Hallo,
meiner Einschätzung nach haben sich die allgemeinen Lebenshaltungskosten in Polen denen in Deutschland weitgehend angeglichen. Das gilt insbesondere für Großstädte. Die Mieten für annehmbare Wohnungen entsprechen durchaus deutschem Niveau oder liegen sogar höher, weil Wohnraum knapp ist. Hier wie dort gilt, dass es natürlich standortmäßig starke Unterschiede nach Dorf/Stadt, schlechterer/besserer Stadtteil gibt. Was die Mieten in Warschau betrifft, dürfte ein Blick in Kleinanzeigen, Allegro.pl etc. einen ersten Eindruck vermitteln. Wenn man ans Auswandern denkt, sollte das der erste Schritt sein, denn die Höhe der Miete setzt schon einmal eine untere Grenze für das Gehalt, das man anstreben muss.
Man wird als aus Westeuropa Zugezogener sicherlich nicht glücklich werden, wenn man sich mit dem polnischen Durchschnittsgehalt begnügt. Statistisch liegt das irgendwo bei 3300 Zloty brutto, aber gerade im ländlichen Raum sind 1000 bis 1500 Zloty netto (!) in der Tat sehr sehr häufig anzutreffen (Arbeiter, einfache Angestellte, einfache Beamte, Verkäufer im Einzelhandel). Davon leben kann man nur, wenn man zum einen schuldenfreien Wohnraum hat oder mietfrei bei Verwandten (viele junge Leute wohnen sehr lange bei ihren Eltern, selbst mit eigener Familie!) wohnt oder sonstwie von Eltern/Verwandten finanziell unterstützt wird.
Nach meinem ganz persönlichen Eindruck ist es immer noch so, dass viele polnische Familien mit ihrem (im Vergleich zu Westeuropa gesehen) nur schmalen Einkommen deshalb auskommen können, weil sie auf viele Annehmlichkeiten des Lebens verzichten, die in Westeuropa für weit größere Bevölkerungskreise viel selbstverständlicher sind als hier. Ich kenne viele Leute, die folgende Dinge nie machen (können): Ins Restaurant gehen, ins Kino gehen, ins Theater gehen, ein Konzert besuchen, Urlaubsreisen unternehmen, Bücher kaufen, die nicht für Schule und Studium bestimmt sind, Platten kaufen, kostenintensivere Sportarten betreiben. Dieser Verzicht + penibles Haushalten beim Kauf von Lebensmitteln, Bekleidung + sparsames Heizen, Wasserverbrauch etc. ermöglicht es erst, dass Geringverdiener mit ihrem Geld einigermaßen klar kommen.
Was die Gehälter in Polen angeht, sind die Spannen sehr groß und man findet sogar bei ziemlich vergleichbarem Betätigungsfeld sowohl Gering- als auch Superverdiener. Das gilt auch im kaufmännischen Bereich. 10000 PLN und auch mehr sind in Warschau durchaus machbar, aber mit Sicherheit ist der Kreis der Angestellten, die fünfstellig verdienen, eher klein.
Wenn man bereits im Ausland fest im Beruf steht und nicht zwingend nach Polen ziehen muss, sollte man meiner Meinung nach ein vergleichbares Gehalt anstreben oder bereit sein, bei seinem Lebensstil Abstriche zu machen. Bewusst sein sollte man sich nämlich auch immer, dass die soziale Absicherung in Polen sehr schwach ausgeprägt ist. Wird man arbeitslos, erhält man ein halbes Jahr lang monatlich max. 150 Euro, unabhängig vom bisherigen Gehalt. Sozialhilfe liegt noch darunter. So gesehen muss man irgendwie privat Vorsorge treffen, entweder durch private Versicherungen oder die Schaffung von Rücklagen, um persönliche Krisenzeiten finanziell zu überstehen.
Schöne Grüße von der Weichsel:-)
Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von »chelmno.info« (7. August 2009, 10:04)