedes Loch ankündigt, haben wir nur gerufen: "auf 3 km Löcher". Wir hatten schon wieder heftigen Rückenwind und so war die Strecke heute schnell geschafft. Auf unserer heutigen Etappe trafen wir ein ca. 70 jähriges, deutsches Ehepaar, die auch mit dem Rad in Richtung Ventspills wollten. Aus der Gegenrichtung kam uns ein Rostocker Pärchen, die von Tallin, nach Klaipeda radelten. Die beiden hatten den ganzen Gegenwind und erzählten uns auch von einer 50 km langen Schotterpiste zwischen Riga und Ventspills. So saenh auch deren Räder und der Anhänger aus. Zum Glück müssen wir die Strecke nicht fahren. Wir wünschten den beiden viel Glück und fuhren weiter bzw. wurden vom Wind geschoben. Vor unserem Ziel lag noch die Ortschaft Pavilosta an der Saka. Von Irina wussten wir, dass es sich lohnt, diesen Fischerort aufzusuchen. Da der Ort nicht direkt an der Strecke lag, sondern 3 km weiter weg, stieß dieser Vorshlag nicht auf das Verständnis von Simone, die von Tag zu Tag immer mehr Probleme hatte, auf dem Sattel zu sitzen. In Jürkalne, 25 km weiter, entdeckten wir ein rustikales Hotel. Mario, Simone und Stefan liefen zum Strand mit ca. 20 m Steilküste und schliefen dort ein. Matthias und ich wollten noch mal zurück nach Pavilosta. Ohne Gepäck waren die Räder wie Spielzeug. Der Gegenwind forderte aber alles von uns. Nach über einer Stunde erreichten wir den kleinen Ort und wir wurden nicht enttäuscht. Auch dort gab es wunderschöne alte Holzhäuser, viel Fischernetze, einen kleinen Fischerhafen und ein rustikales Restaurant am Strand. Natürlich aßen wir heute frischen Fisch. Von einem Aussichtsturm konnten wir den langen Strandabschnitt überblicken. Wir fuhren jetzt mit Rückenwind und Geschwindigkeiten zwischen 30 bis max. 45 km/h zurück. Auch das kann anstrengend sein. So haben wir uns noch ein Abendessen verdient.Für uns beide war es heute die längste Etappe mit insgesamt 127 km. Der Abend war ganz lustig, wir erzählten uns die vielen Erlebnisse der Tour. Eigentlich kam es uns vor, als ob wi rschon viele Wochen Unterwegs wären. Interessant in dem Hotel war auch ein Besoffener. Er kam immer wieder in den Gastraum gestolpert, trank was, weinte und rannte wieder raus. Der Kellner erzählte uns, dass seine Frau ihn hier gelassen hat, weil er soviel trinkt. So wie er sich benahm glaube ich, war es eine gute Entscheidung von ihr. Übrigens, war es unser Zimmernachbar. Ab und an polterte es Abends in seinem Zimmer und dann war wieder Ruhe.
Wir kämpften wie Don Quijote gegen die vielen Mücken :hura:. Der Kampf ging unentschieden aus, wir hatten einige Liter Blut weniger und viele Juckstellen. Dafür mußten einige Mücken ihr Leben einbüßen. Irgendwann war dann Waffenstillstand und wir konnten endlich schlafen.

So, ein Teil wird es wohl noch werden!/I]

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Samstag, 10. November 2012, 17:00

