Diese Frage muss man sich eigentlich stellen, wenn man gestern abend den ersten Teil des Films "Contergan" gesehen hat.
Es ist für mich schon eine himmelschreiende Unverschämtheit, wenn ein Pharmakonzern, wie die Grünenthal GmbH, ein Medikament auf den Markt bringt, sich später aus der Verantwortung stiehlt und der Steuerzahler die Folgen der Profitgier des Unternehmens bezahlen muss.
Für diejenigen unter Euch, die den Film nicht gesehen haben, folgendes:
Nachdem bekannt wurde (1960), dass Contergan bei Neugeborenen zu Mißbildungen geführt hat, wurde dem Unternehmen der Prozeß gemacht - könnte man denken.
Falsch gedacht.
Das langwierige Verfahren (allein bis zur Anklage vergingen knapp 6 Jahre) wurde später wegen "geringer Schuld" eingestellt. Das Unternehmen verpflichtete sich aber, 110 Millionen DM in einen speziell hierfür einzurichtenden Fonds einzuzahlen. Was letztlich auch getan wurde.
Nur - auch der Staat verpflichtete sich damals zu einer Zahlung in Höhe von 110 Millionen DM!! Und bis heute wurden nochmals ca. 110 Millionen nachgeschoßen - vom Staat, wohlgemerkt.
Allerdings ist das Geld aus diesem Fonds seit ca. 10 Jahren aufgebraucht, das Unternehmen schweigt seit diesen 10 Jahren und der liebe Steuerzahler darf zahlen, zahlen, zahlen...., d.h., wir alle zahlen für die Profitgier des Unternehmens. (Daher auch die weiteren 110 Millionen, wie bereits oben schon erwähnt)
Allerdings muss man hier erwähnen, das die sogenanten Contergan-Opfer ohne die staatliche Unterstützung überhaupt nicht leben könnten - finanziell meine ich.
Die meisten von ihnen erhalten eine lächerlich Rente von maximal 545,-- Euro. Und meistens ist dies eine Zahlung im Rahmen von Hartz IV.
Anfragen hierzu bei Grünenthal wurden lapidar mit der Bemerkung abgetan, "derzeit" sei nichts geplant, um den Opfern zu helfen. Schweinerei, finde ich. Dieses "derzeit" bezieht sich immerhin auf die letzten 10 Jahre. Und das Unternehmen scheffelt Gewinne ohne Ende. (Die Familie Grünenthal steht im Moment auf Platz 36 der reichsten Familien weltweit.)
Anders in England. Dort war und ist das Unternehmen, das seinerzeit die Vermarktung von Contergan dort übernommen hatte, nach wie vor bereit, den Opfern zu helfen. Auch dort wurde damals ein Fonds eingerichtet, der allerdings immer wieder aufgestockt wurde/wird. Somit können in England die Contergan-Opfer auf die "stolze" Entschädigung in Höhe von ca. 2.000 Euro monatlich zugreifen.
Auf die Frage an den heutigen Geschäftsführer von Grünenthal, (ein Enkel vom damaligen Gründer), ob er denn schon einmal Gespräche mit Contergan-Opfern geführt hätte oder schon einmal ein Contergan-Opfer persönlich gesehen hätte, antwortet er nur mit einem knappen "Nein" und "... dies wäre angesichts des derzeitigen "Trubels" um den Film auch sicherlich für beide Seiten sehr schwierig."
Na, vielen Dank auch für diese tolle Antwort
Nebenbei bemerkt: ca. 40 % des Unternehmensgewinns steckt das Unternehmen in die Werbung / Vermarktung ihrer Produkte und nur ca. 10 % in die Erforschung / Prüfung ihrer Produkte.
Ich kann nur sagen, dass, solange die einzelnen Pharmakonzerne ihre Produkte selbst als unbedenklich oder bedenklich einstufen können, sich an dieser Sache nichts ändern wird.
Ich bin zwar nicht für noch mehr Überprüfung durch den Staat, aber hier läuft dennoch irgend etwas ganz gehörig schief....
Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen sie die Packungsbeilage, oder fragen Sie ihren Arzt oder Apotheker - besser nicht.
Der 2. Teil des Film wird heute abend ausgestrahlt. 20.15 Uhr, im Ersten.