"... da hat der Mensch eine Muttersprache, und wenn er nischt hat, dann hat er die immer noch."
Carl Zuckmayer, (Der Hauptmann von Köpenick)
In Anbetracht der Tatsache, dass das Thema von JuliaMaus (Hallo, 11.05.) durch die kontroverse Diskussion um eine vernünftige Rechtschreibung ziemlich ausgeufert ist und nichts mehr mit dem eigentlichen Posting von ihr zu tun hat, habe ich meine Gedanken zu diesem Thema mal in einen neuen Thread gepackt. Immerhin hatte @FrankPL ja die Hoffnung ausgesprochen, ich würde vielleicht noch etwas zu diesem Thema schreiben.
Dem will ich heute nachkommen, zumal ich auch ein wenig für meine Aussage attackiert wurde - von verbaler Atombombe war die Rede und von "Korrekturzwang". Ich habe zwar ein ziemlich starkes Selbstbewußtsein und kann so etwas gut verkraften, trotzdem reizt mich ein kurzer Widerspruch. (Ist zwar etwas verspätet, aber ich habe im Moment ziemlich viel "um die Ohren".)
Zunächst:
@FrankPL hatte angeregt, ich solle mich eventuell für meine Aussage entschuldigen.
Entschuldigen? Wofür soll ich mich ent-schuldigen? Ich bin mir keiner Schuld bewusst. Mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass mein Hinweis auf die zunehmende Legasthenie nicht direkt an JuliaMaus gerichtet war, sondern eher auf die allgemeine Entwicklung hinweisen sollte.
Zugegeben - vielleicht verbal ein wenig scharf geschossen, aber ansonsten .....?
Warum ist es heute eigentlich Usus, sich ständig und überall und für alles entschuldigen zu müssen?
Bloß nicht mal an der Wahrheit kratzen. Immer schön Duckmäusertum, immer schön unauffällig bleiben und mit der Masse schwimmen.
Warum darf man heutzutage nicht mehr für seine Einstellung einstehen? Die Welt braucht Mutige, die die Wahrheit auch mal aussprechen!
Wir sollten aufhören, uns für die deutsche Sprache zu genieren. Sie ist eine der großen Kultursprachen des Abendlandes, die meistgesprochene Sprache in der EU, wird zu den zehn wichtigsten Sprachen der Welt gezählt und ist nach Englisch und Spanisch die drittmeist gelernte Fremdsprache der Welt - eigentlich beachtlich, wenn man bedenkt, dass die deutschen Muttersprachler weniger als zwei Prozent der über sechs Milliarden starken Menschheit ausmachen!!
Nebenbei bemerkt: Deutsch zählt zu den Nationalsprachen Namibias.
Die deutsche Sprache ist das Sammelbecken der Weltliteratur: Seit 200 Jahren werden in keine andere Sprache so viele Bücher übersetzt wie in die deutsche, mehr als ins Spanische und Französische, mehr als doppelt so viel wie ins Englische. Und laut Unesco-Statistik ist das noch heute so:
Wer das Universum der Bücher aller Völker in einer einzigen Sprache durchstreifen will, der kommt dabei mit Deutsch am weitesten.
1797 begann August Wilhelm Schlegel mit der Verdeutschung aller Dramen Shakespeares "... eine der besten Übersetzungen in irgendeine Sprache, die es je gegeben hat.", schreibt die Encyclopaedia Britannica.
Sogar für die Engländer war sie ein Anstoß, den lange vernachlässigten Dichter wieder auf den Thron zu heben.
In den Niederlanden ist die deutsche Sprache wieder "in": Wörter, wie "sowieso" und "überhaupt" sind in der niederländischen Sprache nicht mehr wegzudenken. Auch das Substantiv "Alleingang" und der Ausspruch "gefundenes Fressen" erfreuen sich bei den Holländern wachsender Beliebtheit, ebenso wie das deutsche Wort "Fingerspitzengefühl". Und unsere deutsche "Autobahn" hat schon längst die Bezeichnung "de grote weg" abgelöst.
Wir reden von Integration und PISA, von "Elter unser, das du bist im Himmel", von einem besseren Verständnis der Multi-Kulti-Gesellschaft untereinander, davon, dass Migranten ohne vernünftige Deutschkenntnisse kaum Chancen haben. Wenn ich als Muttersprachler aber schon meine eigene Sprache nicht respektiere, wie kann ich dann den anderen, Nicht-Muttersprachler, respektieren? Wie kann ich dann von einem Nicht-Muttersprachler erwarten, die deutsche Sprache zu lernen?
Sprache braucht man eben nicht nur, um sich zu verständigen, sondern auch, um sein Umfeld zu definieren. Sprache schafft Beziehungen, sie ist nicht nur Mittel der Kommunikation, sondern drückt auch die jeweilige Denkweise, das Fühlen und Wollen der Bevölkerung aus. Auch ist sie Mittel zur Identitätswahrung.
"Wir wohnen nicht in einem Land, wir wohnen in einer Sprache", sagte einmal ein bedeutender Essayist.
Es hat Zeiten gegeben, in denen war es verboten, bestimmte Sprachen zu sprechen. Die Muttersprache sollte ausgelöscht werden, man wollte das Zusammengehörigkeitsgefühl der Menschen brechen, denn nicht selten gehen mit dem Untergang einer Sprache traditionelles und mündlich überliefertes Wissen verloren.
Nur mal zur Erinnerung:
Unter Bismarck wurde Polnisch im preußischen Teilungsgebiet diskriminiert, es gab keinen Polnisch-Unterricht in den Schulen, abgesehen von den Religionsstunden.
Und während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg war der öffentliche Gebrauch der Sprache in den an das Reich angeschlossenen Regionen völlig verboten.
Ist doch alles noch gar nicht so lange her. Habt Ihr das vergessen? Dass sich dann gerade in einem deutsch-polnischen Forum derart über dieses Thema ausgelassen wird - es ist kaum zu glauben.
Die Deutschen waren mal das Volk der Dichter und Denker. Wir haben so großartige Literaten wie Goethe, Schiller, Hebbel und Novalis hervorgebracht. Was ist bloß daraus geworden ...
Ich empfinde es als beschämend, wenn heutzutage unter solchen Aspekten dermaßen wenig Wert auf eine vernünftige Rechtschreibung gelegt wird. Spiegelt aber wahrscheinlich den Geist der Zeit wider.(Ich rede hier nicht von dem einen oder anderen Flüchtigkeitsfehler. Und mit der neuen Rechtschreibung komme ich auch nicht so recht klar.)
Nun gut, wir sollten es nicht so ernst nehmen mit der Sprache. Hier im Forum sind wir ja unter uns. Oder nicht?
ZitatOriginal von elLopo
... dass wir NUR im bestimmten Unterforum auf 100% Korrektheit unserer Grammatik achten sollen, nicht überall!
Das ist natürlich eine Aussage ...
Ein Vorschlag zur Güte - bei Regen lassen wir Grammatik Grammatik sein. Ist doch eh alles grau in grau.
Und wenn die Sonne scheint? Na - dann geben wir uns mal richtig Mühe.
Das wird ein Spaß.....
Zugegeben:
Lesen ist teuer, denn Bücher sind teuer,
Weiterbildung ist teuer, denn Seminare sind teuer,
nichts wissen aber - IST NOCH TEURER!!
In diesem Sinn: Nischt jeder kan leesen und schreiben aber jeder kan helven.
Darek