Miriam sitzt auf ihrem Bett und liest ihr Lieblingsbuch "Harry Potter und der Gefangene von Askaban". Ganz schön spannend, findet sie.
Miriam ist 16, Gymnasiastin und geht in die 10. Jahrgangsstufe. Im Gegensatz zu Englisch mag sie Mathe. Und sie mag Musik. Jeden Donnerstag geht sie zum Musikunterricht in ihrer Schule. Anfangs lernte sie Flöte, weil es ihre Eltern so schön fanden. Aber das gefiel ihr nicht so. Heute lernt sie Klavier. Macht irgendwie mehr Spaß. Sie hört gerne Musik. Alles, außer Volksmusik natürlich. Und sie singt gerne. Natürlich nur so für sich, versteht sich. Und sie liest immer und überall. Sogar unter der Dusche. Die Shampooflaschen.
Stop!
Ich kenne Miriam nicht persönlich. Miriam ist das Mädchen mit den braunen Locken, die ihre Anziehsachen bei H&M kauft und eine Schwester hat.
Ja, ich weiß sehr viel über sie, obwohl ich sie noch nie getroffen habe.
Woher?
Das Internet hat mir das alles verraten. Denn Miriam hat verschiedene Accounts auf verschiedenen Seiten. Dort gibt sie alles von sich preis: Sie ist verliebt in einen süssen Jungen von der Schule, der sie aber nicht beachtet, sie ist unpolitisch, mag schönes Wetter, Orangenmarmelade und frische Brötchen. Und kitschige Sonnenuntergänge mag sie auch,
Was sie nicht mag sind Regentage, wenn sie spürt, dass sich ihre Schuhe langsam voll Wasser saugen und es bei jedem Schritt schwappt. Ihr Zimmer mag sie auch nicht ist aber zu faul, um es zu ändern.
Das alles weiß ich, ohne auch nur ein Wort mit Miriam gewechselt zu haben. Fotos ihrer letzten Geburtstagsparty, ihre E-Mail-Adresse in diversen Foren und Blogs und auch ein Profilfoto habe ich schnell gefunden, denn gerade Jugendliche stellen wie selbstverständlich ihre sehr persönlichen Daten ins Netz.
Es ist heute kein Geheimnis mehr, dass selbst Personalchefs Bewerber googeln, bevor sie diese zum Gespräch einladen.
Allein im Schüler VZ tummeln sich schon rund 5 Millionen Schüler. Es ist die meistgeklickte Seite im deutschsprachigen Raum mit über 200 Millionen hochgeladener Fotos.
Jüngere stellen deutlich mehr private Infos über sich ins Netz, als die Gruppe der über 50-jährigen.
Das Verrückte ist nun - während ich über Miriam weiß, dass sie mit 25 heiraten möchte und mit 30 ihr erstes Kind Robert nennen möchte, streiten sich Abgeordnete über den Schutz von Privatpersonen vor der Online-Spionage durch den Staat..
Eigentlich eine grotestke Welt, wenn man bedenkt, wie viele Menschen freiwillig ihre Daten ins Netz stellen.
Glücklicherweise sind (noch) nicht alle Mitmenschen so freizügig mit ihren persönlichen Informationen.
Doch wer mit seinen Daten nicht vorsichtig umgeht, über den kann sogar ein Laie mit etwas Geschick sehr viel herausfinden.
Miriam, zum Beispiel, dreht sich gerade eine Zigarette. Ihre Eltern sind heute abend nicht zu Hause....
In diesem Sinne: I´m watching you!
P.S.: Ich bin Laie....