Wir hatten hier ja schon so einige Diskussionen zum Thema Verbraucherabzocke - aber vielleicht hat ja jemand von Euch auch zufällig die Reportage von Günter Wallraff gestern abend im TV gesehen. (Wurde allerdings sehr, sehr spät gesendet. Wie immer bei solchen brisanten Themen. Man will es sich ja mit seinen Werbeaufträgen nicht verscherzen.)
In dieser Reportage deckte Wallraff die "unschönen" Arbeits- und Produktionsmethoden der Firma Weinzheimer auf.
Diese Firma beliefert als Großbäckerei unter anderem den Discounter Lidl mit "Selbstaufbackbrötchen". Wallraff hatte sich bei Weinzheimer unter falschem Namen, mit Verkleidung und versteckter Minikamera um einen Job bemüht und dann auch für einige Wochen dort (getarnt) gearbeitet.
Bei seinen Recherchen deckte Wallraff nun so etliche Mißstände im Unternehmen auf:
Einen Betriebsrat gab es im Unternehmen nicht, wurde seitens der Geschäftsleitung immer wieder verhindert.
Die Löhne der Angestellten wurden scheinbar je nach Wetterlage willkürlich ausbezahlt. Mal gab es ca. 800,-- Euro, dann mal 730,-- Euro, einen Monat später, wie durch ein Wunder, auch schon mal 1.100,-- Euro.
Funktionierten die Maschinen wegen technischer Schwierigkeiten nicht, wurden die Mitarbeiter kurzerhand nach Hause geschickt, selbstverständlich bei entsprechendem Lohnabzug. Wer nicht arbeitet bekommt natürlich auch keinen Lohn. Ist doch klar!
Sicherungsschalter (Not-Stop) der Maschinen wurden teilweise überbrückt,.
Kleinere Reparaturen mussten an den laufenden Maschinen durchgeführt werden, häufig unter extremen körperlichen Gefahren. Wallraff konnte dokumentieren, dass es ihm bei einer solchen Reparatur im letzten Moment gelungen war, einem Kollegen zu Hilfe zu eilen, der sich während solch einer Reparaturmaßnahme an der laufenden Maschine mit seinem Arbeitskittel verfangen hatte. Ohne diese schnelle Hilfe wäre dem Mitarbeiter sicherlich der komplette Arm abgerissen worden. Mit funktionierendem Not-Aus-Schalter wäre es zu diesem Unfall erst gar nicht gekommen.
Die Klimaanlagen im Betrieb waren abgeschaltet, da sie "Strom fressen". Stattdessen durften die Mitarbeiter dann bei teilweise bis zu 42° an den Back-Maschinen stehen.
Mitarbeiter, die sich bei der Firmenleitung beschwerten wurden mit dem Hinweis abgekanzelt, sie könnten sich ja demnächst beim Arbeitsamt bewerben. Die hätten vielleicht bessere Arbeitsbedingungen.
Die Hygieneverhältnisse in diesem Bäckerei-Großbetrieb setzten dem dann aber noch die Krone auf:
Schwarzschimmel an den Wänden bis hoch unter die Decke, teilweise bis zu 1 cm dick! Von Wallraff gefilmt z.B. im Mehlansaugebunker.
Auch auf den Produktionsmaschinen befand sich dieser Schwarzschimmel.
(Nur mal so zur Erinnerung: In diesem Betrieb werden Brötchen gebacken!)
Auf seine Nachfrage teilte ein Kollege Wallraff dann mit einem Achselzucken mit, dass sie zwar hin und wieder diesen Schimmel beseitigen würden, der würde allerdings spätestens nach drei Tagen wieder auftreten.
Und ein ständiges Entfernen dieses Schimmels würde die Produktion unterbrechen, das ginge nicht, da auf Masse produziert werden würde. Immerhin würden die Brot- und Brötchenprodukte mit einer extrem knappen Gewinnmarge für Lidl & Co. produziert. Und jede Unterbrechung kostet das Unternehmen Geld. Gleichzeitig hätten die Angestellten aber auch Angst um ihren Arbeitsplatz, wenn sie die Mißstände im Unternehmen ansprechen würden.
Während seiner Recherchen hatte Wallraff dann auch Kontakt zu ehemaligen Angestellten der Firma Weinzheimer. Diese bestätigten Wallraff, dass die beschriebenen Mißstände im Unternehmen seit Jahren existieren würden und bei der Geschäftsleitung auch immer wieder Gerichtsverfahren anhängig gewesen wären und auch heute noch sind. Termine beim Arbeitsgericht etwa wären eine monatliche Routine.
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All dies bestätigt mal wieder meine These, dass der Verbraucher seinen "Billig- will-ich-Wahn" eben mit derlei Mißständen bezahlen muss. Hatte ich hier ja auch schon mehrfach geschrieben.
Es funktioniert eben nicht, vernünftige Ware zu vernünftigen Preisen zu produzieren.
Wenn etwas ständig unter Preisniveau produziert wird, muss an anderer Stelle eingespart werden. Eben meistens zu Lasten der Qualität.
Nun kann ich zwar mit diesen Informationen hergehen und auf, z.B., Backwaren beim Discounter verzichten.
Ich denke allerdings, dass mit jedem Einkauf bei Lebensmittel-Discountern solchen Machenschaften der Zuliefer-Firmen Tür und Tor geöffnet werden. Mit jedem Einkauf in solchen Discountern unterstütze ich also diese fast schon kriminellen Handlungen der Zuliefer-Firmen. Auch die der Discounter.
Und wenn ich mir nun mal die Stellungnahme der Geschäftsleitung von Lidl zu dieser Wallraff-Recherche ansehe, kommt mir wirklich nur noch die Galle hoch.....
Ich gehe ab heute nur noch her und schieße mir mein Essen selbst. Da weiß ich wenigstens, wo es herkommt. Und Pilze kann ich zur Not auch noch sammeln. Kenn mich zwar nicht so gut aus, aber auch giftige Pilze kann man essen. Sogar zweimal - wenn man sich beeilt.....
Manchmal frage ich mich auch, woran ich einen schimmeligen Schimmelkäse erkenne...
Aber wie heißt es doch so schön?
"Leute esst mehr Dreck - Millionen Fliegen können sich nicht irren!"
In diesem Sinne - ich wünsche Euch noch einen fröhlichen Einkauf und einen guten Appetit
Darek