Liebe Leute hier,
heute mal wieder ein Wort zum Sonntag...schließlich war ich früher erfolgreicher Messdiener und wollte auch mal kurze Zeit Prediger werden (wenn nicht König Fußball am Sonntag dazwischen gestanden hätte... :ostr).
Kennt ihr auch das Gefühl, auf alles warten zu müssen, und selber für nichts Zeit zu haben? Und glaubt ihr nicht auch manchmal, wie eine Schnecke das Leben zu führen? Denkt ihr auch manchmal, zu langsam für dieses Leben zu sein und nicht mithalten zu können mit der Geschwindigkeit der anderen? Was uns alle vielleicht mehr oder weniger umtreibt, ist die Hast einer modernen Zeit, die mittlerweile gewohnt ist, immer nur einen Click von den Dingen entfernt zu sein, ob per Maus, Fernbedienung oder per SMS. Wir lassen uns keine Zeit mehr und geben anderen keine Zeit mehr. Und wer zuviel Zeit hat, der bekommt heute schnell ein schlechtes Gewissen - ja, man verlangt geradezu von ihm, dass er ein schlechtes Gewissen hat.
Ich denke, dass wir den Umgang mit der Zeit neu lernen müssen, denn die gefühlte Zeitlosigkeit nimmt bedrohliche, sozio-kulturelle Formen an. Junge Menschen lassen sich in der Beziehung keine Zeit mehr. Hast du heute Zeit? Das ist eine täglich gestellte Frage, die viel aussagt. Freundschaften finden keine Zeit mehr und stehen nur noch auf dem Papier, wenn etwas von langer Hand organisiert wird. Der Arbeitgeber lässt einem für ein Projekt kaum Zeit. Kulturforscher sprechen bereits von einem Betrug an der Zeit, denn die Minute und Stunde ist ja nicht kürzer oder länger geworden, sondern das Bewusstsein über die Produktivitätsgesetzmäßigkeiten im Gefolge der automatisierten Technologien hat die Perspektive geändert.
Spontanität verkommt somit zunehmend zu einem Fremdwort, denn wer spontan ist, hat Zeit, und wer Zeit hat, muss sich in dieser zeitlosen Welt schämen. Leider ist genau auch dies der Grund, warum sich häufig viele Arbeitslose schämen. Sie haben ganz offiziell zu viel Zeit und sehen hierin ein Defizit in einer stets produktiven Gemeinschaft, die immer nur schafft und tut. Wir alle sind im Netz der Zeitlosigkeit, und genau deshalb habe ich mir hier die Zeit genommen, mein Wort zum Sonntag zu verfassen. Ich hoffe, ihr habt ein bisschen Zeit, mal darüber nachzudenken.
Schönen Sonntag noch allen!