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Donnerstag, 7. Mai 2015, 15:21

Vaterschaftsaberkennung in Polen

Im Rahmen unserer Rechtsberatung im Bereich des Familienrechts haben wir verschiedene Mandanten mit Fällen von Vaterschaftsaberkennungen in Polen beraten. Das Risiko ist hoch, dass der angebliche Vater die Fristen versteichen lässt, die nach dem polnischen Familien- und Vormundschaftsgesetzbuch (Kodeks rodzinny i opiekuńczy) vorgesehen sind um eine Klage auf Feststellung des nichtbestehens der Vaterschaft zu erheben. Der vorliegende Artikel zielt darauf ab, die grundsätzlichen Prinzipien der Vaterschaftsaberkennung in Polen aufzuzeigen und insbesondere auf die vorgesehenen Fristen einzugehen.

ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE

Der Ehemann der Kindesmutter kann eine Klage auf Feststellung des nichtbestehens der Vaterschaft innerhalb von 6 Monaten seit seiner Kenntnisnahme der Geburt des Kindes erheben. Die Kindesmutter kann ihrerseits innerhalb von 6 Monaten seit der Geburt des Kindes ebenfalls die Aberkennung der Vaterschaft beantragen.
Gemäß Art. 62 des polnischen Familien- und Vormundschaftsgesetzbuch (FVGB) wird vermutet, dass das Kind vom Ehemann abstammt, wenn das Kind innerhalb der Ehe oder binnen 300 Tagen nach ihrer Auflösung oder Nichtigkeitserklärung geboren wurde.
Die genannte Vorschrift sieht also eine Vermutung der Vaterschaft vor. Nach dem Art. 234 der polnischen Zivilprozessordnung ist die gesetzliche Vermutung für den Richter verbindlich. Die Vaterschaftsvermutung ist jedoch eine Vermutung und Gegenbeweise sind daher zulässig. Dies sieht Art. 62 Absatz 3 FVGB auch für den Fall einer Klage auf Feststellung des Nichtbestehens der Vaterschaft bei einer Vaterschaftsvermutung vor.

Fristen der Klage

Die Fristen einer Vaterschaftsaberkennung sind im Art. 63 FVGB wie folgt geregelt:
Der Ehemann der Kindesmutter kann auf Feststellung des Nichtbestehens der Vaterschaft innerhalb von 6 Monaten seit seiner Kenntnisnahme der Geburt des Kindes klagen - allenfalls nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes
Die Kindesmutter kann auf Feststellung des Nichtbestehens der Vaterschaft innerhalb von 6 Monaten seit der Geburt des Kindes klagen (Art. 69 Absatz 1 FVGB)
Die ständige Rechtsprechung bestätigt, dass es bei Verfahren über Vaterschaftsaberkennungen nicht auf einen Verschulden des Ehemannes oder der Mutter ankommt, falls die Klagefristen nicht eingehalten wurden (Obersten Gerichtshof, Urteil vom 9. Januar 1963 R.G. nr. 2 CR 87/62 und vom 26. Oktober 1977 R.G. nr. II CR 377/77). Daher erschient auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (bei unverschuldeter Fristversäumnis wird der Verfahrensbeteiligte auf Antrag wieder so gestellt, als hätte er die Frist nicht versäumt) nach Art. 168 der polnischen Zivilprozessordnung als zwecklos. Aufgrund der bereits zitierten Rechtsprechung würde ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mit einer Klageabweisung enden.

Möglichkeit einer Klage durch die Staatsanwaltschaft

Unabhängig von den zuvorgenannten Fristen, kann eine Klage auf Feststellung des Nichtbestehens der Vaterschaft auch von der Staatsanwaltschaft erhoben werden. Gemäß Art. 86 FVGB kann die Staatsanwaltschaft diese Klage erheben, wenn sie dem Interesse des Kindes oder der Wahrung des öffentlichen Interesses dient. Wenn sich die Staatsanwaltschaft einschaltet gilt also die Frist von 6 Monaten nicht (Oberster Gerichtshof, Urteil vom 19. Oktober 1965 R.G. nr. I CR 286/65, sowie Urteil vom 27. November 1975 R.G. nr. II CR 628/75).
Die notwendigen Umstände, die vorliegen müssen, damit die Staatsanwaltschaft einschreiten darf und die Klage auf Feststellung des Nichtbestehens der Vaterschaft erhebt sind also das Kindesinteresse oder aber das öffentliche Interesse an einer solchen Klage. Die Einschätzung, ob diese Umstände tatsächlich vorliegen obliegt nur der Staatsanwaltschaft selbst und unterliegt keinerlei gerichtlichen Kontrolle (K. Pietrzykowski (red.), Familien- und Vormundschaftsgesetzbuch, Kommentar, Warschau 2010, S. 628).
Wenn die Frist von 6 Monaten für eine Vaterschaftsaberkennung bereits verstrichen ist, kann die Mutter oder der Ehemann der Kindesmutter einen Antrag bei der Bezirksstaatsanwaltschaft stellen. In diesem Antrag müssen die Voraussetzungen des Kindeswohl oder des öffentlichen Interesses an einer Klage auf Feststellung des Nichtbestehens der Vaterschaft zum Vorschein kommen. Des Weiteren ist es notwendig, dass man im Rahmen der Möglichkeiten beweist, dass der Ehemann der Kindesmutter nicht der Vater des Kindes ist.

Klageerhebung auf Feststellung des Nichtbestehens der Vaterschaft durch den Bürgerbeauftragten (“rzecznik praw obywatelskich”)

Schließlich kann gemäß Art. 14 Nr. 4 des Gesetzes über die Bürgerbeauftragten eine Klage auf Feststellung des Nichtbestehens der Vaterschaft auch vom Bürgerbeauftragten erhoben werden, der die Befugnis hat, in zivilrechtlichen Angelegenheiten und in den von der Staatsanwaltschaft eröffneten Verfahren teilzunehmen. Art. 86 FVG wird also auch auf den Bürgerbeauftragten angewandt.

FAZIT

Bei einer Vaterschaftsaberkennung ist es grundlegend die Fristen, die vom polnischen System vorgesehen sind zu berücksichtigen. Die Frist von 6 Monaten ist unwiderruflich und wie bereits erklärt sind die Chancen auf eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sehr gering. Die DNA-Analyse stellt bei der Beweisaufnahme einen wissenschaftlichen Beweis dar, mit welchem man mit fast absoluter Gewissheit die Vaterschaft feststellt oder eben aberkennt.

Für nähere Informationen stehen wir Ihnen selbstverständlich zur Verfügung:


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Anwaltskanzlei - Kancelaria Prawna Adw. Alfio Mancani

Tel: (+48) 22 11 93 357
Web: www.md-partners.pl
E-mail: marco.arena@md-partners.pl

Die Informationen in diesem Schreiben sind zwar aktuell, aber sie stellen kein Rechtsgutachten dar. Dieser kann von unseren Anwälten ausschließlich auf Anfrage und im Bezug auf einen konkreten Fall erstellt werden.

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