... und ich habe es mir heute einmal zum Frühstück im Wohnzimmer gemütlich gemacht.
Vor mir eine Tasse duftenden Kaffee´s (zugegeben - es ist Malzkaffee. Aus diversen Gründen trinke ich nur noch selten Bohnenkaffee) und zwei herrlich unregelmäßig geformte Vollkornbrötchen einer kleinen Bio-Bäckerei um die Ecke.
Während ich so gemütlich meinem Genießerdasein fröne, fällt mein Blick auf diverse Unterlagen, die im Zimmer verstreut liegen. Nicht, dass ich unordentlich wäre, ganz bestimmt nicht. Ich bereite im Moment nur mal wieder ein Seminar vor. Thema Ernährung ...
Mein Blick bleibt an einem etwas älteren, kopierten Foto hängen. Es zeigt eine indische Familie, die vor ihrer Hütte auf einer Bank sitzt. So in schwarz-weiß erinnert es mich an die idyllischen alten Fotos meiner Großeltern. Nur - diese indische Familie ... ist am Verhungern!
Die Haut über die Knochen gespannt, die Gesichter eingefallen und ohne Ausdruck, ein Baby im knöchernen Arm der Mutter, den Blick nach oben gewandt auf der Suche nach etwas, was dort wohl nicht mehr existiert.
So sieht also Hunger aus, denke ich, während ich in mein Brötchen beiße.
Und mir schießen sofort etliche Gedanken durch den Kopf:
Wie ist es möglich, dass heute laut Welternährungsbericht weltweit über zwei Milliarden Menschen extrem übergewichtig sind, andererseits aber im gleichen Moment über eine Milliarde an Hunger leiden und hungers sterben. Und dies in einer Zeit, in der wir mehr Lebensmittel produzieren als jemals zuvor in der menschlichen Entwicklungsgeschichte? In einer Zeit, in der genug da ist für alle. In der die Fast-Food-Ketten aus dem Boden schießen wie Pilze im feuchten Regenwald. In der die Verunsicherten von einer Diät zur nächsten hecheln und klar wird, dass die vergangenen 30 Jahre Ernährungsaufklärung absolut nichts gebracht haben.
Und in einer Zeit, in der z.B. die Fleischwerke EDEKA Nord im Jahr 2008 über 18 Millionen Euro an Subventionen aus Brüssel erhalten haben. Dabei hat das Unternehmen für 2008 einen Konzernjahresüberschuss von 262 Millionen Euro ausgewiesen. ("EDEKA - wir lieben Lebensmittel" - Und Steuergelder.) Da muss doch die Frage erlaubt sein, warum solch ein Unternehmen noch Unterstützung aus öffentlicher Hand braucht?
Was stimmt hier nicht mehr?
Da schiebt eine Ministerin Ilse Aigner den Molkereien Geld in die Kassen und ruft lauthals "Wir wollen nachhaltig wirtschaften", wobei sie gleichzeitig die Erschließung der ostasiatischen Märkte für deutsches Schweinefleisch fördert. Die Kleinbauern dort gehen dann vor die Hunde, verlassen ihre Höfe, ziehen in die unsäglichsten Elendsviertel der Großstädte in der Hoffnung, sich irgendwie nach Europa oder USA durchschlagen zu können.
Hätte unsere Ministerin den Weltagrarbericht auch nur mal andeutungsweise gelesen (lesen bildet nämlich), müsste sie eigentlich zu einer anderen Erkenntnis gelangen, ist die Fleischindustrie doch einer der Hauptverursacher des Klimawandels, der in den nächsten Jahren immer größere Ackerflächen vor allem im südlichen Afrika zerstören wird.
Das muss man sich einmal vorstellen - da werden auf der südlichen Erdhalbkugel Flächen so groß wie Hessen oder Mecklenburg-Vorpommern für den Sojaanbau geopfert, die Sojaernte dann als Futtermittel nach Europa, sprich Deutschland, verschifft, damit unsere Mastbetriebe noch größer werden, um letztendlich das Mastfleisch anschließend wieder nach Afrika und Asien zu transportieren. Deutschlan, Europa wird zum Maststall der Welt. Und dies alles wird mit EU-Geldern noch subventioniert. Und geht zu Lasten der Umwelt. Gleichzeitig entzieht man den Menschen dort ihre Lebens- und Nahrungsgrundlage.
Doch damit nicht genug.
Zusätzlich werden noch riesige Flächen vernichtet für unser Umweltbewusstsein: Agrosprit!
Auf über 2 Millionen Hektar wurden 2007 außerhalb Europas Agrokraftstoffe angebaut, wie Soja, Palmöl und Zuckerrohr. Wie gesagt, außerhalb Europas. Und sollte die EU an ihren Beimischungszielen von Biokraftstoffen weiter festhalten, könnte sich die Fläche noch immens vervielfachen
Gleichzeitig werden aber in die Länder der dritten Welt extreme Summen im Rahmen der Entwicklungshilfe gepumpt - die bei den Armen nicht ankommen.
Wir hauen uns hier die größten Fleischbrocken auf den Teller und tanken klimafreundlichen Agrosprit um unsere Gewissen zu beruhigen - während sich dort die Hungernden Schlammkuchen backen und nicht wissen, wie sie ihre Familien satt bekommen. Gleichzeitig wird von etlichen Stellen der Ruf nach mehr Entwicklungshilfe lauter.
Eigentlich falsch, denke ich mir. Wir dürften nicht noch mehr Entwicklungshilfe leisten - wir müssten den Ländern der dritten Welt einfach nur weniger wegnehmen! Und alles wäre in Butter...
Ich habe mein Frühstück beendet und fege die letzten Krümel vom Tisch...
Warum eigentlich immer ich? Warum muss ich mir immer wieder Gedanken über solche Dinge machen, die mich dann nicht mehr loslassen? Um dann letztlich als Querulant und Querdenker dazustehen ...
Ich glaube, mein Seminar muss ich noch umschreiben ...