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1

Mittwoch, 4. Januar 2017, 02:53

Polen um 1900

Servus,

vor kurzem erfuhr ich, dass meine Großeltern in Rokitno heirateten. Sie lebten zu der Zeit in Jodłowa. Die Heiratseinträge und Geburtseinträge der ersten Kinder sind in russisch. Daraus entnehme ich, dass sie sich im russischen Sektor (ist das die richtige Bezeichnung?) wohnten. Großvater wurde samt Familie nach Sibirien verschleppt, weil er sich weigerte in die russische Armee einzutreten. (Es war wirklich schwierig den Grund für die Verschleppung festzustellen).

Nun meine Frage, gab es um 1907 (das Datum der zuletzt in Rokitno geborenen Tochter) mehrere Polen, die den Wehrdienst verweigerten? Weiß man wohin diese Leute gebracht wurden?

Ist die russische Besatzung nach dem 1. Weltkrieg sang- und klanglos abgezogen? Meine Polenbesuche gingen bisher nach Masuren aber nächstes Mal werde ich Krosno und Rokitno besuchen.

Jetzt bitte ich die Geschichtsbegeisterten ums Wort.

Viele Grüße aus der Holledau
Henryka








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2

Mittwoch, 4. Januar 2017, 16:57

Welches Rokitno?

Hallo Henryka,

nach den Angaben der polnischsprachigen Wikipedia gibt es 9 Orte mit dem Namen Rokitno in Polen und noch 2 in der Ukraine. In welchem dieser Orte haben Deine Großeltern geheiratet?

Gruß

chód wilka

3

Donnerstag, 5. Januar 2017, 00:31

Ist die russische Besatzung nach dem 1. Weltkrieg sang- und klanglos abgezogen?

Nein, die russische Besatzung ist von der deutschen Armee geschlagen und verjagt worden.

Die Russen wollten nach dem 1 Weltkrieg Polen wieder besetzten und in eine Sowjetrepublik verwandeln.

4

Donnerstag, 5. Januar 2017, 12:24

Nein, die russische Besatzung ist von der deutschen Armee geschlagen und verjagt worden.

Die Russen wollten nach dem 1 Weltkrieg Polen wieder besetzten und in eine Sowjetrepublik verwandeln.
Kommt daher die Abneigung der Polen zu den Russen?

nach den Angaben der polnischsprachigen Wikipedia gibt es 9 Orte mit dem Namen Rokitno in Polen und noch 2 in der Ukraine. In welchem dieser Orte haben Deine Großeltern geheiratet?


Diese Angaben fand ich bei:

Akta stanu cywilnego parafii rzymskokatolickiej Rokitno powiat Warszawski-zachodni
Jednostka: 1909
Katalog: Urodzenia

Gruß


Henryka
:) :)
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olaf

Julija +Alexej Nawalny

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Wohnort: nahe Katowice/PL

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5

Donnerstag, 5. Januar 2017, 15:57

Henryka, wir hatten ja schon mal das Vergnuegen.. ;)

Ich denke Wiki hilft:
https://de.wikipedia.org/wiki/1907
Grenzverschiebungen zB hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Polnisch-Sowjetischer_Krieg
Dein Rokitno koenntest Du hier finden:
https://pl.wikipedia.org/wiki/Rokitno_(w…two_mazowieckie)
oder hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Jod%C5%82owa

Pfiat Di

6

Donnerstag, 5. Januar 2017, 16:42

Entfernung zwischen Wohnort und Ort der Eheschließung

Hallo Henryka,

bemerkenswert erscheint mir nicht nur die Entfernung von mehr als 400 km zwischen dem Wohnort (Jodłowa, k. u. k. Monarchie) und dem Ort der Eheschließung (Rokitno, Königreich Polen), sondern auch, dass diese Orte damals zu zwei verschiedenen Staaten gehörten.

Gruß

chód wilka

7

Donnerstag, 5. Januar 2017, 19:52

bemerkenswert erscheint mir nicht nur die Entfernung von mehr als 400 km zwischen dem Wohnort (Jodłowa, k. u. k. Monarchie) und dem Ort der Eheschließung (Rokitno, Königreich Polen), sondern auch, dass diese Orte damals zu zwei verschiedenen Staaten gehörten.

Dieses Problem habe ich auch. Gibt es ein Jodłowa in der Nähe von Rokitno? Vielleicht ein kleiner Ort?

Gruß

Henryka
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8

Donnerstag, 5. Januar 2017, 20:11

Hallo Olaf,

ja, dein Kaffee wartet auf dich. Er ist inzwischen sehr sehr kalt.

Im Geschichtsunterricht hörte ich von der Teilung Polens nach dem 1. WK. Alles gestohlenes Gebiet von Deutschland. Das war damals gängige Meinung und oftmals heute noch. Doch wusste ich nicht, dass es einen Teil gab der Polen ausmachte.

Gruß

Henryka
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9

Freitag, 6. Januar 2017, 08:34

? zu Jodłowa

Hallo Henryka,

aus welchen Dokumenten ergibt sich die Herkunft aus Jodłowa und in welcher Sprache sind diese verfasst? Falls es nur die erwähnte Kirchenakten aus Rokitno gibt, könnte es hilfreich sein, zu wissen, wie „Jodłowa“ dort in Kyrillisch geschrieben ist.

Gruß

chód wilka

10

Freitag, 6. Januar 2017, 11:17

welchen Dokumenten ergibt sich die Herkunft aus Jodłowa und in welcher Sprache sind diese verfasst? Falls es nur die erwähnte Kirchenakten aus Rokitno gibt, könnte es hilfreich sein, zu wissen, wie „Jodłowa“ dort in Kyrillisch geschrieben ist.


Hallo chód wilka,

die Urkunde ist in russisch, die Daten erhielt ich von einem Bekannten. Gefunden habe ich den Heiratseintrag unter:

http://metryki.genealodzy.pl/metryka.php…=1&x=1854&y=242



Gruß

Henryka
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11

Freitag, 6. Januar 2017, 21:28


Im Geschichtsunterricht hörte ich von der Teilung Polens nach dem 1. WK. Alles gestohlenes Gebiet von Deutschland. Das war damals gängige Meinung und oftmals heute noch. Doch wusste ich nicht, dass es einen Teil gab der Polen ausmachte.

Gruß

Henryka
Also ich weiß nicht genau was du mit "Teilung Polens nach dem 1. Weltkrieg" meinst...denn BIS zum 1. WK gab es ja über 100 Jahre garkeinen eigenen Staat Polen..wie sollte also dann nach dem Ende des 1. WK ein Staat geteilt werden den es vor dem 1. WK 1914 gar nicht gab? ?(
Im Gegenteil, nach dem 1. WK entstand überhaupt erst wieder ein Staat Polen.

Geteilt oder zumindest ein Teil abgetrennt (durch den "Danziger Korridor") wurde 1918 eher das damalige Deutsche Reich, nämlich Ostpreußen vom Rest des Dt. Reiches.

12

Freitag, 6. Januar 2017, 22:33


Also ich weiß nicht genau was du mit "Teilung Polens nach dem 1. Weltkrieg" meinst...denn BIS zum 1. WK gab es ja über 100 Jahre garkeinen eigenen Staat Polen..wie sollte also dann nach dem Ende des 1. WK ein

geteilt werden den es vor dem 1. WK 1914 gar nicht gab?
Im Gegenteil, nach dem 1. WK entstand überhaupt erst wieder ein Staat Polen.

Hallo Pedro,

genau so sprachen damals meine Lehrer. Ich hatte damals keine Lust darüber zu diskutieren wem Polen zusteht und das hat sich nicht geändert. Sobald mir Leute erzählen, dass sie ihr Eigentum im Osten wieder haben wollen, meide ich diese Leute.


Schönes Wochenende

Henryka
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Montag, 9. Januar 2017, 14:21

Kyrillische Schreibschrift

Hallo Henryka,

da ich beim Erlernen von Fremdsprachen andere Prioritäten gesetzt habe, kann ich bis jetzt die kyrillische Schreibschrift weder lesen noch schreiben. Hast Du eine Übertragung des Textes in die kyrillische Druckschrift?

Gruß

chód wilka

14

Montag, 9. Januar 2017, 16:51

Kyrillische Schrift

Hallo chód wilka,

nein, ich habe keine schriftliche Übersetzung. Meine Freundin bekam gerade ein Kind und wird geschont. Mach dir keine Gedanken, das kriege ich schon hin.

Viele Grüße aus der Holledau

Henryka
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Montag, 9. Januar 2017, 17:01

Jeglewo ?

Hallo Henryka,

für mich stellt sich die Frage, ob Jeglewo gemeint sein könnte.

Gruß

chód wilka

16

Dienstag, 10. Januar 2017, 23:38

Zitat von »Sapere Aude«



Nein, die russische Besatzung ist von der deutschen Armee geschlagen und verjagt worden.
Dazu kann ich die Flucht der Russen aus Warschau als Beispiel nennen. Sie haben vorab alle Brücken verbrannt und abgerissen, die Maschinen aus den Fabriken mitgenommen und haben die Stadt nach über 120 Jahren wieder verlassen. Die Preußen traten an ihre Stelle, doch war deren Einstellung den Warschauern gegenüber wesentlich wohlwollender.
Die Russen wollten nach dem 1 Weltkrieg Polen wieder besetzten und in eine Sowjetrepublik verwandeln.
Kommt daher die Abneigung der Polen zu den Russen
Die Angriffslust der Rotarmisten nach dem 1. Weltkrieg muss man in einem breiteren Kontext sehen. Sie wollten nämlich nicht explizit Polen erobern, sondern den Kommunismus "in die Welt" bringen. Polen stand ihnen dabei schlicht im Weg. Der Westen Europas war nach dem 1. Weltkrieg so sehr geschwächt, dass er sich gegen die Rote Horde nur schwerlich wehren könnte. Zudem fanden die Kommunistischen Ideen z.B. in Deutschland zum Teil viele Befürworter. Würde man also die Weichsel überqueren und Warschau einnehmen, dann stünde der Weg nach Westen offen. Was jedoch passierte, nennt man in Polen das "Wunder an der Weichsel" von 1920. Die Rotarmisten wurden von der Polnischen Armee geschlagen (unter Führung des legendären Jozef Pilsudski) und weit in den Osten zurückgeschlagen. Das Wunder bestand darin, dass man vor der Schlacht um Warschau sagte, dass den Polen nur noch ein Wunder helfen könnte. Das haben die Sieger anschließend zu ihren Gunsten gedreht.

Die Quelle der Abneigung der Polen zu den Russen liegt jedoch viel weiter zurück. Dazu müsste man jedoch schon die ganze polnische Geschichte lesen. Hier eine kleine Liste der Ereignisse, die dazu geführt haben, warum die polnisch-russischen Beziehungen sind, wie sie sind:
  • die Eroberung und Plünderung Moskaus durch die Polen 1610 - 1612 (Schlacht bei Kluszyn)
  • die 3. Polnischen Teilungen
  • das Massaker von Praga (Warschau) 1794
  • die aktive Teilnahme der polnischen Legionen beim Marsch auf Moskau 1812
  • die Niederschlagung des Novemberaufstandes 1830-1831
  • die Niederschlagung des Januaraufstandes 1863
  • die Russifizierungsversuche im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts
  • eine über 100-jährige russische Oberhoheit auf Gebieten mit polnischer Bevölkerung
  • der polnisch-russische Krieg von 1920
  • der Angriff Russlands auf Polen von 1939 (Polen hat der Sowjetunion damals nicht den Krieg erklärt)
  • die Katyn-Morde von 1940
  • während des Warschauer Aufstandes standen die Russen auf der anderen Weichselseite und kamen nicht zur Hilfe

Man kann also sehen, dass die polnisch-russischen Beziehungen 1918 schon so schlecht waren, dass es schlechter kaum ging und dann kam noch der 2. Weltkrieg.
Signatur von »Antoni Wladyka« Viele liebe Grüsse aus Warschau
Antoni Wladyka

www.meinwarschau.com
www.stadtfuehrer-warschau.com

17

Samstag, 14. Januar 2017, 12:27

Hallo Antoni Wladyka,

vielen Dank für die Geschichtsstunde :)

Sobald ich etwas Zeit habe werde ich mich damit beschäftigen.

Jetzt sind erst mal Schnee schaufeln und Enkel an der Reihe.

Viele Grüße
Henryka
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Sonntag, 15. Januar 2017, 13:59

Grüß Gott,

meine Freundin hat den Heiratseintrag übersetzt. Der Wohnort ist Josefow. Der ist laut google map 160 km von Rokitno entfernt und 1898 war das bestimmt zu weit für eine einfache Hochzeit. Es muss also ein anderes Josefow geben.

Schöne Grüße aus dem sonnigen Niederbayern

Henryka



Hier die Übersetzung:

Eheschließung in ROKITNO am 4/16.Oktober 1898, 13:00

Bräutigam ANTON BARGIEL, 22, lediger Arbeiter, geboren in Krzeszow (Кржешов) in Galizien, wohnhaft in Josefow.
Eltern verstorbene Eheleute Wojzech und Anna Bargiel.


Braut SOFIA BODUCH, 19, Fräulein, wohnend bei Eltern in Josefow, geboren in Kazimierza Wielka (Казимежа-Велька),Powiat pińczowski (Пинчевский уезд), Gubernia kielecka (Кѣлецкая губернія).
Eltern: lebende Eheleute BODUCH Franzischek und Katarzina, geborene Franzdzik.?

Trauzeugen: Stephan Schäz,33, Arbeiter in Koschawze (?) und Wladislaw Wlodarczik, 26, Arbeiter in Josefow.

Das Brautpaar und Trauzeugen sind Analphabet.
Signatur von »irrsinnde« Irrsinnde


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19

Sonntag, 15. Januar 2017, 17:09

Józefów ?

Hallo Henryka,

könnte es Józefów sein? Ein Ort dieses Namens schließt unmittelbar an Warschau an.

Gruß

chód wilka

20

Sonntag, 15. Januar 2017, 17:53

Hallo chód wilka,

kann sein, aber wäre das nicht unsinnig für die Heirat nach Rokitno zu fahren? 160 km? 1898 gab es nur die Pferdekutschen, die waren langsam und sicher auch teuer Gibt es vielleicht auf der polnischen Seite einen Ort der ähnlich klingt und näher liegt?

Gruß
Henryka
Signatur von »irrsinnde« Irrsinnde


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