Ich bin heute morgen von meinem Radiowecker mit der Meldung aufgweckt worden, das im Jahre 2010 71000 Menschen wegen Burnout vorzeitig aus dem Berufsleben ausgeschieden sind (Steht auch im oben verlinkten Artikel der SZ). Auch im Stern von vor ca. 2 Wochen steht ein sehr guter Artikel zu diesem Thema (Titelthema)
Wundern tut mich das nicht mehr.
Auf der einen Seite wird heute immer mehr Druck von allen Seiten aufgebaut:
- man muss eine perfekte Arbeit abliefern die den Qualitätsnormen entspricht
- man muss sich den gesellschaftlichen Normen anpassen wenn man erfolg haben will
- man muss flexibel sein, auch wenn das bedeutet, dass man nur noch Überstunden macht
- die Familie muss versorgt werden
- Der Lebensstandard muss gehalten werden
Auf der anderen Seite hat man oft das Gefühl man kämpft gegen Windmühlen:
- Die meisten sog. optimierungen bringen oft mehr Arbeit (Bürokratie) als weniger
- Die gesellschaftlichen Normen (von denen man denkt sie sind gültig) passen einem gar nicht ins eigene Lebensgefühl
- Die produzierten Überstunden bringen kaum was, da man sich nach 10 Stunden intensiver Arbeit sowieso nicht mehr
konzentrieren kann
- Fast jede Gehaltserhöhung deckt meist nicht mal die Inflation - das Geld wird immer weniger
- Entsprechend wird es immer schwieriger den Lebensstandard zu halten.
Wie soll man da noch ruhig bleiben.
Gerade hier in Deutschland habe ich das Gefühl das viele Forderungen aus dem Umfeld des Eizelnen kommen ohne, dass entsprechende Alternativen angeboten werden. Verlangt z.B. der Arbeitgeber viel mehr Flexibilität vom Arbeitnehmer heißt dies noch lange nicht, dass der Arbeitnehmer dies auch von seinem Arbeitgeber erwarten kann.
Ein weiterer Punkt ist natürlich auch die Mentalität die hier in Deutschland vorherrscht. Wir kennen seit über 50 Jahren nur den wachsenden Wohlstand. Die meisten suchen in Ihrer Arbeit den sicheren Hafen, den sie von ihren Eltern her kennen. Wenn dies nicht mehr gegeben ist dann empfindet man Stress.....
Ich denke nicht, dass wir das Rad der Zeit wieder zurückdrehen können. Wir können aber versuchen ein faireres und menschlicheres Miteinander zu praktizieren und achtsamer mit unseren Mitmenschen unzugehen.
Im Moment gibt es ja immer wieder Anzeichen in denen Menschen versuchen im größeren Stil aus dem Hamsterrad auszubrechen: z.B. Stuttgart 21, Wahl der Piratenpartei in das Berliner Abgeordnetenhaus oder gestern die Proteste gegen die Banken.
Auch in meinem persönlichen Umfeld sind einige Menschen die entweder stark Burnout gefährdet sind oder schon mitten drin stecken bzw. dies schon hinter sich haben. Sie begegnen dem mit unterschiedlichen Wegen. Mit einer Therapie, mit hinterfragen von eigenen Verhaltensmustern, mit dem Lernen sich abzugrenzen - wer NEIN sagt kann sich auch Respekt anstelle von Feinden verschaffen, mit einem Jobwechsel oder anderen Wegen.
Wer Burnout hat, kann nicht mehr so weiter machen wie bisher - er muss etwas ändern, sonst geht er unter. Die Frage was, ist nur individuell zu beantworten.
Es würde mich mal interessieren ob dieses Thema in Polen auch so aktuell ist oder durch die polnische Mentalität einfach nicht so akut wird wie in Deutschland.