RE: Radtour 2007 Ahlbeck-Gdańsk-Ventspills

Radtour Ahlbeck-Gdansk-Ventspills

V. Teil Jürkalne/Lettland - Ventspills - Fähre Rostock


Donnerstag, 14.06.07, Jürkalne - Ventspills 49 km


War das eine Nacht, erst der Kampf mit den Mücken und dann, sehr früh am Morgen, dieser Höllenlärm. Aus dem Nachbarzimmer, also wo der verlassene Ehemann nächtigte, hörten wir lautes Poltern und Krachen. Wir schrecken hoch und denken: " Häh, zieht er aus und nimmt die Möbel mit?" ?( Dann hören wir, wie er das Fenster der Dachhaube öffnet und es folgt wieder ein komisches Geräusch, als ob jemand auf das Dach klettert. Wir springen zum Fenster und tatsächlich ... der Verrückte ist rausgeklettert und heruntergesprungen. Besoffene und kleine Kinder haben meistens Glück. Der Sprung aus dem 2. Stock hat ihm scheinbar nicht weh getan. Er steht auf und geht ... äh, torkelt weg. Nun gut, sind wir heute mal schon eher wach, also geht es fröhlich an's Packen. Heute ist unsere letzte Tagesetappe mit dem Rad. Die nächste Nacht schlafen wir auf einer Fähre. Das Frühstück war reichlich und gut. Während dem Frühstück sehen wir das ältere Ehepaar, welches wir am Vortag trafen, auf der Straße in Richtung Ventspils radeln. Endlich ging es auch für uns los. Man glaubt gar nicht, wie sehr man sich nach dem Rad sehnt, wenn man damit einige Tage durch die Gegend geradelt ist.
Das Wetter ist nicht mehr so sonnig, aber sehr windig. Rückenwind ... :klee: Auf der Strecke war nicht viel los. Links und rechts sind Wälder zu sehen. Ventspills erreichen wir in nur 3 Stunden, dabei haben wir gebummelt. Die Stadt macht einen sauberen Eindruck. Viele Blumenbette und schicke Holzhäuser laden förmlich zu einem Spaziergang ein. Als erstes sind wir zum Fährhafen gefahren. Beim Check-Inn sagte man uns, dass wir erst ab 22:00 Uhr einchecken können und wir die Fähre ab 00:00 Uhr betreten können. :smutny Wohin also mit den Rädern und dem Gepäck? So verbunden wir auch mit dem Drahtesel waren, für eine Stadtbesichtigung ist dieser hinderlich. Also fragte ich die Frau vom Check-Inn ganz höflich, ob es
Unterstellmöglichkeiten für unsere Räder und dem Gepäck gäbe, da wir die Stadt noch erkunden möchten. Die Frau übertraf wieder unsere Erwartungen und bot uns mit einem Lächeln, den Platz im Warteraum für die Räder und für unser Gepäck wurde im Büro verstaut. Wir zogen unsere Stadt-Ausgeh-Garderobe an (Shirt, Zipp-off Hosen und Sandalen), aßen unseren letzten Proviant und machten uns einen Treffpunkt aus. Zu Fünft durch eine Stadt zu ziehen ist immer anstrengend, also zogen Simone, Stefan und Mario zum Wasser. Matthias und ich liefen gemütlich durch die schöne Stadt. Wenig später sahen wir das ältere Ehepaar, wie sie etwas orientierungslos nach etwas suchten. Wir sprachen sie an und sie sagten, dass sie ein Hotel suchen. Da sie es nicht sooo eilig hatten, schlugen sie unser Angebot, einen Kaffee zu trinken nicht aus. Es entwickelte sich eine lustige Unterhaltung, wo wir unsere Erlebnisse austauschten. Evi und Peter stammen aus Baden und fahren seit 30 Jahren Rad. Wow! Ihre Erlebnisse konnte man nur mit offenem Mund bestaunen. Wir luden Evi und Peter ein, mit uns am Abend essen zu gehen. Nach einigen Souvenir-Einkäufen fanden wir uns alle nach 19:00 Uhr, in einem urigen Restaurant mit Freissitz ein. Weil ich die Idee zu dieser Tour hatte und alle gut durchgehalten haben, spendierte ich noch 1 Flasche Riga Sekt, um auf die erfolgreiche Tour anzustoßen. Ich hatte 1027 km auf meinen Tacho stehen.
Evi erzählte später ihre traurige Geschichte von der "großen Flucht", die sie als geborene Danzigerin erlebt hatte. Es war mal wieder dieser emotionale Moment, wo man sich fragt, warum erzählt uns jemand weinend seine Erlebnisse, obwohl wir uns nur kurz kennen. Anfangs ist man peinlich berührt, man will aufstehen, sich verabschieden. Aber das wäe unhöflich und vorallem rücksichtlos. Evi hat ein Recht darauf, ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen, um die Erlebnisse zu verarbeiten. Der Abend endete aber nicht traurig. Evi und Peter begleiteten uns gegen 22:00 Uhr zum Check-Inn Schalter. Nach dem Check-Inn hatten wir immer noch viel Zeit. Also luden uns Peter und Evi in ihr Hotel, zu einem Bier ein. Nach einer herzlichen Verabschiedung trennten wir uns gegen 23:30 Uhr. :zlezkawoku Wir bepackten unsere Räder und fuhren zur Fähre. Nach kurzer Pass - und Ticketkontrolle betraten wir die Fähre Scanline (klein und gemütlich). Wir mussten uns nicht anstellen, wie die vielen Lkws und Pkws. Auf dem Schiff bekamen wir in der Rezeption unsere Kabinenschlüssel. Wir hatten eine 4-Bett Kabine gebucht und eine Koje in einer 4-Bett Kabine. Diese entpuppte sich glücklicherweise als eine 2-Bett-Kabine, die ich mit einem deutschen Ingenieur teilte.

