Wer kennt sie nicht? Stereotypen, also gängige Bilder und auch Klischees, die man sofort mit bestimmten Menschen, Gruppen oder auch Völkern und Nationen verbindet. Da haben wir den auf "amore" -orientierten, heißblütigen Italiener, den ordentlichen und langweiligen Deutschen, die saufenden stets pubertären Briten oder auch die klauenden Polen. Ich versuche das Thema der Stereotypen so einfach wie möglich hier einmal einzuleiten, wenngleich es ein komplexes Thema ist. Vielleicht ist das für den einen oder anderen aber interessant.
Ich habe mich mit diesem Thema zum ersten Mal 1994 beschäftigt, als es in einem Ethnologie-Seminar um Selbstbilder und Fremdbilder von Indio-Gruppen in Mexiko ging. Fortan ließ mich das Thema nicht mehr los. Da ging es unter anderem um die Frage, wie eine Gruppe sich selbst bestimmt und wie sie von anderen bestimmt wird. Allgemeiner: Wie kommt es, dass Völkern Namen zugewiesen werden, die sie selbst nicht annehmen wollen. So sind Eskimos lieber Inuiten, Tuaregs lieber Imuhar...
Man hat in vielen unterschiedlichen Studien festgestellt, dass Stereotypen in der Begegnung mit Fremdheit und Fremden zunächst einmal nützlich sein können, weil sie häufig helfen, Fremdheit zu überwinden. Es gibt Übergangsrituale (van Gennep hat das zu Beginn des 20. Jahrhunderts hervorragend beschrieben), die darauf ausgelegt sind, weitere Kontaktzonen herzustellen. Wir Deutschen brauchen noch heute das erste gemeinsame Besäufnis, um eine gemeinsame Kontaktzone mit fremden Menschen herzustellen. Dieses Übergangsritual ist auch anderswo weit verbreitet. Der Peyote-Kult in Mexico ist nichts anderes gewesen und schaffte Identität. Bernhard Waldenfels hat in "Der Stachel des Fremden" Stereotypen beschrieben, die mit der Vereinfachung von Bildern Brücken schaffen, gemeinsame Identitätsebenen zu entwickeln. Diese sind lebensnotwendig.
Je länger aber diese "kontaktaufbauenden" Stereotypen Gültigkeit haben und sich verfestigen, desto mehr lassen sich Störungen im Miteinander feststellen, die daher rühren, dass die gemeinschaftlichen Kontaktzonen sich über das Anfangsbild nie weiter entwickelt haben. Das Bild über die anderen ist keine Bilderreihe geworden, sondern im Anfang stecken geblieben. Es geht nicht weiter. Hieraus haben sich nicht selten Hass und Kriege zwischen Stämmen und Ländern ergeben. Die Frage, wie Fremdheit überwunden werden kann, ist also eine aktuelle Frage des Friedens und eine schwierige zugleich. Manche Stereotypen helfen vielleicht zunächst einmal, können aber die Entwicklung einer Beziehung langfristig ersticken. Mich interessiert dabei nun folgendes:
1. Welche Fremderfahrungen hattet ihr schon einmal?
2. Welche Stereotypen habt ihr dabei schon einmal kennen gelernt und vielleicht selbst gepflegt?
3. Wie habt ihr euch in der Fremde gefühlt? Wie sahen Kontaktversuche aus?
Danke schon jetzt für eure Schilderungen!