Meine Eltern haben keine Beziehungen mehr nach Polen. Mein Vater hat lange Zeit die Heimat nicht erwähnt und ich wusste nur, dass er aus Schlesien kommt. Er war damals ca. 6 Jahre alt, als die Familie flüchten musste.
Mein Großvater kommt aus Krummöls (heute Oleszna Pdogórska) bei Lubomierz (dem heutigen Hollywood Polens) und meine Großmutter kommt aus Kiesewald (Michałowice) bei Petersdorf /Piechowice. Das liegt bei Szkarska Poręba.
Krummös liegt ca. 25-30 km von Hirschberg weg. Also alles dicht bei der Grenze zu Deutschland.
Lange hatte ich nach dem Geburtshaus meiner Oma gesucht, bin selbst 2x dort gewesen um es zu suchen. Erst über ein Foto im Internet habe ich es gefunden. Jemand, der in dem Ort lebt hat es erkannt und mir geschrieben. Das war ein glücklicher Zufall. Er hat mir dann noch einige Unterlagen geschickt, wie das alte Dorf ausgesehen hat und mir aufgeschrieben, wie ich das Haus finden kann. Es zeigte sich, dass ich aus Erzählungen heraus an einer völlig falschen Stelle gesucht habe. Ich bin dann noch einmal hingefahren und er mir das Haus gezeigt. Da wir angekündigt waren, habe ich mir alles von außen ansehen können. Das war für mich nicht selbstverständlich. Auf meiner Suche habe ich 4 Tage in Krummöls übernachtet und mir die Orte angesehen, die mir wichtig waren - aber auch einige Sternfahrten in das Hirschberger Tal gemacht, welches Landschaftlich eine Augenweide ist. Es war mir ein Bedürfnis, in dem Ort zu übernachten, wo mein Vater die ersten Jahe seines Lebens verbracht hat.
Meine erste Erfahrung habe ich mit 14 Jahren gemacht, als meine Eltern mit uns Kindern nach Schlesien / auch ins Heimatdorf meines Vaters (Krummöls) gefahren sind. Damals habe ich mich für all das überhaupt nicht interessiert. Das kam erst vor ca. 10 Jahren, als ich aus Spaß angefangen habe polnisch zu lernen, da ich beruflich mit ein paar Polen zu tun hatte. Zu diesem Zeitpunkt habe ich angefangen Fragen zu stellen. Mein Vater besteht darauf, dass er nun hier zuhause ist (Niederrhein), was ich nachvollziehen kann, denn er war ein kleines Kind damals. Allerdings ein Cousin von ihm, mit einem wunderbaren Gedächtnis hat seine Kindheit in einem kleinen Büchlein aufgeschrieben, so dass ich viel von der Flucht und den Entbehrungen der Familien damals nachvollziehen konnte.
Lange habe ich gedrängt, so dass wir (Meine Eltern und ich) im vorigem Jahr eine Reise durch Polen gemacht haben und auch die Dörfer besucht haben, die die Familie betreffen. Das Elternhaus meines Vaters ist mittlerweile umgebaut und als solches nicht mehr zu erkennen. Das einzige Mal wo ich Emotionen bei meinem Vater gespürt habe, das war in Kiesewald, wo seine Mutter her stammt. Als wir auf dem Grundstück waren und gefragt haben, ob wir es von außen noch einmal ansehen dürfen. Er hat es wieder erkannt, obwohl auch stark umgebaut. Da kamen wohl wieder einige der Erinnerungen hoch. Es war noch einmal schön zu sehen, mit ihm gemeinsam, wo er zur Schule gegangen ist, wo er als Kind gespielt hat.
Ich kann mich vage erinnern, dass meine Großmutter schlesisch gesprochen hat. Zur polnischen Sprache gibt es keine Verbindung. Allerdings fühle ich mich, seitdem ich jetzt schon mehrfach in Polen war, dem Land sehr hingezogen. Woher dieses starke Gefühl kommt ist mir immer wieder unbegreiflich.
Auch lerne ich noch polnisch, aber schon lange nicht mehr intensiv. Eher um die Worte, die ich mal gelernt habe, nicht zu vergessen. Dafür besuche ich einen VHS-Kurs.
@ Bernd:
Es ist toll die Ahnen so weit zurückverfolgen zu können. Irgendwann möchte ich das auch einmal. Mir bleibt im Moment nur das Stammbuch der Familie meines Großvaters und Großmutter, die es damals auf der Flucht retten konnte. Bedingt durch den "Arier-Nachweis" stehen da 2 Generationen drin
Der Cousin meines Vaters erzählte, warum die Familie, bzw. die Krummölser hier in Deutschland so weit verstreut ist. Die Flüchtlinge wurden in Eisenbahnwaggons verfrachtet und diese Waggons wurden einzeln den Ortschaften in Deutschland zugeteilt. Das hat damals ganze Familienbande auseinander gerissen.
@ Hartmut
Es ist nicht leicht, die polnische Sprache zu erlernen. Und als Kind hat man sicher andere "Sorgen" als so eine fremd klingende Sprache. Aber wenn man die Sprache so weit kann, dass man sich verständlich machen kann erleichtert es bei der Spurensuche vieles
Euch allen noch einen schönen Sonntag.