Freitag 15.06.07, Fährfahrt ab Ventspills auf der Ostsee

Ich war so müde, dass ich um 00:45 Uhr zu Bett ging. Um 03:30 Uhr kam es mir vor, als ob ich in einer großen Hollywood-Schaukel liege. Wir waren auf der Ostsee und die See war richtig unruhig. Ich konnte aber trotzdem wunderschön schlafen. Beim Frühstück erfuhr ich, dass Simone nicht so hungrig ist. Ihr Magen war mit dem Wellen nicht im Einklang. Das Leben an Bord war nicht gerade aufregend. Dort gab es viele trinkfeste LKW-Fahrer aus den baltischen Ländern und aus Russland, die die Überfahrt zum Kosmonauten-Training nutzen - Trinken bis zur Schwerelosigkeit. Einziges Highligt war, dass wir ein rotes Buch fanden und bei der Rezeption hing dieser Zettel: "ICH SUCHE MEINER ROTE BUCH DIE ICH GISTERN LIEGEN LIEß. MÖCHTE ICH DICH VERSUCHEN MICH ZU KONTAKTIEREN OB SIE MEINEN BUCH SAH. ROOM 638. DANKE"
Wir übergaben dem LKW-Fahrer, der recht gut deutsch sprach, sein Buch. Er war sehr froh darüber und lud uns aus Dankbarkeit in die Bar ein. :piwo Es muß jetzt keiner denken, dass wir auch ein Kosmonauten-Training durchführten. Es war einfach ein netter Abend, wo wir wieder einen netten Menschen kennenlernten. Der LKW-Fahrer hatte großen Respekt vor unserer Leistung und beteuerte, dass er Radfahrer immer mit großen Sicherheitsabstand überholt. Wir zollten auch ihm unseren Respekt für seinen nicht einfachen Job, als Trucker, der immer lange von seiner Familie getrennt ist.
Simone hat sich langsam bei Zwieback und Tee erholt. Eine Nacht nächtigten wir noch auf der Fähre


Samstag 16.06.07, Ankunft Rostock und Heimfahrt

Um 05:30 Uhr bin ich aufgestanden und um 06:00 Uhr trafen wir uns beim Frühstück. Auch Simone konnte wieder frühstücken. Bei strömenden Regen fuhren wir in Rostock ein. Um 07.00 Uhr verließen wir die Fähre in Regenkleidung (war sie doch nicht umsonst dabei). Nach kurzer Passkontrolle und abhaken der Passagierliste, verließen wir den Hafen auf dem Radel (wurde auch wieder Zeit). Am ersten S-Bahn Haltepunkt bemerkten wir, dass die S-Bahn Samstags nur alle 2 Stunden fährt. Also fuhren wir im Regen die ca. 10 km bis zum Rostocker Hauptbahnhof. Man hat gleich gemerkt, dass wir in Deutschland sind, denn hier wurde wild gehupt und der Mittelfinger gezeigt, weil wir die leeren und heiligen Straßen von einem "Mister Wichtig" befuhren, der auf dem Weg zum Bäcker oder so war. :boese: Auf dem Bahnhof ließen wir uns eine Verbindung nach Ahlbeck ausdrucken. Dann kämpften wir uns bis zum Bahnsteig durch. Erst die Treppen runter mit dem voll beladenen Rad und dann wieder hoch. Der Zug fuhr pünktlich und um 12:45 Uhr waren wir in Ahlbeck. Dort standen unsere Autos wohlbehalten. Unser Dank noch mal an die Bundespolizei in Ahlbeck.
Die Räder wurden im Auto oder auf die Gepäckträger verstaut. Wir verabschiedeten uns und fuhren in Richtung Heimat.

Für mich war die Tour beeindruckend. Der Leistungsunterschied in der Gruppe war natürlich vorhanden. Das wussten wir aber schon vorher. Jeder musste persönliche Kompromisse eingehen, denn jeder von uns hatte auch unterschiedliche Vorstellungen von dieser Tour. Die Tour habe ich organisiert und jeden Tag die Tagesziele genannt. Hiermit bedanke ich mich bei allen vier Mitfahrern, die zum Gelingen der Tour beigetragen haben.

Nach vielen anderen Radtouren, auch weit entfernt von Europa, werde ich im Mai 2013 eine Tour durch Polen machen. Der grobe Streckenverlauf ist noch nicht bekannt. Wahrscheinlich wird mich dieses mal nur Matthias begleiten. Zu Zweit erlebt man mehr, als in Gruppen. Für Hinweise und Informationen zu möglichen Radstrecken, Sehenswürdigkeiten und vieles mehr in Polen, bin ich sehr dankbar. :prosi Ich sauge alle Informationen, wie ein Schwamm auf.

Danke für Euer Interesse!
Frank

Choma

Babcia

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7

Sonntag, 11. November 2012, 12:47

RE: Radtour 2007 Ahlbeck-Gdańsk-Ventspills

Danke! :oklasky :okok
Signatur von »Choma« Jeśli potrafisz śmiać się z siebie, będziesz miał ubaw do końca życia :D

8

Sonntag, 11. November 2012, 15:22

RE: Radtour 2007 Ahlbeck-Gdańsk-Ventspills

:tak Proszę bardzo!

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