Es war einmal vor langer Zeit, da war Berlin noch ein Sumpfgebiet und Riesen lebten dort.
Sie pflanzten große Wurzeln ins Wasser, aus denen nach und nach Bäume emporwuchsen, deren Stämme ihnen später als Pfähle für ihre Behausungen dienten.
In einer dieser Hütten wohnte eine Kleine Riesin zusammen mit ihrem Onkel, dem Großen Riesen. Er hatte ihr ein wundersames Boot geschenkt, mit dem sie über das Festland reisen konnte.
Aber eines Tages rissen die Land- und Meereseungeheure die Stadt entzwei. Einer der beiden Teile wurde von einer Mauer umschlossen.
Auf diese Weise wurde der Große Riese von der Kleinen Riesin getrennt. Sein Zorn darüber war so groß, dass er sich in den Fluss stürzte und von dort aus die Tiefen der Ozeane durchwanderte, um den schlafenden Geysir am Meeresgrund zu suchen.
Lange Jahre vergingen, bis er ihn endlich fand.
Er schleppte ihn unter die Mauern der Stadt und weckte ihn unsanft auf. Die Erde bebte, das Mauerwerk wurde unterspült und zerbröckelte, ein Sturmwind setzte das Boot der Kleinen Riesin in Bewegung und hob die Wurzeln der Bäume in die Lüfte.
Als alles vorbei ist, entsteigt der Große Riese dem Fluss und macht sich auf die Suche.
Die Kleine Riesin erwacht neben ihrem Boot und entdeckt einen Postsack mit Briefen, die nie zugestellt wurden. Sie beschließt, die Post zu verteilen und findet auf ihrem Weg durch die Stadt ihren Onkel, den Großen Riesen wieder.
[SIZE=10](Jean Luc Courcoult, Autor und Regisseur)[/SIZE]
Diese Geschichte zur deutschen Wiedervereinigung von Courcoult und die Umsetzung des Märchens durch ihn, habe ich mir gestern zufällig auf Arte angesehen und muss sagen - einfach irre! Wie er die beiden Riesen mit einer Höhe von 9 und 11 Metern und einem Gewicht von bis zu 2 Tonnen so lebensnah (allein die Bewegungen der Augen hatten es in sich) durch Berlin hat laufen lassen, war extrem beeindruckend.
Und dass nicht wenigen Passanten, die den Marsch der Riesen begleitet haben, teilweise die Tränen in den Augen standen, war bestimmt kein Zufall.
Ich habe mir gestern auch noch so einige Gedanken gemacht über die Wiedervereinigung.
Leute - so etwas hat es noch nie gegeben: 20 Jahre Frieden, 20 Jahre Frieden mit allen unseren Nachbarn (also ausgehend vom Jahr der Wiedervereinigung).
Es ist einfach unglaublich, was in den Jahren der DDR in diesem Land alles passiert ist und wie die Menschen auf das Unwürdigste unterdrückt wurden und welchen Gefahren sich einige ausgesetzt haben, um dieser Diktatur zu entkommen. Und all das ist noch gar nicht so lange her. Ich bewundere den Mut dieser Menschen, die für eine Flucht alles haben stehen und liegen lassen, immer der Gefahr ausgesetzt, dass Spitzel in der direkten Nachbarschaft etwas mitbekommen.
All das sollten wir alle nicht vergessen, wie ich finde.
Und ich finde, es sollte mehr über die ehemaligen Zustände im Osten der Republik berichtet werden. Darüber, wie die Menschen in den 40 Jahren gelitten haben, wie die Angst (der "Feind" hört mit) vielfach ihr Leben bestimmt hat.
Kohl versprach den Menschen damals blühenden Landschaften. Sicherlich - vieles ist immer noch nicht perfekt. Dennoch - wenn man sich mal einzelne Fotos aus der Zeit vor der Wende ansieht und diese dann mit der heutigen Realitäte vergleicht - ich finde schon, dass da so einiges passiert ist.....
Mich bewegt bei diesem Thema im Moment so manches, möchte hier aber jetzt nicht weiter darauf eingehen.
Hier noch ein Link für einen "riesigen" Eindruck : http://www.berlinerfestspiele.de/de/aktuell/fes…e_09_riesen.php (Hierbei dann den kleinen Film rechts anklicken)