Nachdem ich gestern geschrieben hatte, wie und was man machen könnte, um zahlungskräftige Gäste zu gewinnen, jetzt ein paar Worte darüber, ob man überhaupt eine Pension in Polen an der Ostsee eröffnen sollte.
Was das Startkapital angeht, schließe ich mich nämlich Diabels Ansatz voll und ganz an, also mindestens 50% Eigenkapital müssen vorhanden sein. Mit Eigenkapital meine ich Geld, für das ich niemandem Zinsen oder andere Kosten zahlen muss.
Ich begründe auch kurz, wieso eine Finanzierung mit geringerem Eigenkapitalanteil nicht machbar wäre, ohne Pleite zu gehen.
Meine Milchmädchenrechnung für eine kleine Pension mit 10 Betten:
Pro Bett/Gast brauche ich 30 qm Fläche, also eine Pension mit einer Gesamtfläche von 300 qm. Einen qm zu bauen und schlüsselfertig im bescheidenen Standard herzurichten, kostet in Polen 2500 Zloty. Also 300 qm mal 2500 Zloty gleich 750000 Zloty für das Gebäude. Beim Grundstückskauf gelingt uns ein Schnäppchen und wir kaufen 2000 qm für 50 Zloty pro qm, also 100000 Zloty. Für die Möbel, Sportgeräte, Gartengestaltung brauchen wir 150000 Zloty, also kommen wir auf einen Grundkapitalbedarf von 1000000 Zloty (eine Million!) für 10 Gäste.
Wenn wir diese Million nicht haben und zur Bank gehen (obwohl derzeit Finanzierungen zu 100% kaum vorstellbar sind, aber so rechnet es sich einfacher), gibt die uns einen Kredit, der mit 7% p.a. verzinst wird. Wir wollen/müssen den Kredit innerhalb von 20 Jahren tilgen, denn nach 20 Jahren kann man davon ausgehen, dass die Pension von Grund auf renoviert werden muss und stark an Wert verloren hat (wir spekulieren als vernünftige Geschäftsleute natürlich nicht auf steigende Immobilienpreise, denn wir sind durch die Finanzkrise klüger geworden).
Das bedeutet, dass gleich nach Inbetriebnahme der Pension jährlich rund 70000 Zloty an Zinsen anfallen (eine Million mal 7%), pro Monat also 5800 Zloty. Hinzu kommt die monatliche Tilgung in Höhe von [1000000 Zloty geteilt durch 20 Jahre und dann durch 12 Monate] gleich 4200 Zloty (um den Kredit auch wirklich über die 20 Jahre abzustottern).
Das macht also 5800 Zloty (Zinsen) plus 4200 Zloty (Tilgung) gleich 10000 Zloty Finanzierungskosten pro Monat, im ersten Jahr also 120000 Zloty (diese Belastung nimmt mit den Jahren natürlich Schritt für Schritt ab, sofern die Zinsen nicht steigen). Das ist viel Holz, denn:
Wie viel Umsatz können wir im ersten Jahr erwarten? In der Regel wird eine Pension auch bei guter Werbung ein paar Jahre brauchen, bis sie wirklich gut ausgelastet ist. Ich wähle dennoch einen optimistischen Ansatz ("yes we can" ist ja gerade in
und glaube, dass im gesamten Juni, Juli und August, also 90 Tage lang, alle Zimmer immer voll belegt sind. Dazu erreichen wir durch Ostern/Pfingsten/Weihnachten noch einmal eine zehntägige Vollauslastung, haben also im ganzen Jahr 100 Tage lang volles Haus.
Wenn wir pro Tag 100 Zloty pro Nase verlangen, fließen in die Kasse 100 Tage mal 10 Gäste mal 100 Zloty gleich 100000 Zloty.
Wir sehen also, dass wir mit diesen (sehr optimistisch geschätzten) Einnahmen noch nicht einmal unseren Kredit bedienen können, denn es fehlen 20000 Zloty. Jetzt kann man natürlich noch näher schauen, was man mit Zusatzleistungen verdienen kann, aber das ist schwerer zu kalkulieren. Sagen wir einmal, mit Fahrradverleih, Dolmetschservice, Ausflugsservice, Grillparties machen wir einen "Gewinn" im Bereich dieser Zusatzleistungen von 20000 Zloty. Dann zahlen wir zwar unsere Kreditraten, aber nicht die laufenden Betriebskosten wie Wasser, Strom, Heizung, Müll, Steuern, Versicherung, eigenes Auto etc. An einen eigenen Verdienst (absoluter Mindestbedarf in Polen meiner Ansicht nach 2000 Zloty pro Nase und Monat) ist dabei natürlich auch nicht zu denken, und dabei wird man in der Saison rund um die Uhr schuften, denn Personal kann man sich sowieso nicht leisten ...
Wenn man nun schon 500000 Zloty (also 50% Eigenkapital) hätte, würde die ganze Rechnung natürlich etwas freundlicher ausschauen (denn Kreditkosten betragen dann pro Monat "nur" 5000 Zloty bei Umsatz von 8300 Zloty) und es würde sich dann lohnen, genau alle Betriebskosten zu schätzen, um zu sehen, ob es sich nicht doch lohnt, die Pension zu eröffnen.
Meiner Ansicht nach ist es übrigens egal, ob man die Pension von Grund auf baut (wäre natürlich wegen der Gestaltungsmöglichkeiten viel besser) oder ein vorhandenes Gebäude pachtet. Auch ein (wirtschaftlich vernünftig handelnder) Verpächter will seinen Kapitaleinsatz wiederhaben und wird von ähnlichen Kosten ausgehen. Will ich also eine gut eingerichtete Pension mit 300 qm pachten/mieten, wird mich das auch 10000 Zloty pro Monat kosten. Ist die Pacht niedriger, hat man entweder ein Sauglück oder es stimmt irgendetwas nicht (zusätzlicher Renovierungsbedarf, schlechte Lage u.ä.).
So, das war meine Milchmädchenrechnung. Möge man mich eines Besseren belehren und überzeugen, dass man diese Pension auch ohne eigenes Geld starten kann. Bitte versteht diesen Beitrag nicht als Schwarzseherei, sondern als freundlichen Hinweis, denn ich möchte nicht, dass Kerry in zwei Jahren hier im Forum postet: "Hilfe, wie kann ich meine Pension retten?", weil wir hier zum Pensions-Projekt "Ja" gejubelt haben. Realismus geht vor Optimismus:-)
Schöne Grüße