Spürt Ihr es auch - dieses dramatisch zunehmende Unbehagen angesichts der in Kürze anstehenden Bundestagswahl?
Immerhin sind es nur noch knapp 8 Wochen, die für eine Urteilsfindung reichen müssen, will man letzten Endes in der Wahlkabine nicht "Blinde Kuh" spielen.
Angesichts dessen, was einem die Politik in der letzten Zeit so alles vorgesetzt hat, bleibt aber eigentlich nur ein Ausweg - den Politikern den "Gehorsam" zu verweigern und durch Abwesenheit in den Wahllokalen zu glänzen.
"Das kannst Du nicht machen, Darek", höre ich schon lautes Jezeter und Gejammer. "Du mußt doch wählen gehen. Dies ist die ureigenste Grundlage der Demokratie!"
Ach ja?
Mag schon sein. Aber wenn ich nicht zur Wahl gehe, habe ich dann nicht auch eine Wahl getroffen?
Und was heißt, bitteschön, schon Demokratie in diesem Zusammenhang?
Mittlerweile sind die Parteien aus Gründen der Energieeffizienz doch nur noch auf Eines bedacht: Sie besinnen sich lieber auf ihr Kerngeschäft, das da heißt: Machterhalt, als grundlegende Themen endlich einmal anzupacken.
Allenthalben sieht man wieder in großen Lettern das Wörtchen "Zukunft" auf den Wahlplakaten stehen, allerdings mehr aus Gewohnheit, als denn aus einem inneren Bedürfnis heraus. Denn die Zukunft gestalten tun die Parteien schon längst nicht mehr, haben sie doch mit der Gegenwart schon so ihre liebe Not:
Bessere Bildung wird versprochen, aber nicht geliefert. Eine dringend anstehende Änderung der Sozialsysteme wird zugegeben, aber nichts geschieht. Ein dramatischer Bevölkerungsrückgang wird bejammert, aber niemand rührt sich, um das Ruder herumzureißen.
Statt dessen sind die Parteien tunlichst darauf bedacht, gegen das Vergessen-werden anzukämpfen.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie es in den siebziger Jahren war, als feurige Reden geschwungen wurden, das Volk zum Mitmachen aufgerufen wurde und die Wahlbeteiligungen - aus heutiger Sicht - utopisch hohe Prozentzahlen brachten. Zu Zeiten Willy Brandts stürmten neue Mitglieder sämtliche Lager der Parteien um einen Antrag auf Mitgliedschaft zu stellen. Die Bundestagswahl 1972 erreichte mit über 90 % Wahlbeteiligung ein absolutes Allzeithoch.
Und heute? Landauf, landab wird allgemein von einer gewissen Politikverdrossenheit gesprochen, aber dies stimmt meiner Meinung nach nicht. Die Bürger haben es mittlerweile satt, nur noch in einer Zuschauer-Demokratie zu leben, in der es lediglich alle vier Jahre wieder heißt: "Bitte, bitte lieber Wähler, gib uns deine Stimme - ........ lass uns danach aber bloß wieder in Ruhe!"
Die Bürger haben es einfach satt, mit einer fehlenden Durchschaubarkeit gewisser Prozesse in unserer deutschen Demokratie zu leben, da nach jeder Wahl erstaunliche Dinge zu Tage treten:
Gerhard Schröder warb einst während seines Wahlkampfes für sich, und kurz nach der Wahl hieß der neue starke Mann Frank-Walter Steinmeier, von dem bis dahin so gut wie niemand je etwas gehört hatte. In Bayern wählten über 40% der Wähler den Ministerpräsidenten Beckstein, am Ende hieß der neue Ministerpräsident Horst Seehofer. Der stand allerdings vorher auf keinem Wahlzettel.
Hier geht es nun sicherlich nicht um Kritik an den Personen. Hier geht es schlicht und ergreifend darum, dass keiner von beiden vom Volk legitimiert wurde. In unserem System bestimmen eben die Parteien das Spitzenpersonal, nicht die Bürger.
Wo, bitteschön, ist da noch Demokratie?
Weiter erinnere ich einmal an Berlin. Die SPD regiert dort mit der Linkspartei - entgegen ihrem urpsünglichen Wahlversprechen. Und die Bonner FDP "entließ" schließlich Helmut Schmidt, sodass Kohl doch noch Kanzler wurde.
Demokratie?
Wir leben zwar in einer, aber eben nur als Zuschauer. Es ist eine Demokratie von oben.
Ich bin es leid, bei jeder Wahl immer nur mit einem "Blankoscheck" wählen zu können. Jedes Unternehmen geht mit seinen Kunden sensibler um, als es die Politik mit ihren Wählern macht.
"Merkel-Steuer - das wird teuer" hieß es einerzeit auf allen SPD-Plakaten. Kurz nach der Bildung der Großen Koalition wurde dann gemeinsam hingelangt. Und zwar kräftig. Wenn schon Wortbruch, dann aber richtig, scheint hier die Devise gewesen zu sein.
Wir leiden hier in Deutschland an einer vergreisenden Politik. Früher beharkten sich die Parteien auf das Heftigste, heute hält man sich nur noch aneinander fest - aus Angst vor dem gemeinsamen Untergang. Den Parteien laufen die Mitglieder in Heerscharen davon, und wenn es so weiter geht, haben CDU und SPD in zwanzig Jahren keinen einzigen Parteibuch-Inhaber mehr.
Wie gesagt: "Nicht-Wählen" ist auch ein Wahl. Und zugleich eine stumme Aufforderung an "die da oben", ihre Marschrichtung einmal dringend zu überdenken. Jedes Kreuzchen auf dem Wahlzettel kommt nämlich der Erklärung gleich: "Macht weiter so. Ich bin mit eurer Politik einverstanden." Und das kann wohl niemand mehr wirklich wollen.
Und immerhin steckt in dem Wort Demokratie ja auch das Wörtchen "demo".
Ach so - bevor jetzt wieder die alte Laier von den daraus (eben nicht wählen zu gehen) provitierenden "Rechten" kommt ..... dieses Märchen ist mehr als abgegriffen und zieht bei mir überhaupt nicht, da absolut falsch!
.......
Und? Wißt Ihr schon, wo Ihr Euer Kreuzchen macht......?
P.S.
Zur allgemeinen Beruhigung - jawohl, ich werde auch wählen gehen. Immerhin habe ich ja ein Stimme. Und auch ich werde ein Kreuzchen auf meinen Wahlunterlagen machen. Allerdings ein ganz großes Kreuzchen. Quer über den gesamten Wahlzettel......