Polen: Steiniger Weg zum Euro
26.09.2008 | 18:35 | (Die Presse)
Warschau kümmert sich um Münzgestaltung statt um die Stabilitätskriterien.
Warschau (kk). In einer Sache ist sich Polen einig. Das Konterfei des verstorbenen Papstes Johannes Paul II. muss unbedingt auf einer der Euromünzen prangen, die im Jahr 2011 eingeführt werden sollen. Danach aber hat die Harmonie ein Ende, und es beginnt der Streit darüber, wer oder was auf dem neuen Geld abgebildet sein soll. Der frühere Gewerkschaftsheld Lech Walesa ist der Einzige der Genannten, der noch am Leben ist. Natürlich sei er bereit, ließ der ehemalige Präsident Polens wissen, sein Kopf solle aber „auf einem Geldstück von höherem Wert abgebildet sein“. Für diese Sätze hatten Walesas zahlreiche Kritiker und politische Gegner in Polen allerdings nur beißenden Spott übrig.
Viele Fragen ungeklärt
Der Streit über die Gestaltung der Münzen ist aber reichlich verfrüht, gilt es doch vorher noch einige grundsätzliche Fragen zu klären. 2011 soll der Euro eingeführt werden, erklärte jüngst Premier Donald Tusk und verblüffte damit Freund und Feind.
Denn bis dahin gibt es viel zu tun. Mitte Oktober soll eine Liste der Herausforderungen veröffentlicht werden. So muss die Inflationsrate reduziert werden, die mit rund vier Prozent deutlich über dem von Brüssel vorgegebenen Grenzwert liegt. Fraglich ist, ob Polen das Defizitkriterium für den Staatshaushalt von drei Prozent des BIP einhalten kann. Dafür müssten das Rentensystem und der Gesundheitssektor grundsätzlich reformiert werden; zwei Bereiche, in die der Staat jedes Jahr kaum vorstellbare Summen von Geld zuschießen muss.
Und schließlich muss noch die polnische Verfassung geändert werden, da derzeit allein die Nationalbank in Warschau das Recht hat, Geld auszugeben. Dafür wäre aber in Zukunft die Europäische Zentralbank zuständig. Kritiker rechnen daher erst 2013 mit der Euroeinführung. Die Polen haben also noch genügend Zeit, sich um die Illustration der Münzen zu kümmern.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